„Automatisiertes Parken schafft erheblichen Mehrwert“

Interview mit Sören Schuster, TGFS Technologiegründerfonds Sachsen, und Stefan Jenzowsky, Kopernikus Automotive

Stefan Jenzowsky (Kopernikus Automotive) & Sören Schuster (CFH Management GmbH / TGFS Technologiegründerfonds)
Stefan Jenzowsky (Kopernikus Automotive) & Sören Schuster (CFH Management GmbH / TGFS Technologiegründerfonds)

Bildnachweis: Kopernikus Automotive, CFH Management GmbH / TGFS Technologiegründerfonds.

Das Leipziger Start-up Kopernikus Automotive setzt auf KI-basiertes fahrerloses Fahren und konnte im Februar dieses Jahres den TGFS Technologiegründerfonds Sachsen sowie Continental für ein Folgeinvestment in Höhe von 3 Mio. EUR gewinnen.

VC Magazin: Mit Ihrer KI-Entwicklung ermöglichen Sie autonomes Parken und Manövrieren zum Beispiel in einem Parkhaus oder in einer Autofabrik. Wie kam es zur Unternehmensgründung?

Jenzowsky: Kopernikus Automotive haben wir als deutsches Start-up für das KI-basierte hoch automatisierte und fahrerlose Fahren gegründet. Anlass war, dass seit 2015 überall auf der Welt signifikante Fortschritte im autonomen Fahren durch Start-ups und junge Unternehmen gemacht worden waren – nur nicht in Deutschland, im Mutterland desAutos mit seiner starken Automobilindustrie.

VC Magazin: Welche Gründe sehen Sie für dieses Hinterherhinken der deutschen Autoindustrie?

Jenzowsky: Erstens setzt man hierzulande lieber auf Evolution bestehender Fahrerassistenzsysteme und zweitens lieben die deutschen Autoentwickler das Autofahren. Wenn Lenkpräzision, „Fahrvergnügen“ und „Freude am Fahren“ ihre DNA ist, fällt es natürlich schwer, fahrerlose Fahrzeuge zu bauen.

VC Magazin: Wie hat sich Ihr Unternehmen seit der Gründung entwickelt?

Jenzowsky: Seit unserer Gründung vor sieben Jahren haben wir kontinuierlich mit der Automobilindustrie gearbeitet und die Möglichkeit ausgelotet, an welcher Stelle wir zuerst mit einer künstlichen Intelligenz Autofahren können – und dürfen. Dies ist in der Fahrzeugfabrik der Fall. Wir rüsten daher Fahrzeugfabriken und Parkhäuser mit Kameras und unserer KI-Technologie aus. In gewisser Weise bringen wir also dem Gebäude das Autofahren bei, nicht dem Fahrzeug selbst. Wir führen die Fahrzeuge mittels einer KI, die im Gebäude in einem ganz konventionellen Rechner steckt, wie große ferngesteuerte Spielzeugautos. Der entscheidende Vorteil: Das Auto selbst benötigt keine zusätzlichen Sensoren und Computer, denn die sind immer noch einige Tausend Euro teuer und nicht in allen Fahrzeugen verfügbar. Wir können jedes Serienauto mit Automatikgetriebe sofort vom Produktionsband fahren.

VC Magazin: Zu Ihren Kapitalgebern zählt unter anderem der TGFS. Wie läuft die Zusammenarbeit, welche Erfolge konnten Sie mit der frischen Finanzierungsrunde bereits erzielen?

Jenzowsky: Die Zusammenarbeit mit dem TGFS ist eng und vertrauensvoll. Der TGFS hat uns aus unserer frühesten Phase der Produktkonzeption hin zu den Fahrzeugfabriken in Europa, den USA und Asien begleitet. Zu unseren Kunden gehören heute fünf der zehn größten Automobilhersteller der Welt – damit sind wir weltweit Marktführer. Sie alle haben sich für unsere Technologie des Automated Valet Parking entschieden – und wollen diese Technologie auch zum öffentlichen Parken einsetzen, nicht nur in der Fahrzeugfabrik. Damit kann dann jeder sein Auto fahrerlos parken lassen, ob an Flughäfen, Bahnhöfen oder im Einkaufzentrum. Für diese nächste Entwicklungsphase benötigen wir frisches Kapital von etwa 10 Mio. EUR. Und bei dieser Kapitalsuche unterstützt uns der TGFS vertrauensvoll – und hat zusammen mit anderen Bestandsinvestoren bereits signalisiert, dass er auch bei unserer B-Runde wieder dabei sein wird.

VC Magazin: Welche waren die ausschlaggebenden Kriterien für Sie, um sich an Kopernikus
zu beteiligen?

Schuster: Der Markt für die Produkte von Kopernikus ist weltweit riesengroß, und die
Zeit ist reif für diese Art von Lösungen. Allein die eingesparten Arbeitskräfte bei der Anwendung in der Fahrzeugproduktion wie auch die frei werdenden Parkflächen durch das automatisierte Parken (wo die Autos enger stehen können) stellen erhebliche Mehrwerte dar. Um das Potenzial zu heben, bedarf es außer der technologischen Kompetenz viel Erfahrung
sowohl im Industrie- als auch im Start-up-Bereich. Diese Voraussetzungen haben wir beim
Team von Kopernikus gefunden und wurden nicht enttäuscht.

VC Magazin: Der Markt des autonomen Fahrens ist nicht unumstritten. Welche Investitions-
und Entwicklungschancen sehen Sie hier für Start-ups und Venture Capitalisten?

Jenzowsky: Die Entwicklung des hoch automatisierten und autonomen Fahrens ist eine der bedeutendsten technischen Innovationen unserer Zeit. Die Tätigkeit „Fahren“ ist eine der
zeitaufwendigsten weltweit. Dementsprechend groß ist das Potenzial zur Disruption.

Schuster: So faszinierend der Gedanke an einen universellen Autopiloten beziehungsweise „Robotorchauffeur“ auch ist: Dieses Gebiet wird seit Jahren mit Milliardenbudgets von den bekannten Adressen bearbeitet, Ausgang zeitlich weiterhin ungewiss. Für übliche Venture Capitalisten ist dort nichts mehr zu holen. Bei Kopernikus sehen wir dagegen eine einsatzbereite Lösung für konkret bestehende Probleme. Die Geschäftslogik folgt einem üblichen B2B- beziehungsweise B2B2C-Geschäftsmodell, auch wenn dies weniger spektakulär erscheint.

VC Magazin: Wie sehen die weiteren gemeinsamen Pläne und Ziele aus?

Jenzowsky: Wir wollen Kopernikus zum weltweiten Marktführer für das fahrerlose Parken machen: Sie kommen zum Flughafen, nehmen die Koffer heraus – und ihr Auto parkt sich von allein. Bei Bedarf fährt Ihr Auto während Ihrer Abwesenheit automatisch zur Ladesäule oder in die angeschlossene Waschanlage.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Interviewpartner:

Sören Schuster ist als Geschäftsführer der CFH Management GmbH zuständig für den Bereich Frühphaseninvestments und leitet den TGFS Technologiegründerfonds Sachsen. Er ist seit fast 30 Jahren im Venture Capital-Geschäft aktiv.

Stefan Jenzowsky ist Co-Founder und Geschäftsführer von Kopernikus Automotive. Er war Senior Vice President bei Siemens mit weltweiter Profit-/ Loss-Verantwortung von 40 Mio. EUR per annum.