„Die Entwicklungen in der Ukraine und ihre Auswirkungen stellen alles in den Schatten“

Interview mit Robert Massing, Solutio

Robert Massing, Solutio AG
Robert Massing, Solutio AG

Bildnachweis: Solutio AG.

Krieg in der Ukraine, Zinswende, Inflation und Rohstoffmangel – wir durchleben bewegte Zeiten. Die Herausforderungen an Regierungen, Unternehmer, aber auch an Assetmanager sind signifikant gestiegen. Prognosen sind aktuell kein leichtes Unterfangen. 

VC Magazin: Ihre Kunden sind Versicherungsunternehmen, Pensionskassen, Versorgungswerke, Banken, Finanzinstitute, Family Offices und Stiftungen aus Deutschland und Österreich. Beobachten Sie signifikante Veränderungen in der Anlagestrategie dieser Institutionen?
Massing: Die genannte Gruppe sind langfristig investierende Investoren. Eine  Änderung der grundsätzlichen Strategie ereignet sich, auch bei schwerwiegenden Ereignissen, nicht ad hoc. Wir haben beobachtet, dass im Nachgang zu exogenen nicht vorhersehbaren Ereignissen im Rahmen der Grundsatzstrategie eine Re-Allokation der Portfolios stattfand. Dies hat regelmäßig zu höheren Allokationen in weniger volatile Private Market Assets geführt. Auch aktuell können wir ein steigendes Interesse an Secondaries bei unseren Investoren sehen. 

VC Magazin: Solutio entwickelt Anlagemodelle in den Bereichen Private Equity, Private Debt sowie Infrastruktur und Real Estate. Was wird in der aktuellen Situation besonders stark nachgefragt, was weniger?
Massing: Neben den Sekundärfonds erwarten wir durch die Rückgänge an den liquiden Märkten in den kommenden Quartalen auch entsprechende Bewertungskorrekturen bei den illiquiden Märkten. Dies ist aus unserer Sicht eine Opportunität. Ferner gehen wir davon aus, dass nicht nur Secondaries, sondern auch Primärfonds von zu erwartenden Preiskorrekturen profitieren werden. Mit unseren Private Market-Produkten sind wir darauf vorbereitet. 

VC Magazin: Inwieweit belastet oder bremst die bevorstehende Zinswende die Investitionsentscheidungen?
Massing: Wir gehen davon aus, dass die Zinsen in der Eurozone real negativ bleiben. Die Verschuldungssituation der meisten Eurostaaten lässt keine starken Zinserhöhungen seitens der EZB zu. Daher erwarten wir, dass Anleihen im Euroraum unverändert unattraktiv bleiben und die gerade in den letzten Wochen starke Volatilität der Aktienmärkte die Attraktivität der Private Markets weiter steigert. Insofern bremst unseres Erachtens nicht die Zinswende die Investitionsentscheidung, sondern die Unsicherheit über die weitere Entwicklung des Krieges in Europa.

VC Magazin: Welche externen Einflüsse beeinträchtigen Ihr Geschäft darüber hinaus am meisten?
Massing: Die Entwicklungen in der Ukraine und die wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Konflikts auf die Energie- und Rohstoffversorgung stellen aktuell naturgemäß alles in den Schatten. Dabei darf man aber auch nicht übersehen, dass China gerade wieder weitgehende Quarantänemaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ergriffen hat. Dies wird erneut Einfluss auf die Lieferketten haben und die wirtschaftliche Erholung weltweit bremsen. Generell sind die Auswirkungen aber in Europa ausgeprägter als in den USA, weshalb wir für die USA eine bessere konjunkturelle Entwicklung erwarten als für Europa.

VC Magazin: Private Equity-Häuser haben zuletzt vermehrt auch in Wachstumsunternehmen investiert – eine interessante Anlageklasse für ein neues Produkt Ihres Hauses?
Massing: Für uns ist das Growth-Segment keine neue Anlageklasse, da wir seit mehr als zehn Jahren in unseren Private Equity-Dachfonds eine entsprechende Allokation dafür vorsehen. Wir haben mit Growth Investments in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen gemacht. Richtig ist die Beobachtung, dass die Anzahl der aufgelegten Zielfonds steigt. Das ist gut für dieses Segment, da die Auswahl breiter und die Strategie dadurch spitzer wird. 

VC Magazin: Mit einem neuen Fonds bewegen Sie sich im Private Equity-Segment auf dem asiatischen Markt. Warum ist Asien für Sie ein besonders spannendes Feld?
Massing: Wir sehen im asiatischen Private Equity-Markt weiterhin eine große Opportunität. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und des Wachstumspotenzials lautet die Frage aus unserer Sicht nicht mehr „Warum jetzt?“, sondern vielmehr „Wie richtig?“. Der richtige Ansatz ist entscheidend, um das Wachstumspotenzial zu erschließen. Dies bedeutet, in Manager zu investieren, die das für ihre Region passende Konzept fokussieren, beispielsweise für China E-Commerce und Social E-Commerce, für Korea Chaebol Carve-outs und für Australien Nachfolgethemen. 

VC Magazin: Welche Pläne und Ziele verfolgen Sie darüber hinaus für dieses Jahr?
Massing: Wie bei allen Anbietern stehen bei uns die Themen ESG/Impact Investments und erneuerbare Energien im Zentrum der Produktentwicklung. Auch wenn alle unsere Fonds bereits in der Vergangenheit ESG in ihren Investmentprozessen berücksichtigt haben, steht die Entwicklung dedizierter Produkte zu diesen Themen im Fokus.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Interviewpartner:
Robert Massing
ist als Vorstand der Solutio AG in Grünwald für die Ressorts Investor Relations, Business Development, Marketing, Presse und Personal zuständig. Das 1998 gegründete Unternehmen entwickelt Anlagekonzepte für institutionelle Anleger im Bereich Alternative Assets und verwaltet derzeit rund 6,5 Mrd. EUR in den Assetklassen Private Equity, Infrastruktur, Private Debt und Immobilien.