„Als Evergreen-Fonds haben wir einen langen Atem“

Interview mit Peter Pauli, BayBG

Peter Pauli, BayBG
Peter Pauli, BayBG

Bildnachweis: © BayBG.

Die BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft besteht seit nunmehr 50 Jahren. Peter Pauli, Sprecher der Geschäftsführung, wirft einen Blick zurück, auf aktuelle Herausforderungen und das Jubiläum. 

VC Magazin: Die BayBG feiert ihr 50-jähriges Jubiläum. Die erste Beteiligung war an Reber, dem weltweit bekannten Hersteller der Mozartkugeln. Wie oft werden Sie heute noch darauf angesprochen?
Pauli: Dieses Jahr werde ich anlässlich des Jubiläums tatsächlich häufig auf Reber angesprochen. Die Zusammenarbeit war über Jahrzehnte sehr erfolgreich, wir sind allerdings heute nicht mehr beteiligt. 

VC Magazin: Welche Beteiligungen sind Ihnen im Laufe der Zeit in Erinnerung geblieben, gab es ein persönliches Highlight?
Pauli: Ich habe kein persönliches Highlight in diesem Sinne. Die BayBG blickt auf viele erfolgreiche Beteiligungen zurück. In Erinnerung bleiben besonders Unternehmen, die wir bis zum IPO begleitet haben. Über die Jahre sind der BayBG acht Börsengänge gelungen. Die letzten beiden IPOs – nfon und va-Q-tec – sind Storys, bei denen wir zu den ersten Investoren nach Gründung zählten und bis zum Börsengang dabei waren. Schwerpunkt unserer Tätigkeit sind aber nach wie vor Mittelstandsbeteiligungen, die teilweise weniger spektakulär sind, bei denen wir uns aber immer freuen, wenn wir zusammen mit den Unternehmern erfolgreich waren. 

VC Magazin: Das Venture Capital-Segment kam 1982 hinzu – und besteht damit seit 40 Jahren, in denen von Wende, Dotcomblase über Finanzkrise bis zu Rekordinvestments mitten in der Pandemie viel passierte. Wie bewerten Sie diese Zeit?
Pauli: Die BayBG ist seit 1985 im Venture Capital-Geschäft tätig. Aktuell haben wir in diesem Segment 60 Mio. EUR investiert, ein wichtiges Geschäftsfeld. Die deutsche Venture Capital-Szene hat sich ab Anfang der 1980er-Jahre langsam entwickelt und nahm im Zuge von Dotcom und Neuem Markt erst richtig Fahrt auf. Der BayBG gelangen in dieser Phase auch die ersten Börsengänge. In dieser Zeit gab es aber auch viele Übertreibungen und Fehleinschätzungen; als um die Jahrtausendwende die Dotcomblase platzte, erlitt auch das Wagniskapitalgeschäft einen Rückschlag. Es gab wenig Kapital im Markt, die Venture Capitalisten hatten Schwierigkeiten im Fundraising. Bereits vor der Finanzkrise hatte eine allmähliche Erholung stattgefunden, die Politik erkannte die Bedeutung der Start-up-Szene und es folgte nach der Finanzkrise ein neuer Aufwärtstrend. Heute hat sich das Angebot deutlich professionalisiert, es gibt mehr Wagnisinvestoren und mehr Kapital im Markt, im Vergleich etwa zur USA haben wir aber auch immer noch Nachholbedarf.

VC Magazin: Ist der Markt damit erwachsen geworden?
Pauli: Der Markt ist viel erwachsener und professioneller geworden. Gleichzeitig sind momentan einige Übertreibungen bei den Bewertungen festzustellen. Ich rechne aber nicht damit, dass es nochmals einen Einbruch geben wird wie nach der Dotcomblase. 

VC Magazin: Die BayBG hat im vergangenen Geschäftsjahr das höchste Investitionsvolumen in ihrer 50-jährigen Geschichte erzielt. Wie fällt Ihr Fazit dazu aus?
Pauli: Unseren Neugeschäftsrekord haben wir hauptsächlich durch Mittelstandsbeteiligungen erreicht, weil hier krisenbedingt mehr Nachfrage nach Eigenkapital besteht. Zudem haben wir unseren Investmentfokus verschoben und bieten heute Beteiligungen bis 10 Mio. EUR an. Aber auch das Venture Capital-Geschäft lief mit Neuinvestments in Höhe von 11 Mio. EUR sehr gut.

VC Magazin: Welche Erwartungen bringen dadurch auch Start-ups in den Gesprächen mit Ihnen mit?
Pauli: Wir spüren bei interessanten Start-ups einen Wettbewerb seitens der Venture Capital-Investoren. Dadurch vertreten die Gründer ihre Vorstellungen noch selbstbewusster und erzielen höhere Investitionsvolumina und Bewertungen. 

