Neun Fragen an Philip Siefer von Stickvogel

VC Magazin: Wie kam es zu der Idee für Ihr Start-up?
Siefer: Während meines Studiums gründete ich eine Stickerei und finanzierte damit meine Ausbildung zum Diplom-Ingenieur an der Technischen Universität Ilmenau. Neben der Universität, örtlichen Vereinen und Unternehmen kamen schon bald größere Kunden wie Breuninger und Ikea hinzu. Dort veranstaltete unser junges Team Live- Stickaktionen. Dabei bestickten wir vor Ort Textilien wie Handtücher oder Schürzen nach Kundenwünschen. Ich entwickelte die Idee eines Online-Tools für Personalisierung. 2011 gewannen wir mit Butlers einen Partner, mit dem wir unsere Komplettlösung in sehr kurzer Zeit umsetzen und die Stickvogel GmbH gründen konnten. Wir entwickelten den weltweit ersten Stickkonfigurator. Im Oktober 2011 gingen wir nach nur drei Monaten Entwicklungszeit mit unserer Fullservice- Lösung online. Wir übernehmen von Frontend (Konfigurator) über Backend bis hin zur Produktion der Stickereien, Gravuren und Drucke das komplette Paket für aktuell sechs B2B-Kunden. In diesem Jahr kommen noch einmal ungefähr genauso viele hinzu, darunter große international agierende Unternehmen.

VC Magazin: Wie haben Sie erste Finanzierung Ihrer Gründungsidee gestemmt und wie verlief die weitere Suche nach Kapital(-gebern)?
Siefer: Die erste Finanzierung haben wir mit privaten Mittel, einer Seedfinanzierung von Butlers sowie dem Cashflow gestemmt. Seitdem finanzieren wir die Weiterentwicklung aus dem Umsatz.

VC Magazin: Was sprach gegen die Karriere als Angestellter und wie hat sich das Gründerteam zusammengefunden?
Siefer: Eine Karriere als Angestellter kam für mich nie in Frage. Die Freiheit und Verantwortung für eigene Entscheidung und die Entwicklung und Umsetzung unserer Ideen ist mir sehr wichtig. Das Gründerteam waren mein langjähriger Geschäftspartner Stephan (heutiger CTO) und ich. Schon in der Stickerei waren wir beide das perfekte Team. Mittlerweile beschäftigt Stickvogel zehn Mitarbeiter.

VC Magazin: Wenn Sie auf Ihre bisherigen unternehmerischen Erfahrungen zurückblicken: Welche Entscheidungen würden Sie erneut treffen?
Siefer: Prinzipiell würde ich alles wieder genauso entscheiden. Allerdings würde ich schon früher anfangen, Prozesse und wiederkehrende Aufgaben zu dokumentieren. Das erleichtert neuen Mitarbeitern die Einarbeitungsphase und internen Wissenstransfer. Das EO-Accelerator-Netzwerk hat mir sehr geholfen. Aber auch da kommt man nur mit gesammelten Erfahrungen hinein. Unterm Strich muss man Zeit investieren, um zu lernen. Dabei macht man Sachen falsch, das habe ich gerne gemacht.

VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Aus welchen schmerzhaften Erfahrungen konnten Sie besonders viel lernen?
Siefer: Stephan und ich sind Ingenieure und keine BWLer. Das kann sehr helfen, aber auch bei manchen Prozessen stören. Besonders viel haben wir von unserem Gesellschafter gelernt. Er ist streng, aber immer für uns da. Unseren Fingern geht es gut! Manchmal wird man gebremst, dafür geht es danach plötzlich wieder umso schneller.

VC Magazin: Was sind aus Ihrer Sicht bei den Rahmenbedingungen in Deutschland der größte Pluspunkt und das größte Manko für junge Unternehmen?
Siefer: Schwierig für junge Unternehmen ist am Anfang mit Sicherheit die Bürokratie. Aber sie hilft auch ungemein bei der Struktur und beim Ablauf der ersten Schritte. Der größte Pluspunkt in Deutschland ist das positive unternehmerische Klima, das natürlich besonders in Berlin. Kapital ist in Deutschland ein kompliziertes Gut. Man bekommt es, aber nur unter starkem Einsatz von Ressourcen. Dabei weiß man nachher ja nie – egal wie gut es vorbereitet ist – was jetzt läuft und was nicht. Ich denke viele Unternehmer beschäftigen sich zuviel mit Geld und zu wenig mit ihrem Produkt, das macht unkreativ.

VC Magazin: Gibt es (Internet-)Unternehmer, die Sie als Vorbilder oder Idole sehen?
Siefer: Wilhelm Josten. Er ist Gründer und Geschäftsführer von Butlers. Er ist kreativ und smart. Er ist nett zu allen seinen Mitarbeitern. Er kennt seine Marke und sein Produkt und ist trotz des großen Erfolges sehr geerdet. Es macht Spaß mit ihm zu arbeiten und wir haben viel gelernt und lernen noch von ihm.

VC Magazin: Welche drei bis fünf Apps für Smartphones sind die wichtigsten Helferlein in Ihrem Alltag?
Siefer: Ding Dong (super App, selber probieren), Uber, Drive Now, Facebook (braucht man), Foursquare (auf Reisen und in the hood), Xing, LinkedIn, eBay (liebe ich), runtastic, EyeEm (super Gründerteam), planio (wie Jira, nur einfach), Kalender, Kamera, Maps… ich bin Smartphone-süchtig, auf dem Golfplatz bleibt es aus.

VC Magazin: Wie sehen die mittelfristigen Planungen für Ihr Start-up und Ihre unternehmerische Zukunft aus?
Siefer: Wir sind dabei und werden das beste Tool für Personalisierung weltweit entwickeln. Ganz wichtig ist uns dabei der Ansatz „Internet der Dinge“, also die Verbindung von online und einem realen Produkt. Wir möchten immer auch die Produktion unserer Live-Vorschau aus unserem Konfigurator übernehmen können, und das in hoher Qualität. Retouren gibt es nämlich bei uns so gut wie nie. Bedeutet: Akquise, Akquise, Akquise und Software, Software, Software! Let’s get it on!

Zum Gesprächspartner:
Philip Siefer ist CEO und Gründer des Berliner Start-ups Stickvogel (www.stickvogel.com). Der gebürtige Hamburger studierte Medientechnologie an der Technischen Universität Ilmenau und gründete schon während seines Studiums eine Stickerei.