Fundraising trotz Corona erfolgreich – Anlagedruck bei institutionellen Investoren

Immer mehr Investoren adressieren Growth-Segment

Fundraising trotz Corona erfolgreich – Anlagedruck bei institutionellen Investoren
Fundraising trotz Corona erfolgreich – Anlagedruck bei institutionellen Investoren

Bildnachweis: © silviemiskova – stock.adobe.com, © BVK, KKA Partners, © Capza, © DBAG.

Während die Venture Capital- und Private Equity-Gesellschaften im vergangenen Jahr durchweg erfolgreich im Fundraising waren, geraten die institutionellen Investoren langsam unter Anlagedruck, und die Corona-Pandemie macht es ihnen nicht unbedingt leichter: Pensionskassen und Versorgungswerke vertrauen bei ihren Investitionsentscheidungen vor allem auf den persönlichen Vor-Ort-Kontakt und müssen nun langsam umdenken. Family Offices hingegen zeigen sich durchaus digitaler und lassen sich mit einem ansehnlichen Track Rekord auch in Online-Meetings überzeugen. Eins gilt aber für alle Limited Partner: Das Interesse an der Assetklasse Venture Capital und Private Equity ist ungebrochen hoch und die An­lage wird als sehr attraktiv bewertet. Nicht zuletzt durch die noch immer anhaltende Niedrigzinsphase und die Volatilität am Aktienmarkt.

Swantje von Massenbach, BVK
Swantje von Massenbach, BVK

Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) beobachtet auf Limited Partner-Seite eine große Investitionsbereitschaft. „Viele Investoren – darunter Versicherungen, Pensionskassen und Dachfonds – versuchen verstärkt, in die erfolgreichen Fonds zu investieren“, stellt die stellvertretende Geschäftsführerin, Swantje von Massenbach, fest und fügt hinzu: „2020 war ein sehr erfolgreiches Fundraising-Jahr.“ In seiner LP-Studie kam der BVK zu dem Ergebnis, dass die Investoren ihre Anlagen im Beteiligungskapitalmarkt weiter ausbauen werden. „Daran ändert auch Corona nichts. Die Zielrenditen liegen bei Private Equity deutlich über denen anderer Anlageklassen, die Investoren sind sehr zufrieden“, so von Massenbach weiter.

Digitales Fundraising nur für Folgeinvestments

Dominic Faber, KKA Partners
Dominic Faber, KKA Partners

Die Fonds, die aktuell auf Einwerbekurs sind, bestätigen die Sicht des Branchenverbands. „Der Terminkalender der Entscheider bei den institutionellen Investoren ist für die Post-Corona-Zeit schon überbucht“, berichtet Dominic Faber, Gründungspartner bei KKA Partners. Seine Beteiligungsgesellschaft, die er 2018 gemeinsam mit Kaspar Hartmann und Patrick Feller gründete, hat ihren ersten Fond innerhalb der ersten elf Monate nach Gründung mit 45 Mio. EUR aufgesetzt, die bereits investiert sind. Seit September 2020 ist KKA Partners mit dem zweiten Fonds im Fundraising. Dieser zielt ohne Co-Investment auf 200 Mio. EUR ab, wobei derzeit das Team für mehr Kapital aufgebaut wird. Zu seinen Investoren zählen Versorgungswerke, Pensionskassen und Versicherer aus dem internationalen Umfeld. „Digitales Fundraising funktioniert hier fast nur für Folgeinvestitionen. Die größte Sorge der Limited Partner ist, dass sich das General Partner-Team zerstreitet oder das Klumpenrisiko auf eine Person zu groß ist. Deshalb ist diesen Investoren ein persönliches Kennenlernen im Rahmen ihrer Due Diligence enorm wichtig“, berichtet Faber von seinen bisherigen Erfahrungen. Durch die internationalen Reisebeschränkungen finden diese Treffen momentan nur virtuell statt. „Wir vertiefen deshalb unsere bestehen­den Beziehungen und nutzen vertrauensbildende, gemeinsame Nenner und Netzwerke bei neuen Beziehungen, die offen sind für digitale Zusagen“, ergänzt er.

Portfolioerfolge freuen die Investoren

Mit ihrem Fondskonzept ist KKA Partners unter Investoren begehrt. Die Beteiligungsgesellschaft setzt auf kleine mittelständische Unternehmen, die sich digital transformieren möchten, und nutzt dafür ihr bestehendes Netzwerk aus der Gründerszene. „Wir wollen mehr als nur Rendite für Investoren erzielen, wir möchten mit unserer Mittelstandszukunftssicherung positive Spuren in der Gesellschaft hinterlassen“, sagt Faber. Und damit setzen sie an drei Problemen an, die den Großteil des Mittelstands beschäftigen: Fachkräftemangel, der Zugang zu den richti­gen Personen und fehlendes Kapital für die Technologisierung. Die drei Gründungspartner haben allesamt operative Erfahrung und kommen ursprünglich aus dem Value Investing-Umfeld. Heute arbeiten sie verstärkt mit führenden Venture Capital-Teams zusammen. Faber ist als Venture-Partner bei Earlybird zusätzlich aktiv; Hartmann hat in der Vergangenheit mit Lakestar zusammengearbeitet. Zudem bringen sie Erfahrungen aus ihren mittelständisch geprägten Familien mit und wollen nun beide Seiten miteinander verknüpfen. „Wir nutzen unser Start-up-Netzwerk für unsere Portfoliounternehmen, und unsere mittelständischen Beteiligungen profitieren für ihre Digitalisierung entweder als Start-up-Kunden, wir suchen Digitalisierungsprojektleiter unter unseren Kontakten oder schaffen Wachstums­finanzierungen mit den Mittelständlern als strategischen Partnern. So profitieren Start-up und Mittelstand gleichermaßen voneinander“, erklärt Faber. Bringt das Erfolg bei den Unternehmen, fruchtet es mittelbar auch bei den Investoren. Und das Inte­resse der Unternehmer an der Beteiligungsgesellschaft wächst, denn nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie steigt die Offenheit der Mittelständler für Digitalisierungsprozesse.

Growth-Segment als neuer Trend für Venture Capital und Private Equity

Ein Trend, den die Branche sieht, ist das zunehmende Inte­resse am Growth-Segment mit Blick auf schnell wachsende Unternehmen mit niedrigen Margen, vorwiegend im E-Commerce-­Bereich. Gleichzeitig warnen die ersten hier vor einer Bewertungsblase. Das wachsende Augenmerk der Investoren auf Unternehmen, die an der Schwelle zum jungen Mittelständler stehen, erkennt auch der BVK. „Mehr Wagniskapitalgeber investieren mittlerweile auch in reifere Start-ups, die bereits mehrere Finanzierungsrunden hinter sich haben. Für Private Equity ist das Umfeld wiederum spannend, weil gerade im Technologiebereich die mittelständischen Unternehmen über Buy and Build-Investments groß gemacht werden können“, so von Massenbach. Das bestätigt auch KKA-Partner Faber: „Venture Capitalisten gehen zunehmend in das Growth-Segment mit, weil sie ihre größeren Fondsvolumen arbeiten lassen müssen, und das Investment macht für sie Sinn, solange sich die Unternehmen vor dem Cashflow-Break-even befinden. Für Private Equity wird es interes­sant, sobald der Break-even kurz vor der Tür steht oder bereits geschafft ist.“

Family Offices offen für Wachstumsfinanzierungen

Auf diese Lücke zielt Capza mit ihrem Growth Tech-Fonds ab. Im letzten Jahr hat sich die Beteiligungsgesellschaft mit einer speziellen Strategie auf Unternehmen fokussiert, die an der Schwelle zur Profitabilität stehen. Das First Closing des aktuellen Fonds mit einem Ziel von 150 Mio. EUR erfolgt plangemäß im zweiten Quartal 2021. Der Growth Tech Fonds investiert ausschließlich in wachstumsstarke Unternehmen aus dem Technologiesektor mit

Dr. Stefan Arneth, Capza
Dr. Stefan Arneth, Capza

geringer Konjunktursensibilität. Stefan Arneth, verantwortlich für Inves­tors Relations, berichtet: „Wir investieren in Unternehmen, die typischerweise die Gewinnschwelle überschritten haben oder kurz davorstehen; auf Basis bestehender Strukturen und einem erprobten Geschäftsmodell setzt das erfolgreiche Managementteam auf weiteres Wachstum. Das EBITDA ist positiv und reicht bis in den mittleren einstelligen Millionenbereich. Die Unternehmen sind über das Venture-Stadium hinaus, aber noch zu klein für typische Buyout-Fonds.“ Gestützt auf stetige Einnahmen, die mehr als 7 Mio. EUR betragen, und ein bewährtes Geschäftsmodell, will Capza gemeinsam mit dem Unternehmensmanagement das nachhaltige Wachstum und die Profitabilität fördern sowie die weitere internationale Expansion unterstützen. Das Team von Capza Growth Tech will als operativer Partner zur Seite stehen. Capza blickt dabei auf seine vielfältige Erfahrung der letzten Jahre zurück – der Investor finanziert seit 2004 Techunternehmen. „Zu unseren Inves­toren gehören neben den typischen institutionellen Anlegern auch Family Offices, also Investoren mit Unternehmerhintergrund“, weiß Arneth und zeigt sich zufrieden mit den Gesprächen auf Investorenseite. Mit Blick auf die Pandemie betont er: „Gute Beziehungen und ein langjähriger, positiver Track Record zählen besonders in Zeiten mit nur eingeschränkt möglichen persönlichen Treffen. Gerade in der aktuellen Situation suchen Anleger nach attraktiven, wenig korrelierten Investments. Eine eher abwartende Haltung im Jahr 2020 mündet nun in gewissen Nachholeffekten.“

Strategiewechsel zahlt sich aus

Torsten Grede, DBAG
Torsten Grede, DBAG

Auch die Deutsche Beteiligungs AG (DBAG) investiert mit Minder­heitsbeteiligungen im Growth-Segment – zuletzt im Sommer mit einer Beteiligung an dem Jungunternehmen Hausheld, das bisher 1 Mio. EUR Umsatz erzielt. „Die Nachfrageseite verändert sich zu unseren Gunsten. Die Banken sind wieder restriktiver“, bewertet Torsten Grede, Sprecher des Vorstands der DBAG, den Markt. Und: „Private Equity kann diese Lücke füllen, nicht zuletzt, weil viel investitionsbereites Kapital vorhanden ist.“ Mit 1,1 Mrd. EUR hat die Beteiligungsgesellschaft ihr Fundraising für einen Buyout-Fonds im letzten Jahr erfolgreich beendet und sieht in der Corona-Pandemie keine Krise für den Kapitalmarkt. Die DBAG setzte auf ihre lange bestehende Investorenbasis, zu der mit Pensionsfonds, Stiftungen und Versicherungen ganz über­­wiegend Investoren gehören, die kontinuierlich in Private Equity investieren. Der bereits vor zehn Jahren entschiedene Strategiewechsel in Richtung Breitbandtelekommunikation, IT-Services, Software und Healthcare kommt bei den Investoren gut an. Zunehmend erreichen Unternehmen dieser Sektoren eine Größe, die sie für Private Equity-Gesellschaften interessant machen. Dem Wandel im Mittelstand entsprechend geht der ­Anteil der Beteiligungsmöglichkeiten an Industrieunternehmen zurück.

Unternehmer legen Berührungsängste ab

Für 2021 erwartet das Beteiligungshaus ein Transaktionsvolumen im mittleren Marktsegment wie etwa im Jahr 2019 und damit eine Rückkehr auf das Vor-Corona-Niveau. Die DBAG hat eine Veränderung auf der Verkäuferseite festgestellt: „Es öffnen sich zunehmend Fami­lienunternehmer für Private Equity-Beteiligungen“, so Grede. „Dabei sprechen wir nicht über Gesellschaf­ter in dritter Generation, sondern über Gründer in jungen Branchen, die vor 25 bis 30 Jahren ihr Unter­nehmen gegründet haben. Hier fanden bereits erste Berührungen mit Eigenkapital durch Venture Capital-­Gesellschaften statt, und die Vorbehalte gegenüber Finanzinves­toren sind deshalb viel geringer.“ Ein zusätzlicher Faktor, der auch in Zu­kunft weitere institutionelle Inves­toren zur ­Assetklasse ziehen wird.

Fazit

Es gibt viel Bewegung im Markt, der Anlagedruck der institutionellen Investoren wie auch auf Beteiligungsseite nimmt zu, und das Growth-Segment könnte langfristig davon profitieren. Immer mehr Gesellschaften springen auf den Zug auf. Auch HV Capital hat im letzten Jahr den Fokus auf Wachstums­finanzierungen verstärkt und tätigt mit seinem im Oktober 2020 gelaunchten Fonds VIII nun auch Erstinvestments in Wachs­tumsphasen. Um den Ausbau des Bereichs voranzutreiben, wurde mit dem neuen Partner Alexander Joël-Carbonell, der zuvor bei Delivery Hero den Bereich M&A und Investments verantwortete, zum Jahresende hin auch das Team entsprechend vergrößert. Die Beispiele zeigen, dass das Interesse und damit auch der Wettbewerb um die Wachstumsfinanzierungen seitens der deutschen Beteiligungsgesellschaften zunehmen. Das ist langfristig eine gute Nachricht für das hiesige Ökosystem, die hoffentlich das stete Abwandern erfolgreicher Start-ups in ­Richtung USA oder China einschränkt. Und damit stehen die Chancen gut, dass Deutschland bald noch mehr Unicorns ­zählen wird.