Personalisierte Medizin schafft Vorteile für Patienten, Ärzte und Kostenträger

Panthermedia/Marc Dietrich

Personalisierte Medizin bedeutet für den vfa, dass zusätzlich zur regulären Untersuchung des Patienten (Differentialdiagnose des Arztes) diagnostische Tests in die Behandlungsentscheidungen oder die begleitende Therapiekontrolle einbezogen werden. Der Test dient in diesem Falle nach der Diagnosestellung der Wahl des geeigneten Therapeutikums und/oder der optimalen Dosis für den Patienten und/oder zur Kontrolle des Therapiefortschritts. Ein solcher Test kann z. B. Laborwerte aus dem Blut oder anderen Körpersubstanzen (Gewebe/Sekrete) erheben oder Ergebnisse apparativer Untersuchungen verwenden. Die Personalisierte Medizin umfasst also definierte Tandems aus Arzneimittel und validierten diagnostischen Tests zur Aufklärung der molekularen Ursachen einer Erkrankung und führt zu einer nach einzelnen Patientengruppen differenzierten Therapie – vergleichbar mit dem Angebot von Bekleidung in verschiedenen Konfektionsgrößen statt „einer Größe für alle“ („one-size-fits-all“). Mit solchen Tests können die Patienten somit in geeignete Patientengruppen aufgeteilt („stratifiziert“) werden.

Vorteil fürÄrzte, Kostenträger und Gesellschaft

Ziel der Personalisierten Medizin ist, die Entwicklung und Anwendung von noch wirksameren und sichereren Arzneimitteln voranzutreiben und Patienten idealerweise ohne Umweg über „Versuch und Irrtum“ über das Wissen der molekularen Hintergründe zu Medikamenten zu verhelfen, die für sie passend bzw. geeignet sind. Dies bedeutet, dass Medikamente ganz gezielt auf bestimmte Gruppen von Patienten mit ähnlichen Merkmalen in den molekularen Mechanismen ihrer Krankheit zugeschnitten werden. Bezogen auf Sicherheit und Effektivität ermöglicht die Personalisierte Medizin entscheidende Verbesserungen in der Diagnose und Therapie. So bietet dieser Ansatz große Chancen, um medizinische Behandlungen besser, sicherer und effektiver zu machen. Davon profitieren nicht nur Patienten, sondern auch Ärzte, Kostenträger und die Gesellschaft als Ganzes.

Unterstützung des Arztes

Seit jeher spielen aber das Wissen und die Erfahrung des behandelnden Arztes die entscheidende Rolle bei der Diagnose und Therapie einer Erkrankung. Die personalisierte Medizin ermöglicht diesen jedoch eine genaue Identifizierung der molekularen Ursachen bzw. Zusammenhänge einer Erkrankung des jeweiligen Patienten und der dafür geeigneten Therapie. Die Methoden der personalisierten Medizin reihen sich dabei in das Instrumentarium der dem Arzt zur Verfügung stehenden Diagnostik und Therapie ein – beginnend mit der üblichen Anamnese und Untersuchung des Patienten über verschiedene diagnostische Methoden (z. B. Labortests, Bildgebung) zu einer immer genaueren Eingrenzung der Erkrankung. Die personalisierte Medizin ergänzt und verfeinert damit die bisherige Diagnostik, indem sie durch Informationen über patientenindividuelle Besonderheiten Hinweise auf die richtige Dosierung oder die Verträglichkeit eines Medikaments gibt. Therapieverfahren, die auf die molekularen Grundlagen der Erkrankung des einzelnen Patienten ausgerichtet sind, können so die Effektivität der Behandlung steigern und unerwünschte Nebenwirkungen vermeiden oder reduzieren – zum Wohle des Patienten und zur Unterstützung des Arztes.

Rahmenbedingungen für die Personalisierte Medizin gestalten

Damit das Potenzial der Personalisierten Medizin genutzt werden kann, müssen von Seiten der Gesundheitspolitik die geeigneten Bedingungen entlang der Wertschöpfungskette geschaffen werden. Dazu gehören:

  • Förderung der Erforschung neuer Biomarker: Schaffung zielgerichteter Förderungsmöglichkeiten und Auf-/Ausbau einer Biobanken-Landschaft. Nach der Entdeckung neuer Biomarker müssen diese validiert werden, hierfür müssen zwischen den Beteiligten (Akademia, pharmazeutische Unternehmen, Zulassungsbehörden, Nutzenbewertungsagenturen) gemeinsame Ansätze entwickelt werden.
  • Zulassungsverfahren: Nach der Forschung und klinischen Entwicklung stellt sich die Frage, wie im Zusammenhang mit dem Zulassungsverfahren der Bezug zwischen Arzneimittel und einem diagnostischen Test auf regulatorischer Ebene hergestellt werden kann und wie die einheitliche Handhabung der notwendigen Tests sichergestellt werden kann; auch hierfür müssen zwischen den Beteiligten gemeinsame Ansätze entwickelt werden.
  • Sicherstellung der höchsten Qualität der eingesetzten Tests: Der vfa plädiert dafür, dass alle Testverfahren für die Arzneimittel validiert und qualitäts-gesichert sein müssen. Dies ist im Sinne der Patienten erforderlich, um falsch positive oder falsch negative Testergebnisse zu minimieren und zuverlässige Testergebnisse zu erhalten, unabhängig davon wo und von wem der diagnostische Test durchgeführt wird.
  • Sicherstellung der Erstattung der personalisierten Arzneimittel und Diagnostika: So sollte im Rahmen der in Deutschland seit dem 1. Januar 2011 eingeführten frühen Nutzenbewertung der Zusatznutzen personalisierter Arzneimittel entsprechend gewürdigt werden. Zudem muss eine angemessene und zeitgleiche Erstattung der personalisierten Arzneimittel und der zugehörigen, validierten Diagnostika sichergestellt sein. Zusätzlich ist ein transparentes, einheitliches und praktikables Verfahren zur Nutzenbewertung für den Zugang von innovativen Labordiagnostika in die GKV unabdingbar. Die Nutzenbewertung muss beide Elemente (Arzneimittel und diagnostischer Test) erfassen und zeitnah abschließen.
  • Patienten und Ärzte einbinden: Schließlich muss vermieden werden, dass Patienten mit solchen ggf. für sie schwierig einzuordnenden Informationen allein umgehen müssen. Dabei kommt den Ärzten eine besondere Bedeutung zu. Dies muss sachgerecht mit Fortbildungsangeboten unterstützt und auch in der Honorierung der Ärzte entsprechend berücksichtigt werden.

Im Interesse der Patienten sollten alle Beteiligten gemeinsam diese Herausforderungen angehen. So könnten in Zukunft mehr personalisierte Therapien und damit eine Verbesserung der Qualität sowie der Kosteneffizienz der Patientenversorgung im Gesundheitssystem erreicht werden.

Personalisiert Medizin: Der aktuelle Stand
In Deutschland ist bereits eine Vielzahl von Arzneimitteln zugelassen, die im Rahmen der oben beschriebenen Kriterien der Personalisierten Medizin eingesetzt werden – eine stetig aktualisierte Auflistung finde Sie man u. a. unter www.vfa.de/personalisiert.