Das Schweizer Venture Capital-Geschäft lebt

Man kann sich angesichts der in diesem Jahr anstehenden Revision des Fondsgesetzes KAG getrost fragen, weshalb der Bereich Venture Capital überhaupt reguliert werden soll. In der EU erfolgt das Gegenteil. Es wird nicht reguliert, sondern konkret über den European Investment Fund mit erheblichen Milliarden-Investments im Rahmen einer Public Private Partnership die Innovationskraft der Privaten finanziell gestärkt und die Innovationsprozesse damit beschleunigt. Mit einem Organisationsgrad von über 90% sind die allermeisten Marktteilnehmer in der Swiss Private Equity & Corporate Finance Association (SECA)(www.seca.ch) organisiert. Diese nehmen rege an Veranstaltungen teil und wirken in Arbeitsgruppen mit. Sofern die Finanzmarktaufsicht sich nicht in einen Markt einmischt, von dem sie nichts versteht, kann man in der Schweiz gelassen der Zukunft entgegenblicken. Erst kürzlich hat deren Direktor die Private Equity-Branche mit Hedgefonds verwechselt. Das würde uns nicht stören, wenn wir in der Branche nicht das Gefühl hätten, dass das schon etwas symptomatisch sei. Mit den Kräften, welche die Erneuerung der Wettbewerbsfähigkeit maßgeblich beeinflussen, muss sorgsam umgegangen werden. Wesentliche Markteinflüsse gehen auch von den Corporate Venture Capital-Aktivitäten der Konzerne wie Novartis, Roche, ABB und Swisscom aus. In der Schweiz zählten zu den größten Private Equity-Deals im Jahr 2011 der Verkauf von Landis & Gyr an den Toshiba-Konzern (2,3 Mrd. USD in bar), der Verkauf von Swissport an PAI Partners (1,0 Mrd. USD) und der Verkauf von Infront Sports & Media an Bridgepoint Capital (ca. 0,7 Mrd. USD).
Interessant ist, dass dann einige große Wagniskapital-Transaktionen auf dem Tableau erscheinen. Bei NXT Capital haben einige Schweizer in eine 280-Mio.-USD-Runde investiert. Bei der 2011 erfolgten Finanzierungsrunde der erst vierjährigen Firma Dropbox war u.a. Index Venture an der 250-Mio.-USD-Runde beteiligt. Die größte Transaktion im inländischen Venture Capital-Markt erfolgte mit der erst vierjährigen Molekulardiagnostikfirma Biocartis mit einer 96-Mio.-USD-Runde. Noch deutlich mehr Investments und teils auch deutlich höhere Summen sind allerdings in ausländische Gesellschaften hineingeflossen. Teils ist das auf institutionelle Frühphasenfonds zurückzuführen, die praktisch immer eine globale Sicht verfolgen. Gewiss ist aber auch, dass sich rund um Lausanne/Genf, Zürich und Basel drei recht unterschiedliche Regionen herausgebildet haben, die mehr als 90% der in der Schweiz investierten Mittel beanspruchen. Insbesondere für innovative Jungunternehmen im Biotech- und Medtech-Bereich hat die Schweiz einen derart guten Ruf, dass deren Anziehungskraft über ausländische finanzielle Mittel hinaus auch ausländische Forscherinnen und Forscher umfasst – solange nicht regulatorisch in ein funktionierendes Marktgeschehen eingegriffen wird.
Zum Autor
Maurice Pedergnana
ist Geschäftsführer des Schweizer Branchenverbands Swiss Private Equity & Corporate Finance Association (SECA)(www.seca.ch).