„Nicht ewig im stillen Kämmerlein tüfteln“

Gründerinterview mit Dr. Philipp Wrycza, Logistikbude

Dr. Philipp Wrycza hat Logistik studiert und in verschiedenen Positionen am Fraunhofer IML gearbeitet. Seit Oktober 2021 ist er als Co-Founder & CEO der Logistikbude GmbH für Vertrieb und Strategie verantwortlich.

Das Start-up Logistikbude bietet eine webbasierte Software für das Ladungsträgermanagement. Gründer Dr. Philipp Wrycza hat bei der Gründung und Entwicklung nicht nur von seiner Zeit bei Fraunhofer, sondern auch vom Gründungswettbewerb start2grow profitiert.

VC Magazin: Sie haben Ende letzten Jahres die Logistikbude gegründet. Wie entstand die Idee dazu? 

Wrycza: Meine Mitgründer und ich haben eine gemeinsame Vergangenheit bei Fraunhofer. Dort haben wir zusammen viele Jahre Unternehmen zu Software und Prozessen im Umgang mit Mehrwegobjekten beraten. Dabei konnten wir beobachten, dass Software in dem Umfeld zum einen immer ein aufwendiges Projekt abseits vom Kerngeschäft benötigt und zum anderen nicht modernen Usability-Standards entspricht. Hiervon haben wir dann einen Marktbedarf für eine einfach zu bedienende und sofort nutzbare Lösung abgeleitet. Bei der Umsetzung konnten wir dann auf unsere Branchenerfahrung und unser tiefes Technologiewissen in dem Bereich zurückgreifen.

VC Magazin: Welche Vorteile hat ein Onlinebusiness für Gründer? 

Wrycza: Bei Softwarelösungen im Allgemeinen und Onlinelösungen im Speziellen liegt der größte Vorteil in meinen Augen darin, dass man schnell ein MVP bauen und dieses dann direkt – am besten virtuell – vielen potenziellen Kunden zeigen kann. Das Produkt kann so rasch auf Basis von Feedback überarbeitet und erweitert werden. Später lassen sich Softwarelösungen zudem deutlich leichter skalieren, da die Grenzkosten nahezu gegen null laufen. Auch der Kapitalbedarf ist bei solchen Unternehmen anfangs meist geringer als bei physischen Produkten, was auch ein längeres Bootstrapping ermöglicht. So kann bereits ein kleines Gründerteam mit Techkompetenz ein verkaufsfähiges Produkt in wenigen Monaten an den Start bringen. Und falls es dann doch nicht erfolgreich sein sollte, fällt der Pivot deutlich leichter, als wenn die Produktionsanlage bereits gebaut ist. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass der Wettbewerb ebenfalls sehr schnell ist und bei erfolgreichen Software-Geschäftsmodellen somit häufig in kurzer Zeit Konkurrenz auftaucht. 

VC Magazin: Beim diesjährigen Gründungswettbewerb start2grow haben Sie den zweiten Platz belegt. Wie wichtig sind solche Wettbewerbe für Gründer? Was haben Sie davon für sich und Ihr Unternehmen mitgenommen? 

Wrycza: Um ehrlich zu sein, beteiligen wir uns nur an sehr wenigen Wettbewerben und glauben, dass Gründer den Fokus mehr auf die Produktentwicklung und die Kundenakquise legen sollten. Bei start2grow hat uns allerdings das Konzept überzeugt, mehr die Entwicklung der Start-ups als den Pitch in den Mittelpunkt zu stellen. Es handelt sich dort also um einen Entwicklungsprozess anstelle eines einmaligen, kurzen Vortrags. So bekommt man bei den start2grow Check-ins wertvollen Input, und insbesondere das persönliche Coaching mit Christian Rahn von Cmo2go hat uns sehr geholfen, an unseren aktuellen Herausforderungen zu arbeiten. Zudem war es für uns als junges Dortmunder Unternehmen natürlich auch ein Heimspiel. 

VC Magazin: Welche Ziele haben Sie sich mit Ihrem Start-up für das nächste Jahr gesetzt? 

Wrycza: Seit unserem Go-live im Januar 2022 konnten wir bereits eine zweistellige Zahl SaaS-Kunden gewinnen. Hiervon ausgehend wollen wir im nächsten Jahr weiter mit unseren bestehenden Kunden wachsen und selbstverständlich auch neue Kunden dazugewinnen. Dabei ist uns wichtig, weiterhin ein Standardprodukt anzubieten, welches in der identischen Form bei allen Kunden läuft und Mehrwert bietet. Perspektivisch beschäftigen wir uns damit, wie wir unseren Kunden durch Vernetzung untereinander weiteren Nutzen schaffen können.

VC Magazin: Welchen Tipp möchten Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?

Wrycza: Ich würde jeder Gründerin und jedem Gründer empfehlen, sofort mit der Umsetzung zu beginnen – ganz nach Sheryl Sandbergs Mantra „Done is better than perfect“. Viel zu oft sieht man Gründer, die Ewigkeiten im stillen Kämmerlein an ihrer Idee tüfteln, ohne die potenziellen Kunden miteinzubeziehen. Dabei braucht es nicht das perfekte fertige Produkt – was ohnehin nicht existiert – , sondern es reicht meist auch eine Landingpage oder ein in PowerPoint gebasteltes Mock-up. Darüber hinaus finde ich es sehr wichtig, Techkompetenz im Gründerteam zu haben. In meinen Augen kann man kein erfolgreiches Tech-Start-up werden, wenn man zentrale Entwicklungen extern einkaufen muss.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.