Beste Voraussetzungen für Private Equity in NRW

Herbert Seggewiß ist Geschäftsführer von Aheim Capital und Vorstand des Private Equity-Forums Nordrhein-Westfalen.

Bedeutende Wirtschaftskraft

In den Tagen der Industrialisierung im 19. und 20. Jahrhundert wurde das Ruhrgebiet im Herzen Nordrhein-Westfalens für viele zum Inbegriff des technischen Fortschritts. Doch dies hat sich grundlegend geändert. In der Wahrnehmung und öffentlichen Debatte stehen strukturelle Probleme im Vordergrund, nicht zuletzt durch Forderungen vieler Oberbürgermeister aus dem Ruhrgebiet nach einer Abschaffung des Solidarpaktes. Tatsächlich ist Nordrhein-Westfalen und das Ruhrgebiet immer noch eine hochattraktive Wirtschaftsregion. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 543 Mrd. EUR steht das Land isoliert betrachtet noch vor Polen, Belgien, Taiwan und Norwegen auf Rang 21 weltweit. Diese bedeutende Wirtschaftsposition spiegelt sich auch in den Außenhandelszahlen des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes wider: Das Land ist für knapp 17% der deutschen Exporte verantwortlich und steuert fast 22% des deutschen Bruttoinlandproduktes bei.

Die Basis des Erfolges

Der Erfolg Nordrhein-Westfalens basiert zum Wesentlichen auf den Strukturen durch die Metropolregion Rhein-Ruhr: kurze Distanzen und gut ausgebaute Infrastruktur, der Zugang zu Wissen und Märkten und die engmaschige Vernetzung miteinander. Beispielhaft dafür steht das Forschungsnetzwerk in NRW, welches seinesgleichen in Europa sucht: 64 Hochschulen, zwölf Max-Planck-Institute, elf Fraunhofer-Institute, drei bedeutende Helmholtz-Zentren (u.a. Forschungszentrum Jülich und das Forschungszentrum der Bundesrepublik Deutschland für Luft- und Raumfahrt DLR), elf Leibniz-Einrichtungen und viele weitere staatliche und private Institutionen. Des Weiteren bieten die Städte wie Düsseldorf und Köln auch für Toptalente eine hohe Lebensqualität und internationale Anbindung. Daher ist es für Unternehmen hier erheblich leichter, Spitzenprodukte zu entwickeln und weltweit zu vermarkten.

Vielseitigkeit der Unternehmenslandschaft

Nordrhein-Westfalen besticht durch eine sehr gesunde Unternehmensstruktur, die gleichzeitig die Attraktivität für Investoren herausstellt. Neben neun der 30 Dax-Firmen bzw. 37 der 100 größten deutschen Unternehmen und einer z.B. im Aachener und Kölner Raum außerordentlich stark ausgeprägten Gründerszene ist Nordrhein-Westfalen vor allem ein Land des Mittelstandes. So sind 99% der Unternehmen Mittelständler und Familienunternehmen. Darunter fallen auch besonders viele extrem innovative und international bestens aufgestellte Weltmarktführer, die sogenannten Hidden Champions, Firmen, die zwar in ihrer Nische eine marktführende Rolle einnehmen, jedoch in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind. Demgemäß steht das Bundesland nach Angaben des Weissman Instituts für Familienunternehmen 2011 nach Baden-Württemberg und Bayern mit 208 Weltmarktführern an dritter Stelle in Deutschland.

Spin-offs schaffen Chancen

Diese Struktur bietet zahlreiche Ansatzpunkte für Private Equity-Engagements über alle Investitionsphasen hinweg. Neben diversen Frühphaseninvestitionsmöglichkeiten in Technologie-Start-ups und Universitätsausgründungen haben in den letzten Jahren Großkonzerne ihre Geschäftsorganisation bzw. Strategie neu geordnet und damit für Private Equity interessante Investitionsmöglichkeiten in Konzern-Spin-offs eröffnet. Als Beispiele dienen hier die teilweise noch geplanten Desinvestitionen des Industriegiganten ThyssenKrupp im Rahmen seiner angekündigten strategischen Neuausrichtung zum Technologiekonzern. Beachtung in diesem Zusammenhang fanden auch die Beteiligung an der Evonik Carbon Black (Evonik Industries) durch Rhône Capital oder der Verkauf der führenden Haus- und Gartenmarke Compo aus der K+S AG an den europäischen Private Equity-Investor Triton – aber auch kleinere Transaktionen wie der MBO der Ecronova Polymer von dem spanischen Konzern Ercros S.A.

Hidden Champions in NRW

Besonderes Augenmerk für vielversprechende Investments aus Private Equity-Sicht verdienen die Hidden Champions. Beachtliche 287 der aktuell 1.024 von Prof. Hermann Simon erfassten Hidden Champions in Deutschland haben ihren Sitz in NRW. Dieser Anteil von 28% übersteigt deutlich den Anteil des Bundeslandes an der Gesamtbevölkerung Deutschlands und reflektiert im Grunde genau das, was Private Equity sucht: Unternehmen, die sich aufgrund ihrer Innovationsfähigkeit oder Technologieführerschaft, ihrer effizienten Unternehmensstruktur oder Marktausrichtung Alleinstellungsmerkmale erarbeitet haben und somit – zumindest für eine gewisse Zeit – eine überdurchschnittliche Ertragskraft erreichen. Zurückzuführen ist das häufig auf überragende Unternehmerpersönlichkeiten.

Partnerschaft mit Private Equity

Diese werden mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert wie viele andere mittelständisch geprägte und oft in Familienhand befindliche Unternehmen. Unter anderem betreffen diese Themen die Unternehmensnachfolge bzw. Vereinfachung der Gesellschafterstruktur, die Internationalisierung (Absatz und Produktion) und das Einrichten nachhaltiger und erfolgreicher Innovationsprozesse. Und insbesondere hier kann Private Equity mit dem Unternehmen gemeinschaftlich einen Mehrwert darstellen und partnerschaftlich mit dem Hidden Champion diese Herausforderungen angreifen. Private Equity-Partner unterstützen Unternehmer nicht nur bei den nötigen Investitionen, sondern fördern als Sparringspartner durch ihre konzeptionellen strategischen Betrachtungsweisen auf Prozesse, Kapitalstruktur und Strategien aktiv die erfolgreiche Weiterentwicklung des Unternehmens.

Zu den Autoren

Herbert Seggewiß ist Geschäftsführer von Aheim Capital (www.aheim.com) und Vorstand des Private Equity-Forums Nordrhein-Westfalen (www.private-equity-forum.de). Maximilian Kreher ist Associate bei Aheim Capital. Mit derzeit fünf Investments in wachstumsstarke mittelständische Unternehmen legt Aheim Capital einen Schwerpunkt darauf, gemeinsam mit dem Unternehmer substanziell Werte zu schaffen.