VC Magazin: eCapital hat Ende 2010 einen Cleantech-Fonds mit einem Volumen von 52 Mio. EUR geschlossen. Wo steht der Fonds derzeit?
Patt: Wir stehen sehr aktiv in der Investitionsphase. Bis heute sind für Finanzierungen noch keine 40% des Gesamtvolumens investiert bzw. reserviert. Wir planen insgesamt in diesem Jahr vier bis fünf neue Beteiligungen. Die erste Beteiligung haben wir bereits beurkunden können. Mit drei weiteren Unternehmen befinden wir uns nach der Unterschrift entsprechender Term Sheets in der Due Diligence. Sie sehen also: Wir glauben an den Markt, und wir sind intensiv auf der Suche nach weiteren, attraktiven Beteiligungen, vor allem im Bereich Cleantech.
VC Magazin: Welche Branchen sehen Sie derzeit als interessant für Investments an? Grunow: Wir sehen vor dem Hintergrund der Energiewende besonders interessante Investments im Bereich von Wärme- und Stromspeichern sowie bei den zugehörigen Energy Management-Systemen. Hier wird sich ein starker deutscher Markt mit guten Exportchancen entwickeln. Die Stromspeicher sind gleichzeitig essenziell für den gesamten Bereich der Elektromobilität.
Patt: Neben allen Themen rund um die Energiewende beschäftigen wir uns auch intensiv mit dem Bereich Wasser. Die Wasserindustrie befindet sich für Venture-Investoren in einer spannenden Umbruchphase. Aufgrund der Verschärfung gesetzlicher Standards, der alternden Infrastruktur und der immer knapper werdenden Kapazitäten ist man in der industriellen und kommunalen Abwasseraufbereitung verstärkt auf innovative Technologien angewiesen. Auch Themen zur dezentralen Energieerzeugung wie kleine Wind- oder Wasserkraftanlagen sowie neue leistungsfähige Werkstoffe sind für uns derzeit besonders interessant.
VC Magazin: Zuletzt haben immer häufiger auch Finanzinvestoren aus dem Ausland ihr Interesse an deutschen Start-ups bekundet. Welche Rolle spielt dieser Wettbewerb im Cleantech-Bereich?
Patt: Unsere unternehmerische Erfahrung und Nähe zum deutschen Markt sind sehr gefragt, wenngleich natürlich alle unsere Beteiligungen weltweit aktiv sind. Unsere Portfoliounternehmer profitieren von unserem technologischen und unternehmerischen Netzwerk und können damit aus den Kontakten und Erfahrungen erfolgreicher exportorientierter Unternehmer zusätzlichen Nutzen ziehen. Das Interesse ausländischer Investoren begreifen wir nicht primär als Wettbewerb, sondern vielmehr als Chance, Finanzierungsrunden international zu syndizieren. Gerade die angesehenen internationalen Investoren wissen, wie wichtig eine intensive Betreuung durch erfahrene Investoren vor Ort ist, und suchen hier verstärkt den Kontakt zu inländischen Investoren, die den Lead in einer Finanzierungsrunde übernehmen können.
VC Magazin: An Ihrem Portfoliounternehmen Novaled hat sich zuletzt auch der Samsung-Konzern über seinen Venture Capital-Arm beteiligt. Sie sind bei dem OLED-Experten bereits 2005 eingestiegen. Wie wollen Sie Novaled weiterentwickeln?
Patt: Wir sehen sehr optimistisch in die Zukunft von Novaled (www.novaled.com). Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr seine gesteckten Ziele deutlich übererfüllt. Wir gehen für dieses und die kommenden Jahre von weiterem überdurchschnittlichem Wachstum aus und haben spannende Pläne für die Firma. Daher arbeiten wir an einem Börsengang, den Novaled inzwischen auch angekündigt hat. Das Unternehmen beantragte die Zulassung für einen Börsengang in den Vereinigten Staaten bei der US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission. Novaled strebt ein Listing entweder an der Technologiebörse NASDAQ (www.nasdaq.com) oder der NYSE (www.nyse.com) an.
VC Magazin: Wäre Samsung ein möglicher Käufer?
Patt: Wir haben uns sehr über das Interesse von Samsung (www.samsung.com) an einer Beteiligung bei Novaled gefreut. Wir sehen große Vorteile darin, Samsung als strategischen Investor an Bord zu haben, wobei die Vertragskonditionen mit jedem strategischen Investor nicht ganz einfach zu verhandeln sind. Ich glaube, dass Samsung mit dieser Beteiligung bereits heute sehr zufrieden ist. Die Frage, ob auch Samsung ein möglicher Käufer ist, kann nicht ich, sondern nur Samsung beantworten.
VC Magazin: Im Solarbereich sind Sie gleich an mehreren Unternehmen beteiligt. Welche Entwicklungen erwarten Sie in diesem Markt in den kommenden Monaten? Was bedeutet das für Ihre Portfoliounternehmen?
Grunow: Der Solarbereich wird sich aufgrund der neuen Vergütungssätze aus Deutschland herausverlagern – zumindest für die nächsten zwei Jahre. Unsere Portfoliounternehmen sind dafür entweder strategisch bereits auf neue Märkte ausgerichtet wie Feranova (www.feranova.com) oder sind als Maschinenbauer sowieso international unterwegs wie 4Jet (www.4jet.de) und Saperatec (www.saperatec.de), oder sie arbeiten an Solarmodulen der dritten Generation mit noch geringeren Gestehungskosten wie z.B. Heliatek (www.heliatek.com).
VC Magazin: Welche Trends sind Ihrer Meinung nach wegweisend für die Cleantech-Branche in den kommenden Jahren?
Grunow: Unser Schwerpunkt auf neuen Energien und deren Verteilung ist aufgrund der aktuellen Umorientierung gut gewählt. Aber unser zukünftiges Portfolio wird verstärkt auch die Bereiche Wasser, Transport und neue Materialien umfassen.
VC Magazin: Wie wird sich die europäische Staatsschuldenkrise auf die Bereitschaft der Staaten auswirken, Investitionen im Cleantech-Bereich voranzutreiben? Welche Rolle werden Subventionen zukünftig spielen?
Patt: Subventionen wird es auch weiterhin geben, aber die sind für uns als Investor niemals der treibende Faktor. Das Produkt und das Team machen ein Unternehmen interessant. Cleantech ist in einigen Bereichen bereits wirtschaftliche Notwendigkeit geworden, und zwar immer dann, wenn die Ressourcenverfügbarkeit problematisch wird, sei es bei Energie, Wasser oder Werkstoffen. Wir schauen hinsichtlich Venture Capital in Deutschland und dabei insbesondere für Cleantech-Unternehmen sehr optimistisch in die Zukunft.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Susanne Gläser.
Zu den Gesprächspartnern:
Dr. Paul Grunow ist Vorstand der Photovoltaik-Institut Berlin AG und war u.a. Mitgründer der Firmen Q.Cells und Solon. Er ist als Venture Partner für die Venture Capital-Gesellschaft eCapital entrepreneurial Partners AG (www.ecapital.de) tätig. Dr. Paul-Josef Patt ist Managing Partner und CEO von eCapital und verfügt über langjährige Erfahrung als Venture Capital-Investor.