Existenzgründung von Studierenden in Deutschland

Prof. Dr. Walter Ruda ist wissenschaftlicher Direktor des Zentrums für Mittelstands- und Gründungsökonomie.

Befunde aus vier deutschen Hochschulen

Gerade von Studierenden und Akademikern sind innovative Gründungen zu erwarten, die mit positiven wirtschaftlichen Wachstums- und Beschäftigungseffekten einhergehen. Die GESt-Studie analysiert hierbei, welche Einflussfaktoren die Gründungsentscheidung von Studierenden determinieren. Es besteht ein hohes studentisches Gründungsinteresse sowie Gründungspotenzial, zu dessen Ausschöpfung gründungsfördernde Maßnahmen an den Hochschulen postuliert werden. Die in diesem Beitrag dargestellten ausgewählten empirischen Befunde basieren auf einer Stichprobe von annähernd 1.500 Studierenden aus 22 Studiengängen an insgesamt vier Hochschulen in Deutschland: Campus Zweibrücken der FH Kaiserslautern, Technische Hochschule Mittelhessen, Hochschule Ludwigshafen am Rhein sowie das Internationale Hochschulinstitut Zittau.

Verschiedene Gründungsbarrieren

Die befragten Studierenden sind in der Mehrheit männlich, „nur“ drei Zehntel der befragten Studierenden weiblich. Die gravierendsten Schwierigkeiten für eine Umsetzung der Existenzgründung sehen die Studierenden beider Geschlechter im fehlenden Eigenkapital, gefolgt vom finanziellen Risiko und der problematischen Kreditbeschaffung. Geringe Gründungshemmnisse sehen beide Geschlechter gleichermaßen im fehlenden Support von Familie und Freunden. Auch zu geringes Zeitbudget, mangelnde Unternehmerqualifikationen, fehlender Mut, Know-how-Defizit und das wirtschaftspolitische Umfeld sind insgesamt recht unbedeutende „Gründungsbremsen“. Während die Studentinnen finanzielles Risiko, Angst vor dem Scheitern, geringe Umsatzerwartungen und die Konjunkturlage als höhere Gründungsbarrieren klassifizieren, sind dies bei den Studenten fehlende Kundenkontakte und der behördliche Aufwand. Auffallend ist auch, dass die Studentinnen den meisten Hemmnisfaktoren – wenn oftmals auch nur gering – eine höhere Bedeutung zumessen als ihre Mitstudenten.

Studienrichtungsspezifische Gegenüberstellung

Die Stichprobe beinhaltet zu 44% BWL-Studierende. Fast ein Drittel studiert Ingenieurwesen und etwa ein Viertel Informatik. Während die Geschlechterverteilung in der BWL fast pari-pari ist, sind von den befragten Studierenden im Ingenieurwesen rund 20% weiblich und in der Informatik lediglich 14%. Im Rahmen der GESt-Studie wurden neben Studierenden grundständiger Studiengänge auch Studenten (berufsbegleitender) weiterführender Studiengänge befragt, sodass das Sample auch Studierende mit teilweise langjähriger Branchen- und Führungserfahrung umfasst. Analysiert man die Gründungsmotive nach den Studienrichtungen, so überwiegen bei den BWL-Studierenden im Vergleich die Ziele Autonomiebedürfnisse, finanzielle Anreize, Ausweg aus der Arbeitslosigkeit, Prestigedenken sowie Streben nach Macht. Den ingenieurwissenschaftlichen Studierenden sind hingegen die Umsetzung eigener Ideen sowie die Selbstverwirklichung wichtiger. Bei den Informatik-Studierenden überwiegt – im Vergleich zu anderen Disziplinen – das Motiv der flexiblen Arbeitszeiten.

Fazit

Anhand der beschriebenen empirischer Befunde lassen sich Schlussfolgerungen für eine zielgruppengerechte geschlechter- und fachrichtungsspezifische Ausgestaltung von Gründungsförderprogrammen an Hochschulen ableiten: Student ist eben nicht gleich Studentin, Wirtschaftswissenschaftler eben nicht gleich Ingenieur oder Informatiker. Studentinnen haben insgesamt betrachtet bei der Gründungsunterstützung andere Bedürfnisse als ihre Kommilitonen. Um die studentische bzw. akademische Gründungsquote insgesamt zu erhöhen, scheint es aufgrund verschiedenartiger Entrepreneurship-Merkmale von Studierenden der analysierten Studienrichtungen zweckdienlich, bei der Implementierung der hochschulischen Gründungsausbildung sowie des Gründungssupports auch am studienrichtungsspezifischen Unterstützungsbedarf anzuknüpfen. In der aktuellen Phase des Forschungsprojektes erfolgen länderübergreifende Vergleiche zwischen verschiedenen Ländern, wie z.B. Argentinien, Brasilien, Chile, China, Griechenland, Indien, Kolumbien, Mexiko, Polen, Russland, Spanien und Ungarn.

Zu den Autoren

Prof. Dr. Walter Ruda
ist wissenschaftlicher Direktor des Zentrums für Mittelstands- und Gründungsökonomie (ZMG) und wissenschaftlicher Leiter der Entrepreneurship Education an der Fachhochschule Kaiserslautern. Benjamin Danko ist Forschungsassistent am ZMG, Lehrbeauftragter an der FH Kaiserslautern und Doktorand am Internationalen Hochschulinstitut Zittau.