Mit guten Vorsätzen vom Mittelstand lernen

Zeit der Reflexion

Dominic Faber, KKA Partners
Dominic Faber, KKA Partners

Bildnachweis: (c) KKA Partners.

Zur Rolle des Investors gehört es nicht nur, Kapital beizusteuern, sondern auch, den Gründern mit Know-how beizustehen. Da ist es natürlich von Vorteil, wenn man das gesammelte Wissen aus 15 bis 20 Jahren Gründertätigkeit einbringen kann.

Idealerweise können dadurch Hürden einfacher bewältigt und Fehler vermieden werden. Rückblickend auf die eigene Erfahrung ist hier zweierlei erwähnenswert: Zum einen bedeutet die Bewältigung von unternehmerisch „lebensgefährlichen“ Krisen stets einen immensen Kraftakt und erfordert enge Abstimmung mit mindestens ein bis zwei loyalen Mitstreitern; zum anderen lassen sich sowohl die Krisen als auch der Kraftakt durch einfache Beobachtung langjähriger Mittelstandspraktiken deutlich minimieren. Vor allem in für Unternehmer und Investoren volatilen, unwägbaren Zeiten sind Beobachtungen wie die folgende wichtig und können zumindest als guter Vorsatz für die Zukunft dienen.
Nicht TED Talks, sondern breites Vollkostenverständnis treibt überlebensnotwendige Agilität
„In der Not frisst der Teufel Fliegen“ ist vielleicht eine passende großmütterliche Volksweisheit, die heute gerne im Aufruf zur Agilität mitschwingt: Agilität beziehungsweise schnelles „Pivotieren“ ist nichts, was erst erlernt werden muss, wenn sich viele im Unternehmen für die vollen Unternehmenskosten verantwortlich fühlen. Fallen etwa coronabedingt sämtliche Umsätze aus, muss man pivotieren, um zu überleben. Die süddeutsche Mojo Rentals Deutschland GmbH hat dies beweisen müssen. Statt der geplanten Konzerte und Festivals für 2020 musste der Infrastrukturverleiher und Dienstleister für Großveranstaltungen erst die gesamte Belegschaft in der Kurzarbeit motiviert halten, um dann schrittweise neue Umsatzquellen aufzutun. Material, das vormals Menschen sicher zusammenhielt, wurde für Vereinzelungsmaßnahmen angeboten, Testzentren wurden mit Zelten beliefert. Vor allem aber kümmerte man sich um eine Myriade kleiner, lokaler Veranstaltungen, die zwischen den Lockdowns stattfanden. Ohne agiles Management und ein breites Verständnis in der Belegschaft für die Vollkosten des Unternehmens wäre das nicht möglich gewesen. Die Mitarbeiter hatten selbst die Idee, ihre Fähigkeiten (Gabelstaplerfahrer, LKW-Fahrer, Lageristen et cetera) als Sub-Unternehmer für Industrieunternehmen anzubieten. Alle haben dazu beigetragen, die Arbeitsplätze zu sichern. In diesem Jahr kam nun die verdiente Volta: über 100% Auslastung. Vom Winterschlaf in den nächsten Ausnahmezustand. Erneut bewies das Managementteam, dass Coaching, Anleitung, viel Kommunikation und eine Hands-on-Mentalität wichtiger waren, als viel Zeit für genaue Beobachtung und Planung aufzubringen. An breiter Front war klar, dass auch zu viele Aufträge schnell zu Vollkostenunterdeckung führen können – nämlich wenn man im Eifer des Gefechts nicht mehr vorausschauend und effizient disponieren kann. Die Alternative, dem Mantra „Umsatz heilt alles“ zu folgen, ist in vielen Jungunternehmen sichtbar. Mit verheerenden Folgen: Deckungsbeitragspositiver, aber vollkostenunterdeckender Umsatz zehrt erneut an der Liquidität und gab den Unternehmen trotz hoher Aktivität den Rest. Mittelständler, die seit Jahrzehnten erfolgreich wirtschaften, arbeiten nach dem Mantra „Marge vor Menge“. Das ist nichts anderes als ein vollkostenorientiertes Liquiditätsmanagement. Breit in der Organisation verankert bewirkt es intrinsische Agilität – ob die Krise nun zu wenig oder zu viel Umsatz mit sich bringt.

Vollkostenmantra für Jungunternehmen

Ist die Unternehmenskultur im Vollkostenmantra geschult, kann ein plötzliches Umschwenken von schnellem Wachstum zu schneller Profitabilität erreicht werden. Dies ist für Jungunternehmen heute wichtig, da viele Finanzierungsquellen derzeit trocken liegen.

Wachstum für den Mittelstand

Für Mittelständler stellt sich nach COVID und drohender Energierationierung eher die Frage, ob nicht wieder stärker auf Wachstumsinvestitionen gesetzt werden muss. Auch das braucht Kapital, welches durch höhere Zinsen knapper ist. Doch die Renditen für profitable Wachstumsinvestitionen steigen, was eine interne „Subventionierung“ neuer Wachstumsprojekte rechtfertigt.

Fazit

Was bleibt: Unternehmen müssen agil sein und den externen Herausforderungen mit breitem, internem Verständnis der jeweiligen Vollkosten- und Liquiditätssituation entgegentreten.

Zum Autor:

Dominic Faber ist einer von drei Gründungspartnern bei KKA Partners, die in diesem Jahr in vierjähriges Bestehen feiern. Seit über 15 Jahren hilft er Unternehmen und Führungskräften als aktiver Beirat, Investor oder Führungskraft dabei, sich weiterzuentwickeln oder Krisen zu überwinden. Als Seriengründer blickt er auf langjährige Erfahrung im Aufbau von Beteiligungsfirmen.