VC Magazin: Welche Mehrwerte bringt die BayBG gegenüber einem anderen Investor mit?
Pauli: Wir haben einen starken Track Record, Erfahrung im Start-up-Geschäft und können Unternehmern viel bieten, beispielsweise durch die Vernetzung mit mittelständischen Unternehmen, an denen wir beteiligt sind. Als Evergreen-Fonds haben wir zudem die Kraft, Unternehmen langfristig zu begleiten. Damit ein Start-up einen erfolgreichen Exit schafft, können durchaus zehn Jahre vergehen. Diesen langen Atem bringen wir mit. Im Mittelstandssegment gibt es wohl keinen Investor, der mehr Erfahrung bei der Begleitung von Expansions-, Nachfolge- und Turnaround-Situationen hat. 

VC Magazin: Berlin und Bayern stehen oft in Konkurrenz zueinander. Welche Vorteile bringt Bayern gegenüber der Hauptstadt?
Pauli: Berlin ist die größte, internationalste und hippste Stadt in Deutschland – das lockt viele junge Menschen und Talente sowie internationale Investoren an. München bzw. Bayern hingegen haben bei belastbaren Technologien in Sachen Deeptech wesentlich mehr zu bieten. Zudem greift Bayern auf einen guten Mix aus DAX-Konzernen, mittelständischen Unternehmen, Forschungsinstituten, Universitäten und Investoren zurück. Ich bin sehr optimistisch für den Standort Bayern. 

VC Magazin: Welche Rolle spielen ausländische Investoren bei Ihren Investments im Start-up-Umfeld?
Pauli: Bei größeren Finanzierungsrunden in späteren Phasen sind fast immer ausländische Investoren beteiligt; wir begrüßen das durchaus. Empfehlenswert für die Unternehmen ist ein gesunder Mix aus ansässigen und internationalen Investoren – davon profitieren alle Beteiligten. 

VC Magazin: Es gibt aber durchaus auch Stimmen im Markt, die sich angesichts des ausländischen Engagements über steigende Preise sorgen.
Pauli: Wir haben jahrelang über zu wenig Kapitalangebot insbesondere in späteren Finanzierungsrunden diskutiert. Ausländische Investoren bringen ausreichend Kapital mit, sodass das Angebot steigt. Ich sehe grundsätzlich keine besorgniserregenden Übertreibungen. Die gesamte Wertschöpfungskette bei zum Beispiel amerikanischen Investoren ist eben anders: Die Einstiegspreise sind höher, aber es werden auch beim Exit höhere Bewertungen erzielt als hierzulande. 

VC Magazin: Welche Erwartungen haben Sie für das Beteiligungsgeschäft mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen?
Pauli: Im Start-up-Sektor sehe ich keine großen Probleme, nach wie vor ist viel Kapital am Markt und wir leben in Zeiten von technologischen Umbrüchen – ein gutes Umfeld für Start-ups. Die größeren Herausforderungen stellen sich den mittelständischen Unternehmen insbesondere im industriellen Sektor, die mit Fachkräftemangel, Lieferkettenengpässen sowie steigenden Rohstoff- und Energiekosten zu kämpfen haben. Die Inflation wird zu höheren Finanzierungskonditionen führen, also durchaus ein anspruchsvolles Szenario in den nächsten Jahren. Heute können wir vermutlich noch gar nicht die gesamte Dimension der Konsequenzen aus den jüngsten Krisen umreißen. 

VC Magazin: Wird sich dadurch künftig möglicherweise auch Ihr Investitionsfokus in Richtung erneuerbare Energien verschieben?
Pauli: Im Mittelstandsgeschäft werden wir den Weg der Unternehmen hin zu nachhaltiger Energieversorgung sowie die damit verbundenen Investitionen begleiten. Im Start-up-Segment liegt unsere Kompetenz auf Digitalisierung, Enterprise Software und Medizintechnik; wir sehen dort nach wie vor viele interessante Start-ups. 

VC Magazin: Was wünschen Sie der BayBG für die nächsten 50 Jahre?
Pauli: Die Begleitung vieler unternehmerischer Erfolgsgeschichten, immer so motivierte und kompetente Mitarbeiter wie zum 50. Jubiläum, weiterhin die außergewöhnliche Unterstützung durch ihre Gesellschafter und wirtschaftlichen Erfolg! 

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch. 

Über den Interviewpartner:
Peter Pauli ist Sprecher der Geschäftsführung der BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft. Er ist seit 1998 für die BayBG tätig und seit 2007 Geschäftsführer. Darüber hinaus war Pauli von 2017 bis 2021 Vorstandsmitglied im Branchenverband BVK und dort für Mittelstandsthemen zuständig.