Pause beim INVEST Zuschuss – was sind die Gründe?

Kommentar

Dr. Roland Kirchhof, Business Angels Deutschland e.V. (BAND)
Dr. Roland Kirchhof, Business Angels Deutschland e.V. (BAND)

Bildnachweis: Business Angels Deutschland e.V. (BAND).

Einen solchen Aufschrei der Angels- und Start-up Community hat es lange nicht gegeben: Seit 1. Januar nimmt das BAFA bis auf Weiteres keine Anträge auf INVEST Zuschuss mehr an. In den Sozialen Medien rumorte und rumort es und auch uns als Verband der Business Angels und ihres Ökosystems haben viele Mails und Anrufe erreicht, die Unverständnis, Ärger und Bürokratieverdrossenheit erkennen ließen.

Natürlich ist es sehr unerfreulich, dass der Staat gerade jetzt Angels und Start-ups im Stich zu lassen scheint, wo die Start-up Gründungen nach Erhebungen des startupdetectors im Jahr 2022 um 18 % gesunken sein sollen und sich aufgrund der fortdauernden Krisen Unsicherheit breit macht. Und es bleibt zu hoffen, dass wegen des – zwischenzeitlichen – Ausbleibens der Förderung keine Start-ups auf der Strecke geblieben sind.

Dennoch lohnt ein Blick auf die Fakten. Den INVEST Zuschuss gibt es seit 2013. Er ist im Sinne des EU-Rechts eine Beihilfe und damit nur zulässig, um ein wirtschaftliches Ungleichgewicht zu beheben. Die EU-Kommission hat dies damals geprüft und den Zuschuss genehmigt. Nach 10 Jahren stand eine erneute Prüfung an, weil die Kommission eigentlich davon ausgeht, dass nach diesem Zeitraum das wirtschaftliche Ungleichgewicht behoben sein sollte.

Um dies vorab zu klären, hat das Bundeswirtschaftsministerium in 2022 eine „Ex-ante-Analyse“ in Auftrag gegeben, von deren Ergebnis BAND Ende August Kenntnis erhielt. Diese Studie kam – allerdings mit einigen einschränkenden Vorschlagsvarianten – zum Ergebnis, dass der INVEST Zuschuss nach wie vor erforderlich sei und seinen Zweck erfülle. Das Bundeswirtschaftsministerium hat dann eine neue INVEST Richtlinie, die sich zeitlich an die bisherige anschließen sollte, der EU-Kommission zur Genehmigung vorgelegt. Dass dies dauern könnte, deutete jedoch BMWK-Staatssekretär Udo Philipp bereits bei seiner Rede auf dem „Deutschen Business Angels Tag“ am 28.11.2022 an: Die Kommission sei zurzeit aufgrund der verschiedenen Krisen stark mit Arbeit überlastet.

Was können Angels und Start-ups tun? Wenn irgend möglich, sollte man jetzt mit der
Beteiligungsvereinbarung abwarten. Da das BMWK ursprünglich einmal einen Termin für die Genehmigung Mitte Januar angepeilt hatte, dürfte sich die Wartezeit hoffentlich nicht mehr allzu lange hinziehen. Sollten Überbrückungsdarlehen gewährt werden, müssten ggfls. insolvenzrechtliche Implikationen bedacht werden. Außerdem darf ein späteres Investment, das INVEST gefördert wird, zumindest nach der jetzigen INVEST-Richtlinie, nicht zur Rückzahlung von Darlehen des Investors genutzt werden. Eine wie immer geartete Rückwirkung der neuen Richtlinie dürfte nach unseren Informationen ausgeschlossen sein.

Allerdings kann man optimistisch sein, dass die neue INVEST Richtlinie auch tatsächlich von der EU-Kommission genehmigt wird. Denn das BMWK konnte sich ja auf die „Ex-ante Analyse“ stützen. Hier nun liegt unsere größere Sorge: eine Variante der Vorschläge der Studie sah vor, nur noch „Virgin Angels“ in den Genuss des Zuschusses kommen zu lassen. Das würde das ganze Instrumentarium entkernen und nahezu wertlos machen, was BAND damals in seiner Stellungnahme deutlich zum Ausdruck gebracht hat.

Schon der jetzige Aufschrei dürfte den politisch Verantwortlichen aber gezeigt haben, welchen Stellenwert der INVEST Zuschuss einnimmt und dass er auch in Zukunft ein wesentlicher Tragpfeiler in der Architektur der Start-up Strategie bleiben muss.

Über den Autor:

Dr. Roland Kirchhof ist Co-Vorsitzender von Business Angels Deutschland e.V. (BAND), dem Verband der Angel Investoren und ihrer Zusammenschlüsse in Deutschland. Der an der LMU in München promovierte Volljurist war u.a. als Beigeordneter des Landkreistages NRW und als Chef der Stadtverwaltung Herne tätig. Gegenwärtig ist er außerdem Vorstand der Business Angels Agentur Ruhr e.V. (BAAR) und Geschäftsführer der Startbahn Ruhr GmbH, die Gründungsförderung und Gründungswettbewerbe betreibt.