Interview mit Dr. Hendrik Brandis, Earlybird

VC Magazin: Earlybird hat im vergangenen halben Jahr gleich zwei Fonds-Closings bekannt gegeben und zusätzlich zum vierten einen Fonds speziell für Investments in der Türkei und Osteuropa aufgelegt. Welche Strategie verfolgen Sie damit?
Brandis: Wir kommen aus unserer Historie heraus von einer monolithischen Struktur. In den bisherigen Fondsgenerationen haben wir noch Healthcare- und IT-Investments aus dem gleichen Topf heraus getätigt. Nicht zuletzt auf Wunsch unserer Investoren trennen wir die beiden Felder nun in separate Fonds. Das heißt: Neben den beiden genannten sammeln wir derzeit auch Kapital für einen reinen Healthcare-Fonds ein, das erste Closing erwarten wir bereits in diesem Jahr. Investments im IT-Bereich haben schon immer 80% unserer Beteiligungen ausgemacht, deshalb haben wir hier noch einmal unterschieden in West- und Osteuropa plus Türkei, um die Opportunitäten besser ausschöpfen zu können.

VC Magazin: Die Türkei macht gerade Schlagzeilen mit sich immer weiter verschärfenden politischen Unruhen. Lautet Ihr Motto: Investieren, wenn die Kanonen knallen?
Brandis: Nein, mit den politischen Unruhen hat unser Engagement überhaupt nichts zu tun. Solche Überlegungen würden eher für Buyout-Fonds gelten, die die aktuelle Währungsschwäche nutzen möchten. Unser Fundraising läuft ja nicht erst seit gestern, wir haben schon länger geplant, stärker auf diesen Markt zu treten. Die Türkei bietet viele Kennziffern, die man sonst aus Emerging Markets kennt, wie eine sehr junge Bevölkerung oder eine immense Internetaffinität. Gleichzeitig ist der Kulturkreis dem unseren überraschend nah. Und: Wir haben in der Region weniger Marktrisiko, da viele Geschäftsmodelle, die sich im Westen bereits bewährt haben, dort noch nicht etabliert sind. Ich nenne das „low hanging fruits“, die wir genießen können. Für unsere Fonds peilen wir ein Volumen von 130 Mio. USD an, damit werden wir der mit Abstand größte Player im Land sein, was uns zusätzlichen Rückenwind geben dürfte.

VC Magazin: Wie hat sich das Fundraising-Umfeld seit Ihrem letzten Fonds-Closing 2007 verändert?
Brandis: Es hat sich seit dem starken Einbruch infolge der Finanzkrise wieder deutlich verbessert. Die Investoren rennen uns zwar noch nicht die Bude ein, aber sie fragen wieder viel stärker und teilweise auch proaktiv nach. Wir verzeichnen ein sich festigendes Interesse an unserer Assetklasse. 2013 war für Earlybird das seit langem erfolgreichste Fundraising-Jahr, wir haben in neuen Closings 170 Mio. EUR eingesammelt. Die Investorenstruktur hat sich allerdings stark verändert: Zur Dotcom-Zeit kam viel Kapital von Privatinvestoren, heute spielen sie hingegen fast gar keine Rolle mehr, auch weil es die Intermediäre von damals nicht mehr gibt. Seit dem letzten Fundraising 2007 verstärkt sich dagegen der Trend, dass Family Offices und Corporate-Investoren vermehrt in die Assetklasse einsteigen.