Nicht zu viel, nicht zu wenig

Gründer scheuen Garantien

Die Garantiegeber sind selbstverständlich bemüht, den Umfang der von ihnen abgegebenen Garantien möglichst gering zu halten. Oftmals haben gerade Gründer kein Verständnis dafür, dass Investoren nach Durchführung einer rechtlichen, technischen und finanziellen Due Diligence von ihnen noch Zusicherungen und Garantien im Beteiligungsvertrag fordern. Für die Gründer sind Garantien vor allem deshalb unangenehm, weil sie eine direkte persönliche Haftung mit ihrem Privatvermögen begründen.

Verhandlungsziele der Investoren

Für die Investoren geht es vordergründig um eine zumindest teilweise Absicherung ihres riskanten Investments. Über die sogenannten Bestandsgarantien, die Themen wie die ordnungsgemäße Errichtung der Gesellschaft, den Bestand und die Rechtsinhaberschaft hinsichtlich der Geschäftsanteile bzw. Aktien an die Zielgesellschaft und die Aufbringung der Einlagen betreffen, und operative Garantien, die sich auf den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft selbst, deren finanzielle Situation und ihre vertraglichen Verhältnisse beziehen, werden alle rechtlich und wirtschaftlich für die Investitionsentscheidung wesentlichen Bereiche abgedeckt. Regelmäßig überschreitet jedoch der Umfang der Finanzierungsrunde die finanziellen Kapazitäten der Garantiegeber bei Weitem. Daher – und dies betonen Investoren regelmäßig – ist nicht die Absicherung bzw. Nachbewertung des Investments das vorrangige Ziel von Investoren bei der Vereinbarung von Zusicherungen und Garantien. Letztlich geht es vielmehr darum, die Garantiegeber durch die drohende Sanktion dazu zu veranlassen, im Zuge der Verhandlungen über den Inhalt des Garantiekatalogs etwaige, bislang noch nicht kommunizierte, aber für die Investitionsentscheidung maßgebliche Tatsachen zu erkennen und offenzulegen. Durch die Verhandlungen über die einzelnen Garantiegegenstände sollen keine Garantiefälle geschaffen, sondern vermieden werden. Der Investor erhöht seine Sicherheit, indem er seine Investitionsentscheidung auf Grundlage größtmöglicher Sachkenntnis trifft.

Eigenes Haftungsregime

Üblicherweise wird in Beteiligungsverträgen anstelle des gesetzlichen Gewährleistungsrechts ein eigenes, abschließendes Haftungsregime vereinbart. Insofern enthalten die Beteiligungsverträge neben den Garantiebestimmungen auch Regelungen zur Definition des Sorgfaltsmaßstabs der Garantiegeber und natürlich der Garantiefolgen. Gewisse Garantien, vor allem im IP-Bereich, werden meist nicht uneingeschränkt, sondern nur nach bestem Wissen erklärt. Die Definition von bestem Wissen und damit der anzuwendende Sorgfaltsmaßstab werden dann im Verhandlungsweg definiert und dadurch die Haftungsrisiken der Garantiegeber eingeschränkt.

Garantiefolgen: Naturalrestitution oder Schadensersatz

Die Garantiefolgen sehen üblicherweise zunächst einen Anspruch auf Herstellung des garantierten Zustands (Naturalrestitution) und bei Unmöglichkeit bzw. nicht fristgerechter Herstellung einen Anspruch auf Schadenersatz in Geld vor. Ergänzend wird vielfach ein Recht der Garantienehmer auf Durchführung einer den Schaden möglichst kompensierenden Kapitalerhöhung vereinbart. Der Investor erhält das Recht, so viele Geschäftsanteile bzw. Aktien zum Nominalbetrag nachzuzeichnen, bis sein Gesamtinvestment durchschnittlich auf Basis einer um den eingetretenen Schaden reduzierten Pre-Money-Bewertung des Unternehmens erfolgt ist. Der Nachteil einer solchen Regelung besteht darin, dass auch solche Gesellschafter vom Verwässerungseffekt der kompensierenden Kapitalerhöhung betroffen sind, die keine Garantieverletzung zu vertreten haben.

Freibeträge und Haftungsobergrenzen

Durch sogenannte De-minimis-Klauseln werden Einzelschäden, die bestimmte Mindestbeträge nicht überschreiten, als irrelevant eingestuft. Darüber hinaus lassen sich Freibeträge oder Freigrenzen definieren, unterhalb derer keine Haftungsfolgen ausgelöst werden. Hinsichtlich der Schadenersatzpflicht in Geld streben die Garantiegeber zudem meist einen Haftungshöchstbetrag an. Dadurch werden Haftungsrisiken der Garantiegeber sinnvoll eingegrenzt. Durch eine nach verschiedenen Garantiegegenständen differenzierende Verjährungsregelung kann die Haftung der Garantiegeber in zeitlicher Hinsicht angemessen begrenzt werden.

Fazit

Garantien und Zusicherungen sind ein sensibler Vertragspunkt. Die Garantiegeber sind durch die Gefährdung ihres Privatvermögens persönlich betroffen. Dies führt oftmals zu emotional geprägten Verhandlungen. Es trägt zur Versachlichung der Gespräche bei, wenn den Gründern auch die Hintergründe des Garantieverlangens nachvollziehbar erläutert werden. Wenngleich den Gründern klar sein muss, dass ein durchaus umfassender Garantiekatalog Marktstandard ist, sind Investoren dennoch gut beraten, hier keine unverhältnismäßigen Forderungen zu stellen.

 

Zu den Autoren:

Dr. Bernhard Noreisch ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Partner der Kaufmann Lutz Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in München. Björn Weidehaas ist Rechtsanwalt und Diplom-Kaufmann und ebenfalls für Kaufmann Lutz tätig. Beide haben einen Arbeitsschwerpunkt im Bereich Venture Capital.