Eine getarnte Gelegenheit

Sustainable Finance Disclosure Regulation eröffnet Venture Capitalisten neue Möglichkeiten

Marie Bos, M&H Advisory and Investments
Marie Bos, M&H Advisory and Investments

Bildnachweis: ©M&H Advisory and Investments .

Die Extremwetterereignisse in ganz Europa haben den Klimanotstand in den Vordergrund gerückt. In diesem gemeinsamen Kampf setzt die Europäische Union globale Standards für die Klimapolitik bis hin zu ihren Kapitalmärkten. Die für Venture Capitalisten direkt relevante Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) wurde von der EU eingeführt, um nachhaltige Investitionen zu fördern und die Transparenz auf den Finanzmärkten zu erhöhen. Gemäß dieser Verordnung müssen Vermögensverwalter Nachhaltigkeitsrisiken ihrer Anlagen bewerten und Informationen über die Auswirkungen ihrer Anlagen auf Environmental-, Social- und Governance-Indikatoren (ESG) bereitstellen. Abhängig von ihrem ESG-Engagement werden Fonds nun in drei Kategorien eingeteilt: Artikel-sechs- (traditionelle Fonds), Artikel-acht- (Teil des Portfolios ist auf nachhaltige Investitionen ausgerichtet) und Artikel-neun-Fonds (voller Fokus auf nachhaltige Investitionen). 

Grüne Start-ups sind seit Jahren auf dem Vormarsch, und nach vielen Erfolgsgeschichten ist jetzt auch Investoren klar, dass grün auch profitabel bedeuten kann. Eine wachsende Anzahl an Wagnisinvestoren hat das erkannt, in weniger als einem Jahr stieg die Zahl der als Artikel acht und neun kategorisierten Fonds von 23,6% auf 28,6% und erreichte Ende 2021 ein Anlagevermögen von 3,32 Bio. EUR. Diese Fonds verstehen, dass eine ökologisch und sozial nachhaltige Klassifizierung ihnen nicht nur dabei hilft, die richtigen Investoren und Start-ups anzuziehen, sondern auch die besten Mitarbeiter, für die ein nachhaltiger Fokus am Arbeitsplatz immer wichtiger wird. 

Echtes Engagement für Nachhaltigkeit

Die Bedeutung nachhaltiger Finanzierungen bei der Bewältigung der Klimakrise ist weitläufig verstanden. Laut einem aktuellen PwC-Bericht erwägen 72% der Vermögensverwalter, nicht ESG-konforme Produkteinführungen vollständig einzustellen, und die meisten streben dies bis 2024 an. Die neuen Offenlegungspflichten helfen Vermögensverwaltern, ihre echten ESG-Ambitionen und ihr Engagement zu demonstrieren. Dies erlaubt den Anlegern, ihre Investitionen an ihren Nachhaltigkeitsstrategien auszurichten. Dank der harmonisierten Regulierung können Anleger die Auswirkungen und Risiken ihrer Finanzprodukte besser einschätzen. Die auferlegte Transparenz ermöglicht es ihnen, die negativen Externalitäten ihrer potenziellen Investitionen wie Wasserverschmutzung oder Entwaldung vorherzusehen. Gleichzeitig werden Risiken durch Klimawandel auf das eigene Portfolio beleuchtet. 

Wandlung zum Artikel-neun-Fonds

Entscheiden sich Fonds dafür, die strengeren SFDR-Anforderungen umzusetzen, um sich als Artikel-neun-Fonds zu qualifizieren, sehen sie sich erst einmal einer erhöhten Arbeitsbelastung für sich selbst und ihre Portfoliounternehmen gegenüber. Die Entwicklung einer ESG Policy ist hierbei noch vergleichsweise einfach. Eine robuste ESG-Strategie, die für alle relevanten Sektoren ESG-Risiken identifiziert und Kennzahlen definiert, anhand derer zukünftige Investitionen evaluiert werden können, als auch die Berichterstattung nach den Investitionen, ist aufwendiger. Hier gilt es, zeitnah neue Kompetenzen bei Fonds aufzubauen oder extern einzukaufen. Eine frühzeitige Anpassung zum Artikel-neun-Fonds erlaubt es momentan allerdings noch, der Konkurrenz einen Schritt voraus zu bleiben.

Fazit

Das Ergebnis wird aber sein, dass Fonds finanziellen, ökologischen und sozialen Erfolg nachweisen können und gleichzeitig zukünftige Haftungsrisiken reduzieren. Die nachhaltige Revolution auf den Finanzmärkten hat begonnen.

Über die Autorin:
Marie Bos ist Managing Partner bei M&H Advisory and Investments. M&H
 unterstützt Venture Capitalisten bei der Entwicklung einer ESG-Strategie und der Bewertung des Impacts und des Nachhaltigkeitsrisikos des Portfolios.