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Hintergrund zum Positionspapier des Beirates Junge Digitale Wirtschaft zum Thema Börsengänge deutscher Start-ups

Der Beirat Junge Digitale Wirtschaft berät Wirtschaftsminister Peter Altmaier
Der Beirat Junge Digitale Wirtschaft berät Wirtschaftsminister Peter Altmaier

Bildnachweis: © BMWi.

In einem Positionspapier des Beirats Junge Digitale Wirtschaft, der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in Tech- und Start-up-Fragen berät, formulieren die drei Autoren Empfehlungen, die mehr Börsengänge deutscher Start-ups forcieren sollen. Ein Absatz handelt von der Maßregelung und Disziplinierung der Medienberichterstattung sowie der Umgehung von Lizenzgebühren für die Weiterveröffentlichung von Artikeln. Das Papier stammt aus dem April dieses Jahres und stand bis Dienstag, 13. Juli, auf der Website des Wirtschaftsministeriums online.

Disziplinierung der Presse

Neben einer Schilderung der Lage deutscher Start-ups und ihrer Börsengänge sowie diversen Empfehlungen zum Abbau der Überregulierung handelt ein Absatz von der „Gewährleistung einer ausgewogenen Berichterstattung über Börsengänge durch Erlass von Regeln zur Vermeidung einseitig diffamierender Artikel, die sich als regelrechtes ‚IPO-‚ und ‚new economy-bashing‘ unter Finanzredakteuren verbreitet haben“ (Zitat Positionspapier).
Angekreidet wird im Papier die Berichterstattung über Delivery Hero im Vergleich zu der über Vapiano. Es heißt, dass der Börsengang zu Delivery Hero „von der Finanzpresse durchweg als überbewertete Luftnummer zerrissen und folglich bei US-amerikanischen Anlegern platziert (wurde), Vapiano mit ihren Restaurants ‚zum Anfassen‘ und zu einer vielfach niedrigeren Bewertung galt der Finanzpresse als seriös und solide – heute ist DH im DAX und 30 Mrd. EUR wert, Vapiano ist pleite und ein Totalverlust für die Zeichner 1. Verpflichtung“. Empfohlen wird deshalb im Positionspapier, dass die Presse zur Berichterstattung auch kleinerer IPOs verpflichtet wird. Zudem sollen die Journalisten zu „sachlicher, richtiger und vollständiger Information, bewehrt durch Pflicht zur unverzüglichen Gegendarstellung bei Fehlinformation“ (Zitat Positionspapier) diszipliniert werden. Im letzten Punkt ist zudem von der „Gewährung des Rechts an den Emittenten, Artikel und Empfehlungen auf seiner Webseite zu veröffentlichen, ohne dafür horrende Lizenzgebühren an die Urheber zu zahlen“ (Zitat Positionspapier) die Rede. Es wird verlangt, dass Haftungsrisiken für die Wiedergabe der Artikel beseitigt werden.

Reaktionen aus dem Beirat

Als Autoren des Papiers werden namentlich Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer, High-Tech Gründerfonds-Geschäftsführer Alex von Frankenberg und Christoph Gerlinger, Geschäftsführer der SGT German Private Equity (bis 2020 unter German Startup Group firmiert) genannt. Gerlinger hat Minister Altmaier am Dienstag seinen Rücktritt angeboten, am Mittwoch wurde dieser bestätigt. Cramer meldete sich am Dienstag auf LinkedIn aus dem Urlaub „und völlig überrascht“. Sie distanzierte sich von dem Papier, von Frankenberg entschuldigt sich auf dem Netzwerk öffentlich: „Auch ich hätte das Positionspapier vor der Veröffentlichung noch einmal persönlich prüfen müssen. Es tut mir wirklich leid, dass ich das versäumt habe.“ In der am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme des Beirats heißt es: „Durch die Umstellung auf eine agilere Arbeitsweise haben sich die Entscheidungsprozesse innerhalb des Beirats in den vergangenen Monaten stark verändert. Wichtige Checks-and-Balances-Vorgänge, die für eine solche Arbeit fundamental sind, haben in diesem Moment nicht ausreichend stattgefunden. So ist leider ein falsches und veraltetes Dokument an das Bundeswirtschaftsministerium gegangen.“ Gerlinger ergänzt: „Diese Formulierung entspricht weder der Position des Beirats noch der der Mit-Autoren noch der von mir.“

Das vollständige Positionspapier finden Sie hier auf Netzpolitik.

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