Neun Fragen an Sabrina Hezinger von „Schwanger in meiner Stadt“

Sandra Thumm (l.) und Sabrina Hezinger

VC Magazin: Wie kam es zu der Idee für Ihr Start-up?
Hezinger: Meine Schwägerin und viele Freundinnen waren 2011 schwanger. Viele von ihnen beschwerten sich, dass es im Netz zwar viele schöne und informative Seiten gäbe, es aber schwierig sei, die lokalen Dienstleister und Anlaufstellen auf einen Blick zu erfassen. Das Angebot war hier wenig vielversprechend und das sollte sich ändern – die Idee zu schwangerinmeinerstadt.de war geboren. Nach 9 Monaten Vorlaufzeit gingen wir dann mit den ersten beiden Städteportalen schwangerinmünchen und schwangerinberlin live.

VC Magazin: Wie haben Sie erste Finanzierung Ihrer Gründungsidee gestemmt und wie verlief die weitere Suche nach Kapital(-gebern)?
Hezinger: Unser Start-up wurde komplett vom Gründerteam finanziert – keine staatliche Förderung, keine Gründerfonds, keine Venture Capitalisten. Zu Gute kam uns natürlich, dass keine großen Mittel für Agenturen aufgebracht werden mussten da wir selber aus der Onlinebranche kommen. Es war vor allem der zeitliche Invest der gebracht werden musste. Mit viel harter Arbeit und einem Produkt, das am Markt überzeugt, konnten wir dann schnell ein sich tragendes Geschäftsmodell etablieren.

VC Magazin: Was sprach gegen die Karriere als Angestellter und wie hat sich das Gründerteam zusammengefunden?
Hezinger: Sandra Thumm und ich arbeiten beide schon über zehn Jahre in der Onlinebranche. Irgendwann ein eigenes Unternehmen zu gründen war schon immer unser Traum – dieser entwickelte sich dann als wir uns beide 2009 als Freelancer in der Branche selbstständig gemacht und viele gemeinsame Projekte umgesetzt hatten, zu einem gemeinsamen Traum. Als die Idee des Portals geboren war, war es klar, dass ich Sandra mit an Board holen möchte. Glücklicherweise war das auch in ihrem Sinne. Auch war klar, dass unser langjähriger Geschäftspartner Mischa Landwehr den technischen Part des Portals übernehmen soll.

VC Magazin: Wenn Sie auf Ihre bisherigen unternehmerischen Erfahrungen zurückblicken: Welche Entscheidungen würden Sie erneut treffen?
Hezinger: Da steht an erster Stelle das Team. Damit steht und fällt das ganze Unternehmen. Wir konnten uns von Anfang an auf einander verlassen und vertrauen uns blind – die Entscheidung mit festfreien Mitarbeitern zu arbeiten und im Vertrieb auf Provisionsbasis war genau der richtige Schritt. Wir haben vergangenes Jahr bereits einige Übernahmeangebote erhalten und haben diese nach guten Überlegungen und professioneller Beratung abgelehnt. Es war zwarsehr schmeichelhaft, dass kurz nach Live-Gang gleich die ersten Angebote auf dem Tisch lagen, dennoch war es zu früh für uns. Wir wollten vorerst abwarten, wohin die Reise geht und die Entwicklung selbst in der Hand behalten. Es hat sich bewährt – innerhalb eines Jahres haben wir zehn Städte aufgebaut und das Unternehmen steht sehr gut da. Wir sind sehr stolz darauf und sind nun bereit noch einmal über das Thema Exit nachzudenken.

VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Aus welchen schmerzhaften Erfahrungen konnten Sie besonders viel lernen?
Hezinger: An sich kann man wirklich behaupten, dass wir unsere vorhandenen Erfahrungen und unser Netzwerk optimal genutzt haben. Zwei Kleinigkeiten würden wir heute anders machen. Zum Einen haben wir anfangs viel zu viel Zeit und Geld für Anwälte und Verträge investiert. Unsere Notarin, die damals unseren Gesellschaftervertrag beglaubigte fragte uns schmunzelnd, ob wir ein neues Siemens gründen möchten. So einen langen Vertrag für ein Start-up hatte sie bis dato noch nicht gesehen. Da sie als Notarin verpflichtet ist alle Seiten vorzulesen blieb es nicht aus, dass wir alle drei ab Seite 10 prustend am Tisch saßen und uns vor Lachen die Tränen runterliefen. Zum Anderen haben wir gemerkt, dass wir uns nicht zu früh freuen dürfen. Wir hatten schon Termine, bei dem zwar ein Handschlag stattgefunden hat, danach aber doch wieder Budgetkürzungen oder ähnliches in die Quere kamen und der Vertrag letztlich nicht zustande kam. Daraus haben wir den Schluss gezogen, dass ein Gentlemans Handshake heutzutage nicht mehr ausreicht – es wird also erst gefeiert wenn die Unterschrift unter dem Vertrag ist.

VC Magazin: Was sind aus Ihrer Sicht bei den Rahmenbedingungen in Deutschland der größte Pluspunkt und das größte Manko für junge Unternehmen?
Hezinger: Wir hatten das große Glück eigene finanzielle Ressourcen zu haben, um so ohne Fremdkapital loslegen zu können. Des Weiteren konnten wir schnell erste Werbepartner für das Portal gewinnen und hatten somit schon die ersten Einnahmen zu verzeichnen. Problematisch ist es natürlich für Start-ups oft, wenn das Produkt für den Markt noch nicht reif ist und so eine große Finanzierung im Vorfeld der Geschäftstätigkeit ansteht. Auch wir hatten uns über Gründerkredite informiert. Hier wird den Entrepreneuren einfach viel zu wenig Spielraum gelassen. Jeder Schritt wird verfolgt und der zeitliche Aufwand des Reportings ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt und lenkt zu sehr vom Aufbau des Unternehmens ab.

VC Magazin: Gibt es (Internet-)Unternehmer, die Sie als Vorbilder oder Idole sehen?
Hezinger: Wir haben keine definitiven einzelnen Vorbilder, eher viele – alle Gründer die es geschafft haben, ihr Unternehmen stabil auf die Beine zu stellen oder auch Gründer, die einen unglaublichen Exit hingelegt haben. Des Weiteren natürlich auch alle Gründerinnen, die den Mut haben ein Start-up zu gründen. Gerade die Onlinebranche ist doch sehr männerdominierend. Auch meine Geschäftspartnerin Sandra Thumm hat den Spagat zwischen Muttersein und Karriere mit Bravur gemeistert. Neben dem Aufbau unseres Unternehmens zieht sie noch ihre zwei Kleinkinder groß und findet immer wieder den perfekten Ausgleich beides unter einen Hut zu bekommen.

VC Magazin: Welche drei bis fünf Apps für Smartphones sind die wichtigsten Helferlein in Ihrem Alltag?
Hezinger: Kalender, Dropbox, Facebook und alle Apps lokaler Nachrichtendienste

VC Magazin: Wie sehen die mittelfristigen Planungen für Ihr Start-up und Ihre unternehmerische Zukunft aus?
Hezinger: In diesem Jahr möchten wir ein erstes Re-Design umsetzen, um die Usibility der Seite weiter zu optimieren. Auch den Inhalt möchten wir gezielt ausbauen – in ein paar Wochen wird unsere neue Dachmarken-Seite online gehen mit erweiterten redaktioneller Inhalt, genau genommen Fachartikeln zum Thema Kinderwunsch, Schwangerschaft, Baby & Kleinkind und Beruf & Karriere. Hier versprechen wir uns auch einen ordentlichen Trafficanstieg. Im B2B-Bereich ist ein Log-in-Bereich mit Bezahlsystem für unsere Anbieter angedacht sowie ein automatisiertes Auswertungssystem. Darüber hinaus befinden wir uns im Aufbau einer Blogger-Datenbank und werden im zweiten Halbjahr mit ersten Blogger-Events starten, bei denen unsere Partner sich thematisch und werblich einbringen können, dazu zählen Schulungen, Produkttests, Erlebnisevents etc. In der längerfristigen Planung ist auch ein lokales Forum, welches Mütter mit ähnlichen Interessen verbindet, vorgesehen. Seit dem Livegang im März 2012 konnten bisher schon zehn deutsche Städte ausgerollt werden. Weitere Städte werden sukzessive aufgebaut – in 2013 sind noch vier Live-Gänge geplant. Ab nächstem Jahr soll dann die Expansion ins Ausland starten. Geplant sind hier vorerst Österreich und die Schweiz. In den nächsten Monaten wollen wir neue Mitarbeiter einstellen, geplant ist eine Marketing- und Pressestelle sowie ein neuer Mitarbeiter im Bereich Sales.

 

Zum Gesprächspartner:
Sabrina Hezinger hält den Diplom-Designer (Duale Hochschule Baden-Württemberg), Master of Professional Communication (University of Western Sydney) und hat zehn Jahre Berufserfahrung im Online- und Below-the-line-Marketing als Artdirektorin in leitenden Positionen in Agenturen. Seit 2009 ist sie selbstständig mit Florence & Friends und gründete 2012 die Plattform Schwanger in meiner Stadt (www.schwangerinmeinerstadt.de).