Austrian Investing Report: 350 Startup-Investor:innen aus Österreich befragt

Austrian Investing Report 2022
Austrian Investing Report 2022

Bildnachweis: (c) Alexander Müller.

Nicht weniger als 350 österreichische Startup-Investori:nnen bzw. deren Vertreter:innen wurden zwischen Ende November und Mitte Januar für eine großangelegte Umfrage gewonnen. Hinter dem Austrian Investing Report 2022 stehen drei der relevantesten österreichischen Institutionen auf dem Gebiet: Die Austrian Angel Investors Association (aaia), die Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO) die Austria Wirtschaftsservice (aws). Umgesetzt wurde die Studie vom WU Entrepreneurship Center und dem Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria.

Generell weniger Investments, aber bei Institutionellen mehr Kapitaleinsatz geplant

Auffällig und für die beteiligten Institutionen Anzeichen für ein „schwieriges Investitionsumfeld“ ist vor allem ein Kernergebnis: Sowohl Business Angels als auch institutionelle Investoren planen dieses Jahr weniger neue Beteiligungen als im Vorjahr. Während die institutionellen aber gleichzeitig ihren Kapitaleinsatz erhöhen wollen, planen die Angels eine Verringerung.

Investment-Präferenzen: So ticken die Startup-Investor:innen Österreichs

Ansonsten wurden für den Austrian Investing Report 2022 vor allem die Investment-Präferenzen der heimischen Investor:innen abgefragt. Demnach sehen mehr als 82 Prozent der Befragten das Geschäftsmodell als Entscheidungskriterium für Investitionen, fast 73 Prozent die Technologie. Als oberstes Motiv steht für Investor:innen die Rendite im Vordergrund (21 Prozent). Ähnlich häufig werden aber auch die Unterstützung der Gründer:innen (18 Prozent), der Spaß an der Zusammenarbeit (17 Prozent) und die Weitergabe von Knowhow (12 Prozent) als Motive genannt. Klar ablesbar ist auch ein Fokus auf Startup-Investments im Inland: Mehr als 56 Prozent der Beteiligungen werden an österreichischen Unternehmen gehalten.

Klare Unterschiede zwischen Angels und Institutionellen in mehreren Bereichen

Klare Unterschiede zwischen Angel Investor:innen und institutionellen Investor:innen gibt es laut Studie bei der Diversifizierung der Anlageformen. So entfallen bei Angels etwa 21 Prozent des investierten Vermögens auf Startups, Scaleups und Spin-offs, 31 Prozent auf Immobilien, 21 Prozent auf Aktien bzw. Anleihen und 14 Prozent auf KMU und bestehende Unternehmen. Institutionelle Investor:innen agieren hingegen mit stärkerem Fokus auf Startups, Scaleups und Spin-offs. Rund 77 Prozent ihres investierten Vermögens entfällt auf diese Gruppen.

Kontakt zu Co-Investor:innen laut Austrian Investing Report 2022 häufig über persönliche Netzwerke

Unterschiede zwischen Angel Investor:innen und institutionellen Investor:innen gibt es auch bei der Auswahl der Kooperationspartner:innen bei Co-Investments. Angel Investor:innen kooperieren stärker mit anderen Angels (58 Prozent) und institutionelle Investor:innen häufiger mit anderen institutionellen Investor:innen (33 Prozent). Für die Auswahl der Partner:innen sind laut Austrian Investing Report 2022 insbesondere persönliche (47 Prozent), berufliche (34 Prozent) aber auch kuratierte Netzwerke (17 Prozent) ausschlaggebend. Ein Fünftel der Befragten investiert übrigens bevorzugt alleine.

Ausblick & Investmenttrends für 2023

Vor dem Hintergrund der derzeitig angespannten Finanzierungslage für Startups wird auch ein Ausblick für 2023 gegeben. Dabei zeigt sich laut den Studienautor:innen: Angel Investor:innen planen, ihre Anzahl an Investments um durchschnittlich 14,3 Prozent zu reduzieren (von 2,8 im letzten Jahr auf 2,4 Investments in 2023). Im Vergleich dazu planen institutionelle Investor:innen ihre Investments, um nur 6,4 Prozent zu reduzieren (von 5,6 in 2022 auf 5,3 in 2023).

Neben der „Anzahl an Investments“ wurde zudem abgefragt, wie sich das Investmentvolumen entwickeln wird. Während Angel Investor:innen 2023 im Durchschnitt 9,6 Prozent weniger Kapital in Unternehmen investieren werden (2023: EUR 380.000; 2022: EUR 420.000), planen institutionelle Investor:innen in 2023 sich mit 14,2 Prozent mehr Kapital an Unternehmen zu beteiligen im Vergleich zu 2022 (2022: EUR 6,5 Mio.; 2023: EUR 7,57 Mio.). Dazu heißt es im Report: „Bei allerdings ebenfalls weniger geplanten Investments deutet diese Steigerung darauf hin, entweder in späterphasige Unternehmen zu investieren oder aufgrund der aktuellen makroökonomischen Lage, Unternehmen durch mehr Kapital längere Runways zu ermöglichen.“

Beide Investor:innengruppen erwarten 2023 ihre Anzahl an Exits steigern zu können. Angel Investor:innen planen, für 2023 im Schnitt 0,7 Unternehmensbeteiligungen erfolgreich zu veräußern. Dies entspricht etwa einer Verdreifachung im Vergleich zu 2022 (0,25).

Schwierige Finanzierungslage & Forderungen

Insbesondere frühphasige Unternehmen werden es laut Rudolf Dömötör, Direktor WU Gründungszentrum, schwerer haben, ein Investment zu erhalten als reifere Unternehmen. Der Grund: Angel Investor:innen, die tendenziell in frühphasige Unternehmen investieren, planen für 2023 weniger Investments als 2022.

Auch aws-Geschäftsführer Bernhard Sagmeister bestätigt, dass sich die Finanzierungslage insbesondere für jüngere Unternehmen zuspitzt. „Für innovative Jungunternehmen wird es herausfordernder, in frühen Phasen Kapital einzusammeln. Dies sehen wir nicht nur in unserer täglichen Arbeit als Förderbank des Bundes, sondern bestätigt auch der Austrian Investing Report“, so Sagmeister. Insbesondere Förderprogramme wie Pre-Seed und Seedfinancing würden vermehrt nachgefragt. 52,8 Prozent der Angel Investor:innen als auch 49,6 Prozent der institutionellen Investor:innen gaben übrigens im Report an, dass ca. 50 Prozent ihrer Beteiligungen eine staatliche Förderung erhalten haben.

Im Zuge der Präsentation der Studienergebnisse bekräftigte die aaia und Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) einmal mehr ihre Forderung nach der Einführung eines Beteiligungsfreibetrags. Ein derartiger könnte auf Investor:innen-Seite laut Christiane Holzinger, aaia Boardmember und Business Angel, insbesondere bei Erstinvestments das gestiegene Investitionsrisiko teilweise abfedern. Auch weniger Bürokratie beim Gründen sowie eine Mitarbeiterbeteiligung könnten Abhilfe schaffen, wie Amelie Groß, Vizepräsidentin der WKÖ anmerkte. „Am vorbörslichen Kapitalmarkt ist es nicht Fünf vor Zwölf, sondern bereits Fünf nach Zwölf – Österreich muss hier die Weichen für ein entsprechendes Finanzierungsumfeld schaffen“, so Holzinger abschließend.

Dieser Artikel erschien zuerst auf unserer Schwesterpublikation brutkasten.com.