„Das TZDO gilt als wichtiger Katalysator für Hightech-Start-ups“

Interview mit Dr. Joanna Stachnik, TechnologieZentrumDortmund

Dr. Joanna Stachnik (TZDO)
Dr. Joanna Stachnik (TZDO)

Bildnachweis: TZDO.

Im Interview erläutert Dr. Joanna Stachnik, Leiterin des Biomedizin Zentrums Dortmund, wie das neue Zentrum für integrierte Wirkstoffforschung (ZIW) Start-ups, KMU und Forschungseinrichtungen unterstützt – von spezialisierten Laboren bis zu Netzwerken für schnelleren Transfer in marktfähige Medikamente.

VC Magazin: Mit dem Zentrum für integrierte Wirkstoffforschung (ZIW) eröffnet das Biomedizin Zentrum Dortmund (BMZ) ein hochmodernes Laborgebäude. Was ist das Besondere an dieser spezialisierten Infrastruktur?

Stachnik: Die Einzigartigkeit des ZIW liegt in der Integration moderner branchenspezifischer Infrastruktur in ein etabliertes Gründer- und Technologieökosystem. Das ZIW bietet Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Biotechnologie und Wirkstoffforschung hochmoderne Labore für S1/S2-Nutzung und Büros sowie umfassende Netzwerke und Services. Primäres Ziel ist es, Start-ups, KMU und Forschungseinrichtungen zu ermöglichen, die wirtschaftliche Verwertung wissenschaftlicher Ergebnisse und somit die Entwicklung neuer Medikamente voranzutreiben. Als integraler Bestandteil des etablierten BMZ profitiert das ZIW von der direkten Nachbarschaft zu akademischen Spitzeninstitutionen wie dem Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie, der Technischen Universität Dortmund und Akteuren wie dem Lead Discovery Center (LDC). Dadurch entstehen für die Nutzer echte Entwicklungsmöglichkeiten in einem leistungsstarken Umfeld, das den Technologietransfer der Forschung zum marktfähigen Produkt unterstützt.

VC Magazin: Warum sollten gerade junge Life Sciences-Start-ups das neue Laborgebäude
nutzen – und welchen konkreten Mehrwert bietet es Gründern im Vergleich zu klassischen Universitäts- oder Industrielaboren?

Stachnik: Das ZIW schafft branchenspezifische Infrastruktur in der kritischen Innovationslücke zwischen akademischer Forschung und industrieller Anwendung. Es wurde gezielt für Start-ups, Ausgründungen und KMU konzipiert. Der zentrale infrastrukturelle Vorteil liegt darin, dass Gründer hochkapitalintensive Investitionen in eigene Laboreinrichtungen (wie Abzüge, Arbeitsbänke, Gasversorgung oder Gefahrstoffschränke) vermeiden. Stattdessen bietet das Zentrum auf über 8.000 Quadratmetern hochwertige, bezugsfertige S1/S2-Labore mit solider Grundausstattung auf Mietbasis. Ein wesentlicher zusätzlicher Mehrwert ist das umfassende Facility Management: Es kümmert sich nicht nur um die Gebäudetechnik, sondern entlastet die Mieter auch bei technischen Fragen und individuellen Anliegen, sodass sich die Start-ups im ZIW vollkommen auf ihre Forschung konzentrieren können. Darüber hinaus profitieren die Gründer von der direkten Nähe zu Wissenschaft und Wirtschaft sowie einem etablierten Netzwerk von potenziellen Forschungspartnern und Investoren. Das TechnologieZentrumDortmund ergänzt dies durch umfangreiche Services zur Unterstützung bei Gründung, Finanzierung und Technologietransfer – ein klarer Mehrwert für junge Unternehmen.

VC Magazin: Ab wann können die Laborräume bezogen werden, wo können Gründer Interesse anmelden?

Stachnik: Die ersten Mieter können im Sommer 2026 in die Laborräume des ZIW einziehen. Gründer und Unternehmen, die Interesse an den hoch spezialisierten Entwicklungsund Laborflächen haben, können sich direkt an mich als Leitung des Biomedizin Zentrum Dortmund wenden.

VC Magazin: Das TechnologieZentrumDortmund gilt als wichtiger Katalysator für Hightech- Start-ups. Welche Ziele haben Sie sich mit Blick auf das neue Laborgebäude und die Förderung von Life Sciences-Unternehmen gesetzt?

Stachnik: Mit dem ZIW verfolgen wir das Ziel, uns als Top-Adresse und Inkubator für Life
Sciences-Unternehmen zu etablieren. Das zentrale und übergeordnete Ziel ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, um die wirtschaftliche Verwertung von Forschungsergebnissen aus Hochschulen und Forschungsinstituten in marktfähