Immer differenziertere Strategien

Trends im Private Equity Secondary-Markt

Robert Massing, Solutio (li.), Ralph Guenther, Pantheon
Robert Massing, Solutio (li.), Ralph Guenther, Pantheon

Bildnachweis: © Solutio/Pantheon.

Der Markt für Private Equity Secondaries hat sich von einem Nischenphänomen in den 1990er-Jahren zu einer eigenen Sub-Anlageklasse innerhalb von Private Equity entwickelt. Im Jahr 2019 wurde ein Rekord-Transaktionsvolumen von fast 100 Mrd. USD umgesetzt, nach einem Rückgang auf 60 Mrd. USD sieht es 2020 nach einem erneuten Rekordvolumen aus. In einem ohnehin sehr dynamischen Umfeld für Private Equity ist der Secon­daries-Markt eines der am schnellsten wachsenden Segmente.

Auch das Fundraising für Secondaries-Fonds erreicht Rekord­niveaus. Im Jahr 2020 betrug das Volumen neu aufgelegter Secondaries-Fonds sage und schreibe 87 Mrd. USD (McKinsey Private Equity Report 2021), womit der alte Rekord bei 45 Mrd. USD im Jahr 2017 deutlich übertroffen wurde. Dabei ist festzuhalten, dass der Löwenanteil dieses Volumens sich auf eine Handvoll sehr großer Anbieter verteilt, deren Fondsgrößen den Umfang von großen Buyout-Fonds angenommen haben.

Dry Powder und Transaktionsvolumen

Gelegentlich wird behauptet, dass das Dry Powder – also das noch nicht investierte Kapital aus bereits auflegten Fonds – in den am Markt befindlichen Secondary-Fonds ein ungesundes Volumen angenommen habe. Aus unserer Sicht ist dies ausdrücklich nicht der Fall: Setzt man das Dry Powder in Relation zu dem Transaktionsgeschehen, stellt man fest, dass es circa zwei bis drei Jahre des Transaktionsvolumens repräsentiert. Dieser Zeitraum entspricht in etwa der durchschnittlichen Inves­titionsphase eines Secondary-Fonds. Daher kann nicht von einem dramatischen Überangebot gesprochen werden, erst recht nicht, wenn man das starke Wachstum des Transaktionsvolumens mit berücksichtigt.

Zunehmender Reifegrad des Markts

Ein weiteres Zeichen für den zunehmenden Reifegrad dieses Markts sind die immer differenzierteren Strategien, mit denen die Fondsmanager am Markt operieren. Waren es in den 1990er-Jahren und bis 2010 eigentlich hauptsächlich Portfoliodeals, bei denen LP-Anteile den Besitzer wechselten, so ist heute eine enorme Vielfalt an Transaktionstypen und Anlagestrategien zu beobachten.

GP Led Deals stark wachsend

Neben den traditionellen LP Interest-Transaktionen ist besonders das Segment der sogenannten GP Led Deals stark wachsend. Neben spezialisierten Anbietern von Secondaries sind es vor ­allem die breiteren Private Equity-Plattform-Anbieter, die im Markt aktiv sind, ebenso wie die sehr großen Endanleger (LPs), etwa bedeutende Versicherungen, Pensionsfonds und SWFs. Diese Deals sind meist konzentrierte Portfolios eines einzigen Managers – im Extremfall Single Company Secondaries – und orientieren sich in aller Regel eher an den Liquiditätserfordernissen eines Fonds/Managers als an denen der LPs.

Secondary-Fonds für fast alle Sub-Anlageklassen

Die Strategien der Secondary-Fonds sind mittlerweile ebenfalls sehr differenziert. Für fast jede relevante Sub-Assetklasse existie­ren spezialisierte Secondary-Fonds. Dies gilt für Private Equity ebenso wie für die Anlageklassen Infrastruktur und seit einiger Zeit auch Private Debt. Im Private Equity-Bereich gibt es Secondary Fonds, die sich auf bestimmte Transaktionen spezialisieren. Damit besteht für Anleger eine breite Auswahl von Möglichkeiten, ein Exposure zugeschnitten auf ihre jeweiligen Investitionsbedürfnisse aufzubauen. Ein weiteres wichtiges Unterscheidungs­merkmal ist der Umgang mit Financial Leverage: Nicht wenige Secondary-Fonds nutzen Leverage auf Fondsebene, was natürlich nicht nur zu einer Verbesserung der Renditen führt, sondern auch zu einer Erhöhung des dafür einzugehenden Risikos.

Preisniveau bei Sekundärtransaktionen

Die gezahlten Preise bei Sekundärtransaktionen hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die Entwicklungen und Bewertungs­niveaus an den Kapitalmärkten sind einer der wichtigsten Parameter. Nachdem seit circa 2014 fast nur noch einstellige Abschläge auf die NAVs der gehandelten Portfolios beobachtet wer­den konnten, kam es 2020 im Zuge der coronabedingten Verwerfungen im ersten Halbjahr zu teils deutlich höheren Abschlägen. Dieser Effekt ist allerdings im Laufe dieses Jahres wieder weitgehend verpufft. Neben den Ausschlägen der Kapitalmärkte sind es vor allem Faktoren wie die Qualität der Fondsmanager und Assets und die zugrunde liegende Bewertungspraxis des GPs, die den Preis bestimmen. Gerade die Bewertungspolitik des betreffenden Managers ist einer genaueren Prüfung zu unter­ziehen, da ein Abschlag auf den NAV nur im Zusammenhang mit der angewendeten Bewertungspraxis eine Aussagekraft über die Vorteilhaftigkeit einer Transaktion hat.

Secondaries in frühen Phasen des Aufbaus beliebt

Generell ist festzustellen, dass Secondaries als Variante innerhalb der Anlageklasse Private Equity aufgrund ihrer vom reinen Primärfondsinvestment abweichenden Eigenschaften genutzt werden: Insbesondere die wichtige Performancekennzahl IRR ist im Vergleich zu einem Primärfondsinvestment höher, der TVPI dafür im Vergleich eher etwas niedriger. Die Abrufgeschwindigkeit ist schneller, und die Rückflüsse kommen auf der Zeitachse ebenfalls früher. Daher verwundert es nicht, dass Secon­daries gerade in frühen Phasen des Portfolioaufbaus ­gerne eingesetzt werden.

Fazit

Das Aufkommen von Secondary-Fonds hat wesentlich zum Erwachsenwerden des Private Equity-Markts beigetragen: Die durch die Möglichkeit eines Ausstiegs bereitgestellte Liquidität wird von fast allen Marktteilnehmern zunehmend geschätzt.

Zu den Autoren:

Robert Massing (li.) ist Vorstand der Solutio AG Anlagekonzepte für Institutionen. Ralph Guenther ist Partner bei Pantheon und für den deutschsprachigen Markt verantwortlich.