„Bei Verstößen gegen den Data Act drohen hohe Bußgelder“

Interview mit Dr. André Schmidt (Lutz | Abel)

Dr. André Schmidt (Lutz | Abel)
Dr. André Schmidt (Lutz | Abel)

Bildnachweis: Lutz | Abel.

Am 11. Januar 2024 ist die „Verordnung über harmonisierte Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung“ (Data Act) in Kraft getreten. Nach einer grundsätzlichen Übergangsfrist von 20 Monaten wird sie ab dem 12. September 2025 EU-weit direkt anwendbares Recht werden. Es ist allerdings angeraten, sich schon jetzt mit der Vielzahl von Bestimmungen auseinanderzusetzen.

VC Magazin: Der kürzlich verabschiedete Data Act wird die Datenökonomie in der EU neu ordnen. Wer ist am stärksten davon betroffen?

Schmidt: Der EU-Gesetzgeber möchte mit dem Data Act den Zugang zu Daten verbessern
und die Fairness bei der Datennutzung erhöhen. Die Neuordnung betrifft personenbezogene
Daten, Maschinendaten und geschäftliche Daten jeder Art. Ein Regelungsbereich der Verordnung beschäftigt sich mit IoT-Geräten – also vernetzten Produkten – und den damit verbundenen Diensten. Anbieter solcher Produkte müssen sich stark umstellen und auch einige ihrer datenbezogenen Geschäftsmodelle überdenken. Ein weiterer Abschnitt im Data Act gilt für alle Daten, die auf Grundlage von Verträgen zwischen Unternehmen abgerufen und genutzt werden. Viele der bislang gebräuchlichen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Dienstleister sind zukünftig unwirksam. Ein weiterer Regelungsbereich richtet sich an Cloud- und Plattformanbieter, mit einschneidenden Veränderungen bei den Anforderungen an die Softwaretechnik und Vertragsinhalte.

VC Magazin: Welche Vorteile sehen Sie im verabschiedeten Data Act?

Schmidt: Die Verordnung hat die Nutzer der Produkte und Dienste im Fokus und schützt
diese. Das mögen manche als Vorteil sehen. Mit Blick auf eine freie Datenwirtschaft hat das aber auch Nachteile: So müssen IoT-Anbieter beispielsweise Vereinbarungen mit Nutzern
abschließen, wenn sie die Daten für sich oder Dritte außerhalb der Vertragserfüllung verwenden möchten. Allerdings bieten sich den Start-ups und Anbietern auf Sekundärmärkten
spannende neue Möglichkeiten für datengetriebene Zusatzservices zu IoT-Produkten, da sie einen erleichterten Datenzugang erhalten. Unternehmen auf Kundenseite erhalten zukünftig mehr Kontrolle über ihre Daten.

VC Magazin: Worauf müssen Start-ups und Investoren künftig besonders achten?

Schmidt: Einige Geschäftsmodelle, die eine exklusive Dateninhaberschaft des Anbieters voraussetzen, werden zukünftig so nicht mehr funktionieren. Das hat Auswirkungen auf den Business Case. Hier muss man schauen, ob unter den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen ein Business Case noch Bestand hat. Gegebenenfalls muss das Start-up den eigenen Service umgestalten, um den bisherigen oder einen alternativen Business Case rechtskonform realisieren zu können. Anbieter von Cloudlösungen müssen mitunter Anpassungen an dieser selbst vornehmen, um ein „Cloud Switching“ und eine Interoperabilität zu gleichartigen Cloud-Lösungen zu ermöglichen. Das alles erfordert Zeitaufwand und Ressourcen, weshalb viele unserer Mandanten mit der Umstellung schon jetzt loslegen, um die Umsetzungsfrist bis September 2025 auszunutzen. Bei Verstößen gegen den Data Act drohen genauso hohe Bußgelder wie bei DSGVO-Verstößen.

VC Magazin: In einer Online-Eventreihe, die im Februar startet, bringt Lutz | Abel den Data Act näher. Was dürfen die Teilnehmenden von der Eventreihe erwarten?

Schmidt: Wir haben uns vorgenommen, dass die Teilnehmer in den jeweils 60 Minuten der
dreiteiligen Eventreihe möglichst viele praxisrelevante Informationen für sich mitnehmen können. Die Teilnehmer sollen eine Antwort darauf erhalten, welche Auswirkungen der Data Act auf ihr Unternehmen und auf datengetriebene Geschäftsmodelle hat. Außerdem geben wir einen Einblick in einige unserer Best Practice-Ansätze, die wir bereits für Mandanten erarbeitet haben.

VC Magazin: An wen richten sich die Events?

Schmidt: Die Veranstaltung richtet sich an alle, die die Auswirkungen des Data Act auf ihr
Unternehmen und ihre datengetriebenen IT-Lösungen verstehen sollten, also insbesondere
Geschäftsleitungen und Rechtsabteilungen von Unternehmen sowie Gründer und Investoren von Technologie-Start-ups.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!

Über den Interviewpartner:

Dr. André Schmidt ist Rechtsanwalt und Partner im Hamburger Büro der Wirtschaftskanzlei Lutz | Abel. Er berät Unternehmen im Zusammenhang mit Digitalisierungsprojekten und legt einen besonderen Fokus auf die Gestaltung und Verhandlung komplexer IT-Verträge sowie haftungsträchtiger und schwieriger Datenschutzthemen.

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