Spin-Off Recovery Cat gewinnt Impact Investoren

Charité-Ausgründung leistet ambulante psychiatrische Versorgung

Charité-Spin-Off Recovery Cat erhält Seedfinanzierung (c) IBB Ventures/Recovery Cat
Charité-Spin-Off Recovery Cat erhält Seedfinanzierung (c) IBB Ventures/Recovery Cat

Bildnachweis: (c) IBB Ventures/Recovery Cat.

Recovery Cat ist eine Ausgründung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité und konnte mit seiner ambulanten psychiatrischen Versorgung mehrere Impact Investoren überzeugen: Der Impact Funds von IBB Ventures, Springboard Health Angels und ein Family Office aus Heidelberg beteiligen sich mit einer Seedfinanzierung an dem Spin-Off. Erste Kliniken nutzen die Software im Rahmen einer Studie, der Soft-Launch ist für das erste Quartal geplant. Mit dem Kapital sollen die Zertifizierung zum Medizinprodukt sowie erste Verträge mit Krankenkassen und Kliniken geschlossen werden. Zudem sind weitere klinische Studien geplant. 

Sechs Mio. Menschen sind hierzulande auf die ambulante psychiatrische Versorgung aufgrund schwerer psychischer Erkrankungen angewiesen. Das Start-up Recovery Cat ist angetreten, um hier grundlegende Verbesserungen zu schaffen. Mit einer digitalen Plattform zur Therapieplanung und Symptom-Messung möchten sie Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie oder Bipolar-affektiver Störung unterstützen. Diese Patientengruppe ist bislang kaum im Fokus der digitalen Versorgung und wird bei den bisher verfügbaren Angeboten häufig sogar ausgeschlossen, obwohl der Bedarf riesig ist: „Es werden oft stark wirksame Medikamente verschrieben, die häufig auch Nebenwirkungen haben. Das kann dazu führen, dass Patienten die Therapie nach wenigen Wochen abbrechen, was erneute Krisen und Krankenhausaufenthalte zur Folge hat“, beschreibt Alissa M. Rohrbach, Mitgründerin und CEO, die Problematik. Für die Patienten ist eine passende Kombination und Dosierung der Medikamente über einen längeren Zeitraum hin wichtig und muss begleitet werden. „Unsere Software macht Informationen sichtbar, die bisher in der Blackbox zwischen den Behandlungsterminen verschwanden. Nun können wir sowohl Patienten als auch Behandlerteams datenbasiert unterstützen, Therapieverläufe besser einzuschätzen und frühzeitig auf Krisen zu reagieren”, so Rohrbach.

IBB Ventures an Bord

Die Berliner IBB Ventures hat sich mit dem seit Herbst 2022 aktiven Impact Fonds am Start-up beteiligt. Ute Mercker, Investment Director bei IBB Ventures, weiß: „Die Vielzahl der digitalen Angebote für mentale Gesundheit erstreckt sich bisher nicht auf diese Patientengruppe, obwohl gerade hier ein sehr hoher Leidensdruck bei den Patienten und ihren Familien besteht. Eine digitale Unterstützung kann stationäre (Wieder-) Aufnahmen reduzieren und die Betroffenen, deren Familien und das Gesundheitssystem stark entlasten.“ Im Kern der Software steht ein Behandlungskonzept, Measurement-based-Care (MBC), welches in anderen Bereichen der Medizin wie zum Beispiel bei Patienten mit Diabetes seit langem erfolgreich eingesetzt wird. “Im Bereich Psychiatrie fehlten bisher die Tools, um Therapieziele kontinuierlich messbar zu machen. Recovery Cat bietet genau diese Möglichkeit, damit kritische Entscheidungen, wie ein Wechsel der Medikation, nicht nur auf Einschätzungen zu einem einzelnen Zeitpunkt während der ärztlichen Kontakte basieren“, erklärt Dr. Jakob Kaminski, Mediziner und Mitgründer von Recovery Cat, der als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie seit Jahren Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie und schwere depressive Störungen an der Charité behandelt. Der von Recovery Cat verfolgte Ansatz bietet, neben dem kontinuierlichen Monitoring des Krankheitsverlaufs, auch die Möglichkeit zur kollaborativen Therapieplanung und empowert damit die Patienten. „Unsere Mission ist es, Menschen mit schweren psychiatrischen Diagnosen in der Behandlung gerecht zu werden und ihre Selbstbestimmung zu fördern“, erklärt Dennis Stratmann, der als zertifizierter Genesungsbegleiter die Produktentwicklung unterstützt. „Durch tägliche Therapie Check-Ins und Visualisierung der Daten im Verlauf bekommen sie ein Gefühl dafür, was ihnen guttut und an welchen Punkten sich eine erneute Krise ankündigt – das wiederum steigert das Selbstmanagement und die Adhärenz.“