Wer Hilfe bei psychischer Belastung braucht, muss einige Hürden nehmen: von der Überwindung, zum Arzt zu gehen, bis zum langen Warten auf Termine bei Psychotherapeuten. Diesen Engpass will Selfapy lösen und dabei schneller und agiler sein, als es Patienten beim bisher üblichen Weg erleben.
VC Magazin: Wie kam es zur Idee, psychologische Beratung online anzubieten?
Blum: Als wir mit Selfapy starteten, war es unser Ziel, Menschen mit psychischen Belastungen sofortige Hilfe zu bieten. Häufig hört man Geschichten von Menschen, die zu lange warten müssen, bis sie einen Therapieplatz in Anspruch nehmen dürfen – und das nicht nur aus einem Mangel an Therapeuten mit Kassensitz. Es gibt eine Vielzahl von Gründen dafür, dass es Menschen schwerfällt, Termine mit Psychotherapeuten wahrzunehmen. Viele schämen sich, da das Thema nach wie vor stigmatisiert ist. Unsere Therapiekurse sind eine einfache und leicht zugängliche Möglichkeit, sofort psychologische Hilfe zu erhalten.
VC Magazin: Selfapy gibt es seit 2019 – zwei Jahre später befand sich Deutschland im Lockdown; Depression, Ängste und psychische Belastung waren allgegenwärtig. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Blum: Die Nachfrage nach psychologischer Unterstützung hat sich während der Pandemie erhöht. Besonders Frauen und Jugendliche haben unter den Folgen gelitten. Die psychotherapeutische Versorgungssituation in Deutschland ist durch die Pandemie noch kritischer geworden. Unsere Onlinekurse waren da eine gute Möglichkeit, sich zu Hause im sicheren Umfeld mit seiner psychischen Gesundheit auseinanderzusetzen. Das hat uns einmal mehr gezeigt, was wir für Menschen tun können.
VC Magazin: Was sehen Sie mit Blick auf die bisherige Gründerzeit als Ihr Erfolgsgeheimnis?
Blum: Ich glaube, ein wichtiger Aspekt ist, dass unser gesamtes Team hinter unserer Mission steht. Wir wollen Menschen die psychologische Hilfe bieten, die sie brauchen, und das schnell und flexibel. Das treibt an und lässt ein Team zusammenwachsen.
VC Magazin: Aus welchem Fehler während des Gründens haben Sie am meisten gelernt?
Blum: Fokus ist wichtig. Es gab in den ersten Jahren so viele Möglichkeiten, Selfapy weiterzuentwickeln, und wir haben probiert, alles gleichzeitig zu machen: verschiedene Patientengruppen, Geschäftsmodelle, Produktversionen und Märkte. Manchmal ist es besser, sich erst einmal auf einen Ansatz zu konzentrieren.
VC Magazin: Welche drei Ratschläge geben Sie Gründern mit auf den Weg?
Blum: Sucht euch erstens ein Herzensprojekt. Gründet nicht, um zu gründen, sondern schaut, welche Themen euch wirklich begeistern. Es gibt im Prozess einer Gründung immer wieder Rückschläge. Man braucht die Liebe zum Produkt und dem Unternehmen, um dranzubleiben. Gründet zweitens im Impact-Bereich. Es gibt aktuell so viele Probleme in der Welt – Gesundheit, Migration, Klima et cetera –, die es zu lösen gilt. Hierfür braucht es smarte Gründerinnen und Gründer, die mit innovativen Ideen unterstützen. Und drittens: Lasst euch nicht verunsichern. Es wird immer Rückschläge im Gründungsprozess geben, und auch kritische Stimmen. Seht diese als Erfahrungswerte an, statt euch zu sehr verunsichern zu lassen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
