Erfolgsfaktor Transaktionsmanagement

(v.l.n.r.) Dr. Bernhard Noreisch, LL.M., (li.) und Jan-Phillip Kunz, LL.M.

Die Gesellschafter veräußern in der Regel 100% ihrer Anteile an einen regelmäßig einzelnen Käufer. Der Kreis der Verkäufer ist hingegen sehr heterogen und setzt sich üblicherweise aus Gründern beziehungsweise deren Holdinggesellschaften, Frühphaseninvestoren und weiteren Later Stage-Investoren zusammen. Interessendivergenzen sind vorprogrammiert – eine effiziente Prozesssteuerung und Exit-Beratung sind daher entscheidende Erfolgsfaktoren.

Die einzelnen Verkäufer haben aufgrund ihrer stark variie­ren­den Einbindung in das operative Geschäft des Ziel­unternehmens einen unterschiedlich ausgeprägten Informationsstand, zeigen meist unterschiedlich starkes Interesse an der Organisation und zielstrebigen Durchführung der Transaktion und bringen eine unterschiedlich hohe Bereitschaft mit, Haftungsrisiken zu tragen. Außerdem bestehen oftmals abweichende Vorstellungen über die Mindestkaufpreishöhe und die Kaufpreisverteilung. Um eine Exit-Transaktion zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, bedarf es daher Führung, Kommunikation und Koordination.

Auswahl und Ernennung eines Verhandlungsführers

Die Erfahrung zeigt, dass es sich auszahlt, wenn man bereits zu Beginn des M&A-Prozesses hierfür die Grundlagen legt. Dazu gehört die Ernennung eines Verhandlungsführers, der zum einen den Wunsch des oder der Kaufinteressenten nach einem eindeu­tigen Ansprechpartner für die Verhandlungen bedient und zum anderen die Kommunikation des Verkäuferkreises kanalisiert und koordiniert. Voraussetzung hierfür ist die Bereitschaft des Verhandlungsführers, diese durchaus zeitlich und inhaltlich fordernde Aufgabe aktiv zu übernehmen und dabei die Interessen aller Verkäufer an einem ökonomisch optimalen Exit zu vertreten. Alternativ kommt auch ein Team aus zwei Personen in ­Betracht, um diese Funktion auszufüllen. Die Auswahl des Verhand­lungsführers sollte daher wohlüberlegt erfolgen.

Interessendivergenzen und Transaktionsrisiken minimieren

Neben diesem eher praktischen Aspekt spielt im Verhältnis der Verkäufer untereinander die Frage des Haftungsregimes eine entscheidende Rolle. Der Käufer verlangt von den Ver­käufern regelmäßig bestimmte Garantien zur unbelasteten Rechtsinhaber­schaft an den veräußerten Anteilen (die sogenannten Rechts­garantien) und Garantien hinsichtlich des rechtli­chen Status quo des Zielunternehmens. Letztere beinhalten etwa Garantieerklärungen in Bezug auf die Richtigkeit des letzten Jahres­ab­schlusses, die IP-Rechte, Mitarbeiter, wesent­lichen Vertragsbezie­hungen und Compliance (die sogenann­ten Geschäftsgaran­tien). Darüber hinaus wird der Käufer zumindest eine Freistellung für Steuerverbindlichkeiten (inklusive Sozialversicherungsbeiträgen) aus Zeiträumen bis zum Vollzug der Exit-Transaktion verlangen.

Wer gibt welche Garantieerklärungen ab?

Hinsichtlich der Rechtsgarantien entspricht es dem Marktstandard, dass jeder Verkäufer in Bezug auf die von ihm veräußerten Anteile entsprechende Garantien abgibt. Das folgt aus der (zutreffenden) Erwartungshaltung, dass jeder Verkäufer in der Lage ist, seine eigenen rechtlichen Verhältnisse zu überblicken und hierfür die Haftung zu übernehmen. Anders verhält es sich mit den Geschäftsgarantien und einzelnen Freistellungssach­verhalten. Die wenig bis gar nicht ins operative Geschäft der Zielgesellschaft eingebundenen Investoren sind regelmäßig nicht bereit oder in der Lage, diesbezüglich Garantieerklärungen abzuge­ben. Auch strukturell ist es nicht empfehlenswert, als Finanz­investor operative Garantien ohne tatsächliche Sachverhaltskenntnis zu erklären, denn eine solche Garantieerklärung „ins Blaue hinein“ kann rechtlich als bedingt vorsätzliche Garantieverletzung qualifiziert werden. In einem solchen Fall würden etwa vereinbarte Haftungsausschlüsse und -begrenzungen nicht greifen.

Interessengerechte Verteilung von Haftungsrisiken

Dennoch können sich Investoren wirtschaftlich an dem Haftungsrisiko aus solchen nicht von ihnen selbst abgegebenen Geschäfts­garantien beteiligen. Dazu sind im Verhältnis der Verkäufer untereinander entsprechende Regelungen zu treffen, ­wonach die wirtschaftlichen Risiken einer Geschäftsgarantieverletzung von allen Verkäufern anteilig getragen werden – entweder indem ein Treuhandbetrag (Escrow) entsprechend an­teilig gespeist wird oder indem die Haftungsbeteiligung bei der Kaufpreisverteilung Berücksichtigung findet. Für derartige Abreden wird regelmäßig zwischen den Verkäufern eine Verkäufer-Innenvereinbarung geschlossen. Dies ermöglicht eine interessengerechte Verteilung der Haftungsrisiken. Nur entschärft, aber nicht beseitigt wird diese Problematik, wenn der Käufer im Rahmen des Anteilskaufvertrags die Verpflichtung übernimmt, eine Warranty & Indemnity-Versicherung abzuschließen und in der Folge die Haftung der Verkäufer auf 1,00 EUR begrenzt wird: Denn auch hier bleibt es bei der zuvor beschriebenen Haftungsproblematik im Fall einer bedingt vorsätzlichen Garantieverletzung oder in Bezug auf etwaige vom Versicherungsschutz ausgenommene Ansprüche.

Regelungen zur Kaufpreisverteilung

Im Rahmen der Verkäufer-Innenvereinbarung können zudem Fra­gen der Kaufpreisverteilung geregelt werden. Das betrifft zum Beispiel die Umsetzung vereinbarter Erlöspräferenzregelungen oder Fragen zur Abwicklung von Ansprüchen Berechtigter eines virtuellen Mitarbeiterbeteiligungsprogramms, das anlässlich der Exit-Transaktion Zahlungsansprüche auslöst. Häufig werden die Verpflichtungen der Gesellschaft aus solchen Programmen vor der Exit-Transaktion durch eine entsprechende Schuldüber­nahmevereinbarung in die Verkäufersphäre verlagert. Dadurch werden zum einen mögliche steuerliche Risiken einer verdeckten Gewinnausschüttung minimiert, und zum anderen entfällt das Erfordernis, den Kaufpreis in Höhe der aus dem Mitarbeiter­beteiligungsprogramm anfallenden Verpflichtungen zu reduzieren. Aufgrund der (üblichen und durchaus nachvollziehbaren) Annahme des Käufers, dass die Abwicklung bestehender Mitarbeiterbeteiligungsprogramme nicht in seine Sphäre fällt, wird dieser die Verlagerung in die Verkäufersphäre begrüßen. Bei der anschließenden Abwicklung der Zahlungen an die Berechtigten ist zu beachten, dass jeweils nur die Netto-Zahlungsbeträge zur Auszahlung an die Berechtigten kommen. Die Beträge für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Sozialversicherungsbeiträge flie­ßen an die Zielgesellschaft, um von dieser abgeführt zu werden. Schließlich werden auch die Ansprüche der eingeschalteten Transaktionsberater (M&A-Berater, Rechtsanwälte und Steuerberater) bei der Erlösverteilung berücksichtigt. Der Verkäufer-Innenvereinbarung sollte eine konkrete Erlösverteilungsberechnung als Anlage beigefügt werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Zur Vereinfachung der Abwicklung der Zahlungsströme bietet es sich an, mit einem gemeinsamen Verkäuferkonto zu arbeiten, auf das der Käufer sämtliche Kaufpreiszahlungen leistet. Von die­sem Verkäuferkonto werden dann die jeweiligen Kaufpreisanteile an die Verkäufer und sonstigen Zahlungsempfänger geleistet.

Fazit

Zusammenfassend sind bei der Vorbereitung und Durchführung von Exit-Transaktionen stets die unterschiedlichen Positionen der Verkaufsparteien zu berücksichtigen. Mit einer klaren Trans­aktionsstruktur und transparenter Kommunikation lassen sich die bestehenden Interessendivergenzen aber regelmäßig gut aus­gleichen und mögliche Konfliktpunkte frühzeitig klären.

Zu den Autoren:
Dr. Bernhard Noreisch, LL.M., (li.) und Jan-Phillip Kunz, LL.M., sind als Rechtsanwälte in der Praxisgruppe Venture Capital und M&A der Lutz | Abel Rechtsanwalts PartG mbB am Standort München tätig. Ihr Beratungsschwerpunkt liegt in der rechtlichen Begleitung von Finanzierungsrunden und Exit-Transaktionen.