„Longevity wird die größte Industrie des 21. Jahrhunderts“

Interview mit Dr. Tobias Reichmuth, Maximon

Interview mit Dr. Tobias Reichmuth (Maximon)
Interview mit Dr. Tobias Reichmuth (Maximon)

Bildnachweis: Maximon.

Der Schweizer Venture Builder Maximon setzt bei seinen Investments auf den Wunsch nach dem Jungbrunnen – dabei geht es aber nicht nur um Beteiligungen im Beautysegment, sondern auch um die Vermeidung altersbedingter Krankheiten.

VC Magazin: Maximon setzt seinen Fokus auf das Thema Longevity. Welche Geschäftsmodelle sind für Sie interessant?

Reichmuth: Bei Maximon definieren wir Longevity, zu Deutsch Langlebigkeit, als die Verlängerung der gesunden Lebenszeit – den Zeithorizont, in welchem wir ohne altersbedingte Krankheiten gesund leben können. Seit 2020 haben wir unzählige Gespräche mit Wissenschaftlern und Unternehmern geführt, was dabei half, die Geschäftsmöglichkeiten im Bereich Longevity zu definieren. Kurz gesagt: Wir unterscheiden zwischen Langlebigkeitsförderung und Langlebigkeitskonsum. Was können Sie heute tun, um Ihre Langlebigkeit zu fördern, und was braucht eine Gesellschaft mit einer wachsenden Zahl von aktiven Senioren? In beiden Bereichen benötigen wir neue Produkte und Dienstleistungen. Außerdem unterscheiden wir zwischen einem hohen Biotech-Exposure und verbraucherorientierten Geschäftsmodellen. Generell vermeiden wir das Biotech-Risiko in der Frühphase – es ist zu binär. Unser Schwerpunkt liegt auf Geschäftsmodellen, die ein frühes Marktfeedback ermöglichen: Haben wir das richtige Produkt? Funktioniert unsere Marketingkampagne? So können wir schnell und unternehmerisch handeln und ein Angebot anpassen. Zudem verringert sich dadurch unser Investitionsrisiko erheblich.

VC Magazin: Welche Investitionen haben Sie bisher getätigt? Wie geht es Ihrem Portfolio in der aktuellen Krisenzeit?

Reichmuth: Bislang haben wir fünf Investitionen getätigt: Avea Life setzt auf wissenschaftlich fundierte Nahrungsergänzungsmittel. Es geht durch die Decke; vergessen Sie die Krise, wenn es um Verjüngung und Anti-Aging geht! Ich selbst nehme täglich verschiedene Avea-Präparate – und fühle mich wie 25. Biolytica ist die weltweit erste Multiomics-Datenplattform, die eine personalisierte Prävention ermöglicht. Wir integrieren das gesamte Genom, epigenomische, proteomische und mikrobiomische Daten über ein SaaS-B2B2C-Modell. Der Endkunde kann seine Gesundheitsdaten visualisiert und im Zeitverlauf sehen – und erhält hyperpersonalisierte Vorschläge für Gesundheitsinterventionen. Ayun ist eine Kette von personalisierten Walk-in-Gesundheits- und Longevitykliniken unter anderem mit Überdruckkammern, Kryokammern, Blutreinigungen, Rotlichttherapien. Im Januar 2024 öffnen wir unsere Türen in der Züricher Innenstadt auf 580 Quadratmetern und expandieren schnell in andere Großstädte. Mana Living ist ein Soho House für Senioren. Das Konzept ermöglicht aktiven und gesunden Senioren, in gehobenen Wohnformen aktiv am Sozialleben teilzunehmen – dies an schönen Orten in ganz Europa. Das erste Mana eröffnet denn auch in Lugano im Tessin. Das Schöne dabei: Es handelt sich um ein Geschäftsmodell mit geringem Kapitaleinsatz, das sich auf die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe konzentriert: Senioren! Unser neuestes Unternehmen ist ein digitales Gesundheitsunternehmen, welches sich auf die gesunde Langlebigkeit von Frauen konzentriert und die Lücke zwischen Forschung und Behandlung der Menopause schließt. Die Firma ist bereits live und verfügt über eine voll funktionsfähige DiGA-App, die eine Erstattung durch die Krankenkassen ermöglicht. Und nein – da wir unsere Firmen bis zu einer Series A und mit bis zu 10 Mio. CHF finanzieren, spüren unsere Gründer die aktuelle Finanzierungsknappheit nicht. Sie profitieren vielmehr vom Langlebigkeitsboom!

VC Magazin: Sie konzentrieren sich auf den Aufbau von Unternehmen. Was kann ein Gründer erwarten, der Maximon als Partner ins Boot holt?

Reichmuth: Unser Versprechen: Wir halten den Gründern den Rücken frei! Das bedeutet,
dass wir uns um das Seed-Kapital kümmern – mit bis zu 10 Mio. CHF pro Start-up – und sicherstellen, dass die Backoffice-Funktionen wie HR, Finanzen, Recht und IT vom ersten Tag an funktionieren und auf dem neuesten Stand sind. Am wichtigsten ist, dass wir echte Mitgründer sind: Wenn ein Team nicht vollständig ist, stellen wir temporäre Mitgründer und Venture Builder aus unserem 14-köpfigen Maximon-Team auf täglicher operativer Basis zur Verfügung – das auch über zwölf Monate und mehr, wenn notwendig. Dafür nehmen wir kein Geld – wir nehmen Anteile. So haben wir einen perfekten Interessenabgleich. Diese Konstellation ermöglicht es dem Gründerteam, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Produkt und Time-to-Market!

VC Magazin: Was muss ein Gründer bieten, damit Sie investieren?

Reichmuth: Wir suchen nicht nach Angestellten. Wenn Ihre ersten Fragen sich um Spesenregelungen drehen, sind Sie bei uns falsch. Wir brauchen echte Unternehmer, Menschen mit Tatkraft, Integrität und Ideen, die Dinge zu Ende bringen. Keine Schwätzer, sondern Menschen, die für ihr Unternehmen durchs Feuer gehen – gemeinsam mit uns, versteht sich. Wir sind auch nicht auf der Suche nach Investitionsmöglichkeiten, sondern wollen gemeinsam Unternehmen aufbauen, als Mitgründer und Investoren.

VC Magazin: Welche Erwartungen haben Sie für die Longevity-Branche in den kommenden Jahren?

Reichmuth: Es wird die größte Industrie des 21. Jahrhunderts sein. Seien wir ehrlich: Jeder wird früher oder später ein Kunde sein.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Interviewpartner:

Dr. Tobias Reichmuth ist Gründungspartner des auf Longevity fokussierten Venture Studio Maximon und Verwaltungsrat bei Avea. Er ist Serienunternehmer – unter anderem Susi Partners und Crypto Finance Group – und seit 2019 Löwe bei „Höhle der Löwen Schweiz“.