Hoffnung auf grenzüberschreitende Transaktionen

Schweiz dominiert in DACH-Region

Das Transaktionsvolumen in der DACH-Region belief sich laut Datendienst mergermarket 2011 auf ca. 75 Mrd. EUR, das sind -18% im Vergleich zum Vorjahr. Bei der Abkühlung des M&A-Marktes im vierten Quartal auf ein Volumen von 4,2 Mrd. EUR entfielen ca. 47% auf die Schweiz. Bedingt durch die Übernahme von Synthes durch Johnson & Johnson mit einem Transaktionswert von ca. 14,3 Mrd. EUR dominierte auch im zweiten Quartal relativ gesehen die Schweiz gegenüber Deutschland und Österreich. Der durchschnittliche EBITDA-Multiplikator lag deutlich über dem Niveau zu Zeiten der Finanzmarktkrise mit einem Abschlag für Transaktionen unter 50 EUR EBITDA. Die Anzahl an Private Equity-Transaktionen mit rein schweizerischer Beteiligung und derjenigen mit einem Schweizer Erwerber nahm im Einklang mit der Entwicklung in Europa zu. Im Vergleich zum Vorjahr war der Schweizer PE-Markt aufgrund der Stärke des Franken für EU-Gesellschaften weniger attraktiv. 2011 waren deutlich mehr Venture- als Private Equity-Transaktionen zu verzeichnen.

Ca. 20 Mrd. USD für Secondaries

Im Kapitalmarkt Schweiz kommen sowohl Dachfonds als auch Secondary Buyout-Fonds signifikante Bedeutung zu. Im internationalen Vergleich der 13 führenden Secondary-Investoren, die zwischen 1998 und 2010 mehr als 80 Mrd. USD aufnahmen, verfügen die Credit Suisse, Partners Group und LGT Capital über einen Marktanteil von ca. 25%. Die Abbildung zeigt die beschafften Mittel nach Vintage-Jahr je Investor. Wir gehen auf europäischer Ebene von einer Zunahme an Secondary-Transaktionen aus. Als Beispiele seien der Erwerb des Private Equity-Portfolios von Barclays durch Axa Private Equity und der Verkauf von HSH Nordbank (www.hsh-nordbank.de) an LGT Capital Partners (www.lgt-capital-partners.com) und Axa Private Equity (www.axaprivateequity.com) genannt. Auch BNP Paribas (www.bnpparibas.de) erwägt den Verkauf eines Private Equity-Portfolios im Wert von 700 Mio. USD.

Lukrativster Exit-Kanal

Dieser Trend geht zum einen auf die Eigenkapitalanforderungen im Zusammenhang mit Solvency II und Basel III für Banken und Versicherungen zurück, zum anderen auf die Tatsache, dass einige Private Equity-Fonds bedingt durch Fundraising-Aktivitäten und das quasi geschlossene IPO-Fenster den Exit 2012 durch einen Verkauf an einen anderen Finanzinvestor anstreben. Ferner hat das Center for Entrepreneurial and Financial Studies an der Technischen Universität (TU) München im Zeitraum 1990 bis 2011 für 332 mittelständische Private Equity-Investitionen westeuropäischer Beteiligungsgesellschaften nachgewiesen, dass Secondaries mit einem Multiple und einem internen Zinsfuss (IRR) von respektive durchschnittlich 2,36 und 29% der lukrativsten Ausstiegskanal waren. Mit weltweit 30% aller Private Equity-Deals im Jahr 2011 haben Secondary Buyouts das Vorkrisenniveau wieder erreicht. Für ein ähnlich hohes Niveau an Secondary Buyouts im Jahr 2012 spricht auch, dass die Unternehmen bei Banken und Mezzanine-Gebern bereits bekannt sind und die Opportunitäten an attraktiven Zielunternehmen im Primärmarkt nach wie vor limitiert sind.

Fokus auf operative Wertsteigerung

In einer weiteren Studie der TU München, der 900 Private Equity-Transaktionen zugrunde liegen, wurde nachgewiesen, dass der Leverage-Effekt nur 30% zur Wertsteigerung beiträgt. Dies steht im Einklang mit anderen Studien der vergangenen drei Jahre und der Beratungserfahrung von Deloitte (www.deloitte.com/de). Angesichts der Tatsache, dass viele Portfoliogesellschaften noch vor der Finanz- und Eurokrise zu deutlich höheren Bewertungen als den derzeitigen erworben wurden, wird die Verzinsung auf das eingesetzte Kapital in den kommenden Jahren in zunehmendem Maße davon abhängen, inwieweit Ertragssteigerungspotenziale von Portfoliogesellschaften realisiert werden können. Der Zusammensetzung und Entwicklung des Investmentteams kommt einer Studie der London Business School und Capital Dynamics von November 2011 zufolge eine Schlüsselfunktion zu. Teams mit mehr operativer Expertise erzielen eine höhere Verzinsung als andere, insbesondere dann, wenn diese Expertise durch Neubesetzungen im Team regelmäßig ausgebaut wird. Der administrative Aufwand wird unweigerlich auch für schweizerische Fonds im Zusammenhang mit der Alternative Investment Fund Directive (AIFMD) und dem Swiss Investment Scheme Act (CISA) zunehmen. Insofern wird auch dieser zusätzliche Aufwand durch Wertsteigerungen im Portfolio zu kompensieren sein.

Ausblick

Eine Mehrheit der von Deloitte im Rahmen der jüngsten CFO-Studie per Ende des vierten Quartals befragten Finanzchefs befürchtet eine Rezession 2012 oder 2013 in der Schweiz. Spezifisch wird ein Rückgang der operativen Margen und der Investitionen erwartet. Auch wird im Vergleich zu den Vorperioden mit Umsatzeinbussen und weniger Neueinstellungen gerechnet. Die damit verbundene Unsicherheit und die anhaltende Eurokrise wird das hiesige M&A-Umfeld zumindest für das erste Halbjahr 2012 belasten. Kapital für Qualitätsunternehmen ist jedoch am Standort Schweiz reichlich vorhanden. Einige Fonds sind noch nicht voll investiert und einzelne Dachfonds konnten in jüngerer Zeit Mittelzuflüsse verzeichnen oder befinden sich im Fundraising. Dazu kommen in der Schweiz privat gehaltene Industrieholdings und Family Offices, die nach wie vor an Direktinvestitionen hohes Interesse haben und auch 2011 wieder einzelne Transaktionen erfolgreich abschlossen. Die Erwartung der Investoren bezüglich neuer Transaktionen und der starke Schweizer Franken werden dem M&A-Markt generell positive Impulse geben und insbesondere zu grenzüberschreitenden Transaktionen führen.

Zu den Autoren

Konstantin von Radowitz und Jan-Dominik Remmen sind Partner der Deloitte AG (www.deloitte.com/ch) in Zürich und im Bereich Corporate Finance tätig.