Neue Asset- und Anlegerklassen bergen spannende Herausforderungen

Fotolia/Jenny Sturm

Den grundsätzlichen gesetzlichen Rahmen für Investmentfonds schaffen weitgehend die AIFM-Richtlinie und ihre Umsetzungen in den einzelnen europäischen Rechtsordnungen. In Deutschland kam es in diesem Zuge durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das u.a. das Investmentgesetz und das Vermögensanlagegesetz ablöste, im Juli 2013 zu einer grundsätzlichen Neuordnung der investmentrechtlichen Grundlagen, die über die Umsetzung der AIFM-Richtlinie hinausging. Andere europäische Rechtsordnungen, wie beispielsweise diejenige in Luxemburg, haben die Umsetzung durch weniger tiefgreifende Einschnitte in die bestehende Rechtsordnung vollzogen. Der deutsche Markt hat diese Rechtsänderung inzwischen in ihren Grundzügen verarbeitet, wobei sich zahllose rechtliche Detailfragen erst im Laufe der Zeit lösen lassen werden.

Herausforderungen bei neuen Assetklassen und neuen Fondsstrukturen

Die Fondsstruktur ist immer auf das jeweilige Anlageobjekt zugeschnitten. Gemeinsam ist allen Fondstrukturen, dass die hohe Kostensensitivität der Investoren sowie das Marktumfeld niedrige Verwaltungskosten und hohe Kostentransparenz verlangen. Dies setzt der Komplexität der Strukturen Grenzen, denn jede zusätzliche Beteiligungsebene zwischen dem Anleger und dem Anlageobjekt erhöht die administrativen Kosten. Entsprechend ist zu beobachten, dass die strukturelle Komplexität der Beteiligungsangebote für professionelle Anleger und für Privatanleger in den letzten Jahren tendenziell abgenommen hat.

Aufklärungsarbeit ist gefragt

Soll eine neue Assetklasse für einen bestimmten Investorenkreis erschlossen werden, ist viel Aufklärungsarbeit zum Anlageobjekt und seinem Marktumfeld erforderlich. So fehlt beispielsweise einem deutschen Versicherer, der zwar seit Jahrzehnten in Immobilien investiert hat, häufig die Sach- und Marktkenntnis für ein Investment in Verkehrsflugzeuge. Englische und amerikanische Pensionsfonds und Versicherer hingegen haben diese Assetklasse bereits vor Jahren erschlossen und sich die erforderliche Sach- und Marktkenntnis erarbeitet. Nicht selten muss der Initiator im Rahmen der Vermarktung seines Produkts diese Aufklärungsarbeit leisten, um überhaupt Aussicht auf eine erfolgreiche Platzierung seines Produkts zu haben. Für die Initiatoren ist dies mit Aufwand verbunden und verlängert den Platzierungszeitraum.

Herausforderungen bei neuen Anlegerklassen

Erschließt sich ein Initiator eine neue Anlegerklasse, hat er sich zunächst mit den jeweiligen Markterwartungen auseinanderzusetzen. In rechtlicher Hinsicht erwarten beispielsweise institutionelle Anleger im Gegensatz zu Verbrauchern nicht selten die Möglichkeit, auf die Vertragswerke Einfluss nehmen zu können. Dies hat Auswirkungen auf den Planungs- und Vermarktungsprozess eines Beteiligungsangebots, denn die Vermarktung kann in einem solchen Fall nicht erst erfolgen, wenn die Fondskonzeption steht und das zugrunde liegende Vertragswerk finalisiert oder gar abgeschlossen ist. In rechtlicher Hinsicht heißt dies, dass zur Vermeidung von Haftungsrisiken für den Initiator ein Ausgleich zwischen den Transparenzanforderungen an die Vertriebsunterlagen und den Umfang der Aufklärungspflicht einerseits und der zur erfolgreichen Vermarktung des Beteiligungsangebots notwendigen Flexibilität andererseits gefunden werden muss.

Regulierung auch bei den Anlegern

Bestimmte Anlegerklassen sehen sich ihrerseits gewissen gesetzlichen oder vertraglichen Vorgaben ausgesetzt, die in den Beteiligungsangeboten reflektiert werden müssen. In diesem Zusammenhang dürfte es bei der Entwicklung neuer Beteiligungsangebote förderlich sein, dass deutsche Erstversicherer ab dem 1. Januar 2016 frei darüber entscheiden können, in welche Anlageobjekte sie investieren möchten. Bislang sah die für Erstversicherer geltende Anlageverordnung eine abschließende Anzahl von zulässigen Anlageklassen vor, in welche das den Versicherten vorbehaltene gebundene Vermögen investiert werden durfte. Dies führte nicht selten dazu, dass bestimmte Anlagen nur mit verhältnismäßig hohem Strukturierungsaufwand realisiert werden konnten. Nunmehr vollzieht das europäische Regulierungsregime Solvency II einen Paradigmenwechsel und lässt künftig jegliche Form der Anlage zu. Dies dürfte das durch die Niedrigzinsphase stimulierte Interesse von deutschen Erstversicherern, in neue Anlageklassen vorzudringen, weiter steigern. Die Art des Anlageobjekts spielt hier künftig nur insofern eine Rolle, als dass das neue Recht eine nach dem jeweiligen Marktrisiko unterschiedliche Kapitalunterlegung fordert. Komplexer bleibt es auch künftig bei den Versorgungswerken, welche nicht Solvency II unterliegen. Hier wird abzuwarten sein, welchen Weg die jeweiligen (Landes-)Gesetzgeber bei der Regulierung der Anlageseite gehen. Derzeit sieht es danach aus, als ob die Gesetzgebung weiter auf die bisherige Regulierungstechnik setzt und daher mit einer Anlageverordnung bei abschließend vorgeschriebenen Anlageklassen operieren wird.

‎Praktische Fragestellungen für Debutanten

Die Veränderung des rechtlichen und wirtschaftlichen Umfelds hat nicht nur zu Marktaustritten von Initiatoren geführt, sondern es haben auch neue Initiatoren den Markt betreten und die vorstehend skizzierten Herausforderungen gemeistert. Weitere Eintritte sind zu erwarten. Neben einem überzeugenden wirtschaftlichen Konzept ist eine detaillierte Planung der Organisation und laufenden Verwaltung des Fonds, der Einwerbung des Geldes und seiner Investition erforderlich, die den rechtlichen Vorgaben entsprechen und die Erwartungen des relevanten Anlegerkreises treffen. Für einen Debutanten besteht die besondere Herausforderung darin, dem Umfang der gesetzlichen Transparenzanforderungen trotz der wirtschaftlichen Unwägbarkeiten, denen ein erstes Beteiligungsangebot typischerweise ausgesetzt ist, gerecht zu werden. Richtet sich das Beteiligungsangebot an institutionelle Investoren, so sind außerdem die Zurückhaltung gegenüber einer neuen Assetklasse und die Bedeutung eines namhaften Ankerinvestors sowie der Zeitraum nicht zu unterschätzen, den die Investitionsentscheidung bei einem institutionellen Investor in Anspruch nehmen kann.

Fazit

Das Niedrigzinsniveau und die geänderten gesetzlichen Vorgaben u.a. in Gestalt des KAGB und des europäischen Regulierungssystems Solvency II schaffen ein gutes Klima für neue Beteiligungsangebote, die Anlegern für sie neue Assetklassen eröffnen. Der erfolgreiche Markteintritt wird Initiatoren mit einem wirtschaftlich attraktiven Beteiligungsangebot aus anwaltlicher Sicht dann besonders leichtfallen, wenn die Markterwartung der angesprochenen Anlegerklasse sowie der für sie gegebenenfalls geltende regulatorische Rahmen in der Struktur des Beteiligungsangebots berücksichtigt sind. In praktischer Hinsicht mag die Vermarktung einer zumindest für den adressierten Anlegerkreis neuen Assetklasse mitunter einen etwas längeren Atem erfordern.

C4 Dr. Wessel HeukampC4 Dr. Johannes Vogel

Dr. Wessel Heukamp ist Partner der Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer in München. Er leitet die globale Versicherungsgruppe der Kanzlei und berät u.a. Versicherer bei ihren Investitionsvorhaben. Dr. Johannes Vogel ist als Principal Associate im Frankfurter Büro von Freshfields Bruckhaus Deringer tätig. Er ist auf internationale Mobilienfinanzierungen und Fonds spezialisiert und berät unter anderem zur Strukturierung und Restrukturierung von geschlossenen und anderen Fonds sowie zu innovativen Fondsstrukturen.