Dolce Vita in deutsch-italienischen Cross-Border-Transaktionen?

Cross-Border-Transaktionen

Sandra Bendler-Pepy (SLB Law)
Sandra Bendler-Pepy (SLB Law)

Bildnachweis: SLB Law.

Was süß beginnt, kann bitter enden: Viel zu oft starten Investoren oder Unternehmer aufgrund der Nähe zu Italien mit einer positiven Konditionierung in Transaktions-verhandlungen mit italienischen Unternehmen. Doch während der Transaktionsphase zeigt sich schnell: Italien ist sehr viel weiter weg als angenommen. Die geschäftliche, rechtliche und kulturelle Wirklichkeit sieht anders aus. Wie können Transaktionen erfolgreich gelingen?

Viele Unternehmer und Investoren gehen davon aus, mit den Gepflogenheiten in Italien vertraut zu sein. Unterschiede in geschäftlichen Usancen und rechtliche Besonderheiten werden dabei unterschätzt. Dies verkompliziert häufig die ohnehin langen Prozesse im Rahmen des Transaktionsablaufes. Italien ist ein durch viele detaillierte Regelungen und eine starke Bürokratie geprägter Markt. Sich in dem Paradox des lässigen Lebensstils einerseits und des starren Regelgerüsts andererseits zu bewegen bedarf einer profunden Kenntnis des Markts und der rechtlichen Vorgaben.

Eine Frage der Kommunikation

Italiener sind exzellente Kommunikatoren und dadurch in Vertragsverhandlungen
schnell überlegen. Deutsche Vertragspartner kompensieren dies oftmals mit Stärke und einer Erhöhung des Drucks – doch genau das kommt bei Italienern in der Regel nicht gut an. Auch die Kommunikationsweise, die den Erfolg von Vertragsverhandlungen wesentlich beeinflusst,
ist eine andere: Während deutsche Vertragspartner stolz auf ihre direkte Kommunikation sind, kommunizieren Italiener eher zwischen den Zeilen und verhalten sich zumindest nach außen hin zunächst defensiver. Hierbei sind Missverständnisse vorprogrammiert, die im Worst
Case zum Abbruch der Verhandlungen führen können.

Umfangreiche rechtliche Besonderheiten

achdem sich der italienische Gesetzgeber im Rahmen der Gesellschaftsrechtsreform im Jahre 2003 vom deutschen Recht hat inspirieren lassen, besteht vordergründig eine gewisse Ähnlichkeit, vor allem im GmbHRecht. Die teils großen Unterschiede liegen jedoch im Detail. Im Folgenden sind einige der wichtigsten für Transaktionen skizziert.

Anteilsverkauf ohne notarielle Beurkundung

In Italien können GmbH-Anteile mit Wirkung zwischen den Parteien ohne notarielle Beurkundung verkauft werden. Erst für die Abtretung mit Wirkung gegenüber Dritten ist diese erforderlich. Dies resultiert unter anderem in unterschiedlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Anteilskaufvertrags, der Anlagen sowie des Timings für Signing und
Closing.

Geschäftsführerverträge

Vom Grundsatz her besteht in Italien eine Inkompatibilität von Anstellungsverträgen
und dem Geschäftsführeramt als solchem, da Geschäftsführer nicht weisungsgebunden sein dürfen. Geschäftsführergehälter werden somit normalerweise (Ausnahmen in großen Unternehmen, in denen eine Aufgabenteilung möglich ist) nicht in einem Anstellungsvertrag
geregelt, sondern von der Gesellschafterversammlung beschlossen. Dieser Unterschied hat nicht nur Auswirkungen auf die Vertragswerke, sondern auch auf weitere Teilaspekte, zum Beispiel Wettbewerbsverbote. Da diese in Italien normalerweise nicht im Geschäftsführeranstellungsvertrag geregelt werden (können), muss dies wenn möglich im Kaufvertrag oder sonst per separater Vereinbarung erfolgen.

Abfindungen

Im Gegensatz zum deutschen Recht müssen Unternehmen in Italien Abfindungen (TFR) bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlen, und zwar unabhängig vom Kündigungsgrund und auch bei Kündigung durch den Arbeitnehmer selbst. Der TFR ist regelmäßig in italienischen
Bilanzen ausgewiesen, da er eine wesentliche finanzielle Verpflichtung der Gesellschaft darstellt. Auch für Geschäftsführer gibt es solche Abfindungen (TFM), die jedoch auf einer freiwilligen Verpflichtung seitens der Gesellschaft basieren und nicht im Codice civile (dem Bürgerlichen Gesetzbuch) geregelt sind. Da der TFM eine Form der „aufgeschobenen Vergütung“ darstellt, ist er steuerlich sowohl für die Gesellschaft als auch
für den Geschäftsführer interessant.

Wettbewerbsverbote

Gemäß Artikel 2557 des Codice civile unterliegt der Veräußerer eines italienischen Unternehmens für fünf Jahre nach der Übertragung einem Wettbewerbsverbot. Nach italienischem Rechtsverständnis sind der Vereinbarung über Wettbewerbsverbote folglich weniger starke Grenzen gesetzt als durch die in Deutschland mit Rechtsunsicherheiten verbundene entwickelte Rechtsprechung. Allerdings sollte der Kaufvertrag eine Regelung zur Vergütung/Abgeltung des Wettbewerbsverbots enthalten.

Merger Control-Mechanismen

2012 wurden in Italien die Golden Power-Regelungen eingeführt. Dadurch kann die Regierung Unternehmens- oder Finanzübernahmen durch ausländische Firmen blockieren oder regulieren, wenn diese das nationale Interesse in strategischen Sektoren gefährden könnten. Die Regelungen gelten nicht für alle Transaktionen, aber aufgrund regelmäßiger Erweiterungen des Anwendungsbereichs, insbesondere in den letzten Jahren, sollte jede Transaktion rechtzeitig genau geprüft werden.

Tipps für erfolgreiche Cross-Border-Transaktionen

Damit Cross-Border-Geschäfte möglichst konfliktfrei, effizient und erfolgreich abgeschlossen werden können, sollten folgende Regeln berücksichtigt werden:

  • eine respektvolle Kommunikation auf Augenhöhe aufbauen und eine Vertrauensbasis schaffen;
  • eine gute Strukturierung des Transaktionsprozesses und eine nachhaltige Durchsetzung der Timelines verfolgen;
  • die Zielerreichung durch fundierte Kenntnisse des Markts und der rechtlichen Rahmen-bedingungen sicherstellen.

Am Ende eint alle Beteiligten ein Ziel: der erfolgreiche Abschluss der Transaktion. Mit Offenheit, Verständnis und spezifischem Know-how kann dies gelingen.

Über die Autorin:

Sandra Bendler-Pepy ist Partnerin und Geschäftsführerin bei SLB Law mit besonderer Expertise im internationalen Transaktions- und Wirtschaftsrecht und als deutsche und italienische Anwältin Head des Italien Desks der Kanzlei.