„Das Zusammenspiel zwischen Forschung, Mittelstand und Start-ups entwickelt sich positiv“

Sommerinterview mit Mike Walber (ISB)

Mike Walber, Leiter Venture Capital, Beteiligungen, ISB
Mike Walber, Leiter Venture Capital, Beteiligungen, ISB

Bildnachweis: ISB.

Auch wenn das erste Halbjahr 2025 von Unsicherheit begleitet war: Der Innovationsmotor läuft. Neue Technologien wie KI und Klimatech treiben Gründungen voran, und trotz selektiver Finanzierung zeigen viele Start-ups bemerkenswerte Wachstumsstrategien. Investoren agieren fokussierter – und setzen vermehrt auf nachhaltige Modelle mit Substanz. Was die Akteure der Venture Capital-, M&A- und Start-up-Welt aktuell bewegt – und welche Chancen sie im zweiten Halbjahr sehen –, lesen Sie in unseren Sommerinterviews!

VC Magazin: Wie bewerten Sie die Entwicklung des Venture Capital-Markts in Rheinland-Pfalz im ersten Halbjahr 2025? Gab es regionale Highlights oder Trends, die besonders hervorzuheben sind?

Walber: Die Entwicklung des Venture Capital-Markts in Rheinland-Pfalz verläuft insgesamt positiv. Die Nachfrage nach VC-Finanzierungen ist nach wie vor hoch und erstreckt sich über eine breite Palette von Branchen. Besonders stark nachgefragt sind weiterhin Digitalisierungslösungen, wobei auch Hardware- und Automatisierungsprojekte eine leichte Steigerung verzeichnen. Auffällig ist zudem, dass Gründerinnen und Gründer zunehmend interdisziplinäre Ansätze verfolgen, die Technologie, Biotechnologie und digitale Geschäftsmodelle miteinander verbinden. Regionale Highlights sind insbesondere erfolgreiche Finanzierungsrunden in den Bereichen Biotech und KI, die zeigen, dass Rheinland-Pfalz im nationalen Vergleich zunehmend an Sichtbarkeit gewinnt.

VC Magazin: Wo sehen Sie in Rheinland-Pfalz für das Venture Capital-Segment strukturelle Stärken im Vergleich zu anderen Regionen?

Walber: Rheinland-Pfalz verfügt über ein engmaschiges Netzwerk, das die gesamte Fläche des Bundeslandes abdeckt und eine gute Vernetzung von Start-ups, Mittelstand und Forschungseinrichtungen ermöglicht. Unterstützend wirkt die Politik, insbesondere über das Startup Office des rheinlandpfälzischen Wirtschaftsministeriums, das Gründerinnen und Gründer bei Finanzierung, Vernetzung und Know-how gezielt unterstützt. Wissenschaftlich starke Cluster wie das Biotechcluster oder das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern bilden wertvolle Impulse für Innovationen. Außerdem tragen Initiativen wie die Vergabe der beiden Start-up-Factories in der letzten Woche dazu bei, dass junge Unternehmen schneller an Kapital, Mentoring und Marktzugang gelangen.

VC Magazin: In welchen Sektoren beobachten Sie derzeit verstärkte Gründeraktivität und Innovationsdynamik in Rheinland-Pfalz?

Walber: Besonders aktiv zeigen sich Gründerinnen und Gründer weiterhin im digitalen Bereich, insbesondere bei Softwarelösungen, KI-Anwendungen und datengetriebenen Geschäftsmodellen. Daneben nimmt die Nachfrage nach Finanzierung in hardwarebasierten Projekten zu, darunter Automatisierung, Industrie 4.0-Lösungen und intelligente Sensorik. Auch im Biotech- und Gesundheitsbereich zeigt sich eine dynamische Entwicklung, unterstützt durch die regional vorhandenen Forschungs- und Technologietransferzentren. Die Diversität der Branchen zeigt, dass Rheinland-Pfalz ein attraktiver Standort für unterschiedliche Innovationsfelder ist.

VC Magazin: Wie entwickelt sich das Zusammenspiel zwischen Forschung, Mittelstand und Start-ups?

Walber: Das Zusammenspiel zwischen Forschung, Mittelstand und Start-ups entwickelt sich positiv. Die Kooperationen werden zunehmend enger, und erste Pilotprojekte zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen und Start-ups tragen bereits Früchte. Gleichzeitig gibt es noch Potenzial, insbesondere im Bereich Matching-Veranstaltungen, Mentoring-Programmen und weiteren Vernetzungsformaten. Die 2024 gegründete Innovationsagentur leistet einen wichtigen Beitrag, um den Wissenstransfer zwischen Forschung und Wirtschaft zu intensivieren und die Gründerszene noch stärker zu fördern.

VC Magazin: Welche Impulse braucht es, damit das VC-Ökosystem in Rheinland-Pfalz weiter Fahrt aufnimmt?

Walber: Das VC-Ökosystem in Rheinland-Pfalz könnte von gezielten Impulsen profitieren, um an Dynamik zu gewinnen. Dazu zählen regelmäßige Austauschveranstaltungen, größere Events mit nationaler und internationaler Sichtbarkeit sowie Kooperationen mit angrenzenden Regionen wie Rhein-Main oder Saar-Lux, um Potenziale zu bündeln. Eine weitere Maßnahme wäre die Auflage zusätzlicher Fonds, um die Kapitalbasis für Gründerinnen und Gründer zu stärken. Auch die Förderung von Best-Practice-Initiativen, die erfolgreiche Start-ups sichtbar machen, kann dazu beitragen, das Bewusstsein und die Attraktivität der Region als Innovationsstandort zu erhöhen.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!

Über den Interviewpartner:

Mike Walber leitet die Venture Capital-Abteilung der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB). Zum Portfolio der Landesförderbank zählen rund 150 Start-ups.