M&A-Kolumne von Dr. Christina Erfurth, lindenpartners

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Nehmen wir den Earn-out: Will sich der Verkäufer durch den Verkauf eigentlich vom Unternehmen lösen und das Ergebnis seiner (Lebens-)Leistung kassieren, so bleibt er durch den Earn-out weiter im wirtschaftlichen Risiko, ohne dieses jedoch noch steuern zu können. Zugegeben, am Ende lockt positiv der Aufschlag auf den Kaufpreis, aber wer sollte nicht neben den kommerziellen Unwägbarkeiten noch die Gefahr von Tricksereien des Käufers fürchten, der nicht nur das Unternehmen lenkt, sondern auch die Bücher führt, aus denen in der Regel der Earn-out ermittelt wird. Der Käufer dagegen, wahrscheinlich grundehrlich, hat Bücher und erworbenes Unternehmen während der gesamten Earn-out-Periode von seinen getrennt zu halten. Die Integration des Unternehmens wird damit erschwert oder verzögert, sodass der Käufer beim erfolgreichen Target nicht nur den zusätzlichen Kaufpreis, sondern auch entgangene Synergien bezahlt.

Doch auch wandelbare Finanzierungsinstrumente besitzen das Potenzial, mindestens einen der Beteiligten unglücklich zu machen – als Kombination von Vendor Loan und Besserungsschein wie oben im Falle von Bewertungsdifferenzen oder als Gestaltungsmittel zur Finanzierung, um einen Kapitalgeber zur Hingabe eines Darlehens mit der Perspektive der Teilnahme an späteren Wertsteigerungen des Unternehmens – und mit deutlich reduzierter Darlehensverzinsung – zu bewegen. Entwickelt sich das Unternehmen dann wunschgemäß, will es nicht unbedingt einen neuen Gesellschafter, der billig einsteigt und dessen Geldbeitrag schon ausgegeben ist. Nimmt es dagegen eine schlechte Entwicklung, hat der ansonsten ungesicherte Gläubiger gar kein Interesse, in den maroden Laden einzusteigen. In beiden Fällen ist das Unternehmen den Zustimmungsvorbehalten des Gläubigers und der Gläubiger dem Gefühl der Machtlosigkeit beim Zusehen ausgesetzt.

Nun, Sie werden es längst erwartet haben: Durch umsichtiges, wenn auch komplexes Drafting kann ein Teil dieser Unglücksfälle vermieden werden. Wo jedoch schon so hart mit den unterschiedlichen Wertvorstellungen – und den eigenen finanziellen Grenzen – gerungen wird, besteht oft besonderer Ehrgeiz, bei den Anwaltskosten zu sparen und nicht von dem Betrag, den man noch zu erlösen oder nicht zu investieren hofft, einen guten Teil für die Erstellung ausgereifter Dokumente auszugeben. Auf der anderen Seite schaffen solch harte Verhandler es nicht selten, ihrem Anwalt ein Festhonorar abzutrotzen, das auch diesen unglücklich macht, weil er trotzdem gute Entwürfe erstellen will, auch ohne Nachschlag beim Earn-out. Daher, Verkäufer, Käufer, Investoren: Bleiben Sie stark, stellen Sie sich den Tatsachen und einigen sich auf einen Wert.