Erlösverteilung im Exit-Fall

Liquidations- und Erlöspräferenzen

Die Chance auf einen erfolgreichen Exit versuchen Venture Capital-Geber durch verschiedene Regelungen im Beteiligungsvertrag und flankierende Incentive-Programme zu steigern. Mit sogenannten Liquidations- und Erlöspräferenzen soll erreicht werden, dass die Investoren im Exit-Fall vorrangig begünstigt werden. In der Regel virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme sollen zudem dafür sorgen, dass Schlüsselmitarbeiter und Organe des Beteiligungsunternehmens auf einen solchen Exit hinarbeiten.
Üblicherweise gewähren Liquidations- und Erlöspräferenzregelungen den Investoren ein Recht auf vorrangige Befriedigung aus sämtlichen den Gesellschaftern des Beteiligungsunternehmens zufließenden Mitteln. Erfasst werden daher meist sowohl die Fälle der Veräußerung der Mehrheit der Gesellschaftsanteile (Share Deal) als auch Fälle der Gewinnausschüttung und der Verteilung eines Liquidationserlöses, etwa nach der Veräußerung der wesentlichen Vermögensgegenstände des Beteiligungsunternehmens (Asset Deal) sowie sämtliche wirtschaftlich vergleichbaren Fälle, wie etwa Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz. Die Präferenzregelungen stellen sicher, dass in einem solchen Fall die von Investoren zur Verfügung gestellten Eigenkapitalmittel vorrangig zuzüglich einer vereinbarten Mindestverzinsung und gegebenenfalls mit einem vereinbarten Faktor multipliziert an die Investoren zurückfließen. Nur die danach verbleibenden Restbeträge werden sodann auf sämtliche Gesellschafter pro rata ihrer Beteiligungen am Gesellschaftskapital verteilt, es sei denn, es wurde die Anrechenbarkeit dieser Vorzugsbeträge vereinbart (sogenanntes Catch-up).

Virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsmodelle

Um die Eintrittswahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Exits noch zu erhöhen, werden oftmals Schlüsselmitarbeiter und Organmitglieder speziell incentiviert, auf ein solches Exit-Ereignis hinzuarbeiten. Wegen ihrer inhaltlichen Flexibilität weit verbreitet sind sogenannte virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme. Dabei werden den Begünstigten bei Eintritt eines definierten Exit-Ereignisses, etwa über die Gewährung von Genussrechten, Ansprüche auf eine zusätzliche Geldzahlung eingeräumt. Zur Vermeidung einer Qualifikation als verdeckte Gewinnausschüttung ist es dabei in bestimmten Share Deal-Konstellationen geboten, derartige Belastungen des Beteiligungsunternehmens letztlich von den Gesellschaftern übernehmen zu lassen, denen die finanziellen Vorteile im Exit-Fall tatsächlich zufließen. Wirtschaftlich ist dies für die Gesellschafter vertretbar, da die Belastungen aus solchen Programmen anderenfalls den Unternehmenswert des zu verkaufenden Beteiligungsunternehmens und damit unter dem Strich ebenfalls den Veräußerungserlös der Gesellschafter entsprechend mindern würden.

Erlösverteilung: last in, first out

Sowohl bei einem Share Deal als auch bei einem Asset Deal geht es nun letztlich um die vereinbarungsgemäße Verteilung der Exit-Erlöse. Dazu wird bei einem Share Deal mit mehreren Verkäufern meist der Gesamtkaufpreis einem zentralen Verkäuferkonto gutgebracht. Bei einem Asset Deal fließt der gesamte Erlös zunächst dem Beteiligungsunternehmen selbst zu und kann erst nach Abzug der Steuern an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. In beiden Konstellationen werden zunächst durch asymmetrische Zuweisung von Teilbeträgen die erlöspräferierten Investoren bedient. Sollten die Erlöse nicht ausreichen, um sämtliche Präferenzbeträge vollständig zu bedienen, werden die Mittel üblicherweise nach dem Lifo-Prinzip („last in, first out“) in umgekehrt chronologischer Reihenfolge zunächst den zuletzt eingestiegenen Investoren zugebilligt. Nach den Investoren werden dann die virtuell beteiligten Mitarbeiter und Organmitglieder bedient. Erst der dann nach Abzug etwaiger weiterer Transaktionskosten (etwa für M&A-Berater) verbleibende Resterlös wird schließlich pro rata – bei einem Share Deal im Verhältnis der veräußerten Anteile zueinander, bei einer Gewinnausschüttung im Verhältnis der gehaltenen Beteiligungen zueinander – auf die einzelnen Verkäufer bzw. Gesellschafter verteilt.

Fazit:

Die bei einem üblichen Venture Capital-Investment im Exit-Fall vertraglich abzubildenden Verteilungsmechanismen sind komplex. Oftmals werden die verschiedenen Instrumente, mittels derer verschiedene Beteiligte im Exit-Fall begünstigt werden sollen, erst nach und nach eingeführt. Bereits bei der Vertragsgestaltung gilt es daher, immer das Gesamtgefüge im Auge zu behalten, um keine ungewollten Rangverschiebungen zu verursachen.

Zum Autor:

Dr. Bernhard Noreisch ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Partner der Kaufmann Lutz Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in München (www.kaufmannlutz.com). Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Unternehmenstransaktionen und M&A mit dem Fokus auf Venture Capital-Investitionen.