Erfolgreiche Verhandlung trotz Corona-Krise

So überzeugen Sie Kapitalgeber

Erfolgreiche Verhandlung trotz Corona-Krise: So überzeugen Sie Kapitalgeber
Erfolgreiche Verhandlung trotz Corona-Krise: So überzeugen Sie Kapitalgeber

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Als junges Unternehmen mit potenziellen Kapitalgebern zu verhandeln ist immer herausfordernd. In Zeiten von Corona bedarf es besonders schwerer Geschütze, um Investoren von dem eigenen Vorhaben zu überzeugen. Ganz konkrete Strategien helfen dabei, einen erfolgreichen Verhandlungsabschluss zu erzielen.

Zahlreiche Start-ups sind von der Corona-Krise besonders hart getroffen. Laut einer Umfrage des Deutsche Börse Venture Network plant jeder fünfte Geldgeber vorerst keine neuen Investments. Viele Verhandlungen dürften nun deutlich herausfordernder werden, da Investoren auf stärkere Absicherung pochen. Auch werden vielzählige Verhandlungen coronabedingt in den digitalen Raum verlagert. Das bringt neue Hürden mit sich: Die räumliche Distanz und die beschränkte Wahrnehmung bei Videokonferenzen erschweren den Vertrauensaufbau und die Einschätzung des Gegenübers. Trotz dieser schwierigen Ausgangssituation ist es entscheidend, nicht leichtfertig zu akzeptieren, was einem angeboten wird, sondern durch professionelle Vorbereitung und strukturiertes Vorgehen das maximale Verhandlungsergebnis zu erzielen – ob es sich nun um die erste Termsheet-Verhandlung oder einen Deal mit einem langjährigen Investor handelt. Selbst Börsengänge funktionieren mittlerweile virtuell: So führte ein junges Techunternehmen, das im Mai 2020 erfolgreich an die Mehrländerbörse Euronext ging, 99% des IPO-Prozesses (Investoren-Roadshows, Meetings und Bookbuilding) per Video durch.

Regeln für Onlineverhandlungen

Was für das analoge Verhandeln gilt, zählt auch im digitalen Raum. Dennoch sind virtuelle Verhandlungen meist schwerfälliger, langsamer und fehlerträchtiger. Um sie trotzdem erfolgreich zu bestehen, ist eine akribische Vorbereitung unabdingbar. Da die Wahrnehmung technisch beschnitten ist, sollten Sie sich viel Zeit zum Vertrauensaufbau nehmen – etwa, indem Sie, wie Sie es auch bei Präsenzverhandlungen gewohnt sind, zu Beginn der Verhandlung einige Sätze mit ihrem Gegenüber wechseln, auch, um gemeinsame Interessen oder Ähnlichkeiten zu finden. Während der Verhandlung ist es wichtig, exakt zu formulieren und die Sprachgeschwindigkeit zu reduzieren. Damit erhöhen Sie die Verständlichkeit. Achten Sie darauf, Ihre Handgesten innerhalb des Bildausschnitts zu halten, damit Ihr Gegenüber sie sehen kann. Achten Sie zudem immer wieder auf Verständnisabgleich, indem Sie präzise Nachfragen stellen und zentrale Punkte wiederholen. Zudem gelten auch online die generellen Regeln für Verhandlungen.

Analysieren Sie Ihr Gegenüber

Jede Verhandlung sollte damit beginnen, das Gegenüber genau zu betrachten. Es kann Ihnen dabei helfen, Ihren Gesprächspartner besser zu verstehen und zielgerichteter zu kommunizieren. Machen Sie sich klar, dass auch Investoren in einem Abhängigkeitsgeflecht gefangen sind. Um die eigene Ausgangsposition realistisch einschätzen und die Verhandlungstaktik optimal ausrichten zu können, ist es daher ratsam, sich der unterschiedlichen Entscheidungsebenen bewusst zu werden.

Auf Augenhöhe verhandeln

Gründer sehen sich gegenüber Kapitalgebern häufig in einer einseitigen Abhängigkeitsbeziehung. Dadurch treten sie unnötig gehemmt auf und können Verhandlungspotenzial verspielen. Die mentale Vorbereitung vor dem Verhandlungsbeginn ist daher entscheidend. Die Herausforderung ist, sich weder zu überschätzen noch unterlegen zu fühlen. Dem Gegenüber sollte stets auf Augenhöhe begegnet werden. Zur mentalen Vorbereitung kann es ebenfalls dienlich sein, den Verhandlungsverlauf vor dem geistigen Auge abzuspielen: Wohin will ich? Welche Etappen muss ich dafür absolvieren? Welche Hindernisse könnten auftreten und wie umschiffe ich diese? Haben Sie dies durchgespielt, können Sie auch in der realen Verhandlungssituation einen kühlen Kopf bewahren. Und denken Sie immer daran: Das Wesen der Verhandlung ist die Abhängigkeit. Ihr Gegenüber möchte auch etwas von Ihnen – er sitz dort nicht, weil er ein Freizeitproblem hat.

Mit taktischer Empathie Vertrauen gewinnen

Um potenzielle Kapitalgeber davon zu überzeugen, in Ihr Unternehmen zu investieren, ist der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung notwendig: Schließlich wird in Menschen und nicht nur in Produkte investiert. Hierbei sollte die Klaviatur der taktischen Empathie beherrscht werden. Empathie beschreibt zum einen die Fähigkeit, die Gefühle und Motive des Gegenübers zu erkennen; zum anderen zeigt sie sich auch in der angemessenen Reaktion auf die beobachteten Signale durch entsprechende Emotionen und Verhaltensweisen. Taktische Empathie beschreibt das strukturierte Vorgehen beim Aufbau einer Beziehung, um Vertrauen zu gewinnen und auf die Beurteilung des Gegenübers positiv einzuwirken. Alle drei Aspekte von Empathie spielen in Verhandlungen eine zentrale Rolle, denn auch die Bewertung eines Start-ups ist Verhandlungssache. Der Investor wird Gründe für eine niedrige Unternehmensbewertung vorbringen. Sie sollten in der Lage sein, die Emotionen und stressbedingten Veränderungen bei Ihrem Verhandlungspartner zu erkennen und aktiv darauf einzugehen. Sie sollten Stressoren und zunehmende Beruhigungsgesten (Adaptoren) erkennen, die bei bestimmten Gesprächspunkten immer wiederkehren. Wenn Sie als Verhandlungsführer wollen, dass Ihr Gegenüber seine Meinung ändert, müssen Sie dessen Motive, Interessen und persönliche Entscheidungsstruktur verstehen. Taktische Empathie hilft, das Verhalten Ihres Gegenübers in die gewünschte Richtung zu lenken und am Ende erfolgreich aus der Verhandlung zu gehen.

Kontrollieren Sie die Zeit

Setzen Sie immer eine Agenda und bestimmen Sie damit den Verhandlungsverlauf. Kontrollieren Sie hiermit Zeit und Themen sowie deren Reihenfolge. Für den Erfolg von Verhandlungen ist nicht nur ausschlaggebend, wer das Gespräch während der Verhandlung kontrolliert, sondern auch, wer das Gespräch beendet. Besonders wenn die Verhandlung im aktuellen Gespräch nicht abgeschlossen wird, entscheidet die Kontrolle am Ende über die künftige Verhandlungsposition. Wer die Verhandlung beendet, symbolisiert Macht und Kontrolle über das Gespräch und kann damit die Oberhand in der weiteren Verhandlung gewinnen.

Fazit

Krisenzeiten sind Verhandlungszeiten. Gerade in dieser herausfordernden Situation ist es möglich, erfolgreiche Verhandlungen mit Kapitalgebern zu führen. Wichtig ist die richtige Vorbereitung. Denn: Sich nicht vorzubereiten ist auch eine Vorbereitung – die Vorbereitung zur Niederlage. Virtuelle Verhandlungen haben ihre besonderen Herausforderungen. Nehmen Sie sich genug Zeit, sich auf die Besonderheiten der verschiedenen digitalen Plattformen einzustellen. Denken Sie auch über Ihre eigene Wirkung und Ihre Sichtbarkeit nach. Virtuelles Verhandeln bedarf mehr Disziplin als sein analoges Pendant. Darüber hinaus gelten die generellen Verhandlungsregeln: Analysieren Sie Ihr Gegenüber im Vorfeld. Machen Sie sich klar, mit welcher Persönlichkeit Sie es zu tun haben. Informieren Sie sich auch über das Einflussumfeld Ihres Gegenübers und machen Sie sich klar, mit welcher Ausgangslage, welchen Zielen und Erwartungen er oder sie in die Verhandlungen geht. Je besser Sie Ihr Gegenüber kennen, desto zielgenauer können Sie eine vertrauensvolle Beziehung während der Verhandlung aufbauen und das eigene Ergebnis beeinflussen. Und zu guter Letzt: Entwickeln Sie ein Negotiation Playbook, das heißt, spielen Sie den Verhandlungsverlauf vor Ihrem geistigen Auge durch, überlegen Sie, wo und wann Sie auf Zeit spielen, Druck aufbauen, kooperativ sind oder auch Zugeständnisse machen. Darauf aufbauend können Sie die Agenda für den Verhandlungsverlauf setzen und dadurch Zeit und Themen bestimmen. So steht Ihrem Verhandlungserfolg nichts mehr im Wege.

Anja Feuerabend gründete 1994 die auf Wirtschafts- und Finanzkommunikation spezialisierte Kommunikationsberatung relatio PR in München. Gemeinsam mit ihrem Team berät sie Start-ups und mittelständische Unternehmen. Feuerabend ist zudem Shareholder und war langjähriges Mitglied des Boards des internationalen Kommunikationsnetzwerks ECCO International Public Relations Network und Mitinhaberin der Berliner Unternehmensberatung Advice Partners. Thorsten Hofmann hat als ehemaliger Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes und Interpol mit Erpressern, Entführern und Straftätern der organisierten Kriminalität verhandelt; heute berät er Unternehmen, Verbände und Politik. Der Autor des Buchs „Das FBI-Prinzip“ gründet seine Expertise auf dem Know-how von Geheimdiensten sowie den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Neuropsychologie. Als Leiter des „Center for Negotiation“ der Quadriga Hochschule Berlin forscht er unter anderem auch zum Thema digitales Verhandeln und zu interkulturellen Verhandlungen. Beide bekleiden die Position des Managing Directors bei Advice Partners.