E-Mobilität als zukunftsweisende Entwicklung

Weniger ist manchmal mehr

Bereits heute ist ein Trend weg von Luxuskarossen und hin zum Auto als reinem Nutzgegenstand zu beobachten. Ein Grund dafür ist, dass Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle im Denken und Handeln der Menschen einnimmt. Auch die Gemeinschaftsstudie „Future eMobility“ der Technischen Universität (TU) München in Zusammenarbeit mit der Sozietät Taylor Wessing zeigt auf, dass Prestige, Design und Komfort bei der Wahl eines Fahrzeuges künftig zugunsten von Nachhaltigkeit an Gewicht verlieren. Getreu dem Motto „Weniger ist mehr“ entwickelt die TU München ein Elektroauto, den sogenannten „Mute“. Mit 20 PS erreicht er bis zu 120 km/h und ist dabei günstiger im Unterhalt als seine benzinschluckenden Verwandten. „Wir haben den Prototyp des „Mute“ erfolgreich entwickelt und auch auf der diesjährigen IAA vorgestellt. Die Entwicklung bis zur Serienreife steht erst am Anfang und braucht vor allem Mut, Zeit und finanzkräftige Investoren“, gesteht Prof. Dr. Markus Lienkamp, Leiter des Lehrstuhls für Fahrzeugtechnik an der Technischen Universität München. Seit einigen Monaten kooperiert die Fakultät mit BMW und Mercedes.

 

Schwierigkeiten am Markt

Trotz positiver Prognosen gibt es Schwachstellen im Bereich E-Mobilität, die es zu bekämpfen gilt. Dazu gehören u.a. eine bisher unterentwickelte Ladeinfrastruktur und geringe Akkulaufzeiten. Kaum ein Elektrofahrzeug ist in der Lage, mehr als 300 km ohne Zwischenstopp zu bewältigen. Damit sind die ansonsten durchaus praktischen stromgetriebenen Fortbewegungsmittel lediglich für die Nutzung in Städten und deren Umkreis geeignet. Fast 90% der befragten Experten sehen beim Ausbau eines Infrastrukturnetzwerkes Wirtschaft und Regierung in der Verantwortung. Lienkamp setzt den Schwerpunkt jedoch anders: „Das größte Problem liegt in einem zu geringen Angebot, was zu einem Teufelskreis führt. Derzeit werden Elektrofahrzeuge nur in geringen Stückzahlen hergestellt, was wiederum zu hohen Preisen führt. Je höher die Preise sind, desto niedriger ist der Absatz und folglich werden abermals nur geringe Stückzahlen gefertigt.“ Neue Herausforderungen erwarten Wirtschaft und Forschung im Bereich E-Mobilität auch bezüglich künftiger Forschungsprojekte. Diese sind teuer und erfordern viel Know-how. Um die benötigten Faktoren zu bündeln, sind Kooperationen nötig, die wiederum vermehrt zu Missverständnissen und Kommunikationsschwierigkeiten führen.

 

Neue Wege gehen

Ein neues Geschäftsmodell im Bereich der Elektroautos ist auch das Carsharing. 84% der in der Studie befragten Experten sind der Meinung, dass Carsharing-Modelle den Besitz eines eigenen Fahrzeugs in Zukunft in der Stadt überflüssig machen könnten. Auch die gekannten Wertschöpfungsstrukturen könnten sich laut Expertenmeinungen ändern. Statt wie bisher Marketing, Vertrieb und Kundenservice spielen schon bald Forschung, Entwicklung und Produktion eine größere Rolle, da Kunden immer häufiger Komplettlösungen erwarten. Dr. Helmut Schönenberger ist Geschäftsführer der UnternehmerTUM, dem Zentrum für Innovation und Gründung an der TUM und auch Geschäftsführer des UnternehmerTUM-Fonds. Er sieht Chancen für junge Unternehmen besonders in der Produktion einzelner Teilkomponenten. „Es gibt noch viele Entwicklungsmöglichkeiten bei den Batterien und der Ladeinfrastruktur. Ein ganzes Auto zur Serienreife zu bringen, ist allerdings für junge Unternehmen ohne einen Partner aus der Industrie fast unmöglich“, sagt er. Einen Schritt weiter sind die Entwicklung und Produktion von Elektrorollern und -motorrädern sowie von Lastenrädern. Deutschlands größter Fahrradhersteller Derby Cycle hat schon vor einigen Jahren auf Elektrofahrzeuge gesetzt und bedient so den wachsenden Markt. Auch Govecs, ein 2009 in München gegründetes Start-up, das Elektroroller entwickelt, zeigt, dass junge, VC-finanzierte Unternehmen gute Chancen haben, sich am Elektrofahrzeugmarkt zu etablieren.

 

Individueller Finanzierungsbedarf

Umstritten ist die Frage, inwieweit der Staat die Herstellung und den Kauf von Elektrofahrzeugen subventionieren oder fördern sollte. Zahlreiche Möglichkeiten von Forschungssubventionen bis hin zu Einmalzahlungen beim Autokauf sind denkbar. Auch Private Equity-Investoren müssen bei der Finanzierung von Unternehmen in der E-Mobilitäts-Branche einiges beachten. „Sie dürfen nicht vergessen, wie komplex die Automobilindustrie ist: Die Venture Capital-Gesellschaften müssen selbst ein fundiertes Know-how für diesen Markt mitbringen, um bestmöglich auf die Bedürfnisse ihrer Portfoliounternehmen eingehen zu können und diese zu unterstützen. Außerdem sind ein ausgeprägtes Netzwerk an Kontakten und ein langer Atem notwendig, um ein Produkt bis zur Serienreife zu begleiten“, ist Schönenberger überzeugt.

 

Ausblick

Die E-Mobilitäts-Branche wächst weiter und stellt einen immer größeren Teil des deutschen Automobilmarkts dar. Besonders im Hinblick auf die Ölpreisentwicklung ist dieses Wachstum positiv zu betrachten. Prof. Lienkamp merkt an: „Aufgrund der immer knapperen Ölressourcen und des weltweit steigenden Bedarfs wird Öl immer teurer.“ Im Ausland geht die Entwicklung der Elektromobilität ebenfalls zügig voran. Asien strebt den Platz als Weltmarktführer in diesem Bereich an. Lienkamp bemerkt: „Asien ist führend in der Zellfertigung. Allerdings liefert Deutschland die dafür benötigten Vorprodukte und Fertigungseinrichtungen. In Bezug auf Systemkompetenz sind wir Marktführer.“

 

 

Dajana Hentschel