Interview mit Shawn Atkinson, David Ramm und Tolga Ismen, Edwards Wildman

PantherMedia / burak akmak

VC Magazin: Alle Jahr wieder sagen M&A-Experten zu Jahresbeginn voraus, dass der Markt für Fusionen und Übernahmen demnächst endlich aufblühen wird. Auch in diesem Jahr zeigen sich viele Marktteilnehmer optimistisch. Ist diesmal endlich etwas dran an den Prognosen?

Remm: Ja, zum ersten Mal seit Jahren dürften die Prognosen Recht behalten. Die M&A-Aktivität wird 2014 zunehmen. Wird sie zurückkehren zu den goldenen Jahren 2005, 2006 oder 2007? Das bezweifle ich. Aber ganz sicher wird der Markt sich besser entwickeln als in den vergangenen fünf Jahren. Das gilt ganz sicher für Großbritannien, aber auch die Eurozone hat sich stabilisiert und lässt mehr Aktivität erwarten.

VC Magazin: Was erwarten Sie speziell für den deutschen M&A-Markt?

Remm: Deutschland hat fantastische Ingenieursfirmen und tolle Unternehmer, deswegen dürften wir hier viel Aktivität sehen. Hinzukommt, dass das Land ein sicheres Investmentumfeld bietet. Das einzige, was Investoren gelegentlich abhält, sind die strengen Arbeitsgesetze und die Sorge um steigende Energiepreise. Gerade bei Investments im produzierenden Gewerbe treibt viele die Sorge um, dass Gewinne und Umsätze in den kommenden zehn Jahren von dramatisch steigenden Energiekosten aufgefressen werden. Auch die Sprachbarriere ist für manch einen Investor nach wie vor ein Hindernis.

VC Magazin: Die Private Equity-Industrie sitzt derzeit auf einem großen Kapitalberg, der in den kommenden Jahren investiert werden muss. Gibt es angesichts der großen Liquidität überhaupt genügend attraktive Targets?

Atkinson: Es ist richtig, es gibt zu viel Dry Powder im Markt. Abgesehen von der Größe der Fonds hat auch ihre Zahl enorm zugenommen, im Vergleich zu den Zeiten vor zehn Jahren, als es weniger Fonds, aber mehr M&A-Transaktionen gab. Derzeit jagt zu viel Kapital zu wenigen Deals hinterher. Private Equity-Fonds bekommen außerdem mit Staatsfonds, Family Offices und Strategen zunehmend Konkurrenz. Viele dieser Käufer können sich Deals mehr kosten lassen als Beteiligungsinvestoren. Beispielsweise hätte den WhatsApp-Kauf niemals ein Private Equity-Fonds zu diesen Konditionen stemmen können – für Facebook hingegen überwog der strategische Nutzen. Strategen denken langfristig und wollen kein fünffaches Multiples erwirtschaften. Sie suchen nach neuen Geschäftszweigen und Innovationen und gewinne deshalb immer häufiger gegen Finanzinvestoren. Da wird sich die Private Equity-Industrie künftig sehr schwer tun. Sie muss sich auch fragen, ob das eigene Geschäftsmodell noch funktioniert.

VC Magazin: Wie könnte die Lösung aussehen?

Remm: Vielleicht muss die Private Equity-Industrie wieder zu ihren Ursprüngen zurückkehren, nämlich zum Venture- und Growht-Geschäft. Die Zeiten von Megadeals und LBOs sind vorbei – natürlich wird es solche Transaktionen weiterhin geben, aber sie werden seltener werden. Die Stärke der Finanzinvestoren war es immer, früh in innovative Technologien zu investieren und sie anschließend an Strategen zu verkaufen oder an die Börse zu bringen. Darauf sollten sich Beteiligungsgesellschaften wieder konzentrieren. Dazu gehört auch,  Eigenkapital zu investieren statt Fremdkapital auszureichen.

Atkinson: Die großen Player, die KKRs dieser Welt, sind heute ja eigentlich keine Private Equity-Gesellschaften mehr, sondern Assetmanager, ihr Portfolio reicht von Hedgefonds über Fremdkapital bis zu dem, was vor zehn Jahren noch Investmentbanking-Dienstleistungen waren. Viele Häuser, die vor zehn Jahren mit Venture angefangen haben, haben vor fünf Jahren auf Growth umgesattelt und bezeichnen sich jetzt als Private Equity-Gesellschaften. Diesem Trend kehren nun einige den Rücken und besinnen sich wieder auf das Frühphasengeschäft. Das ist eine Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Dazu gesellen sich neue Player, die noch jung und hungrig sind und sich beweisen wollen – eine natürliche Evolution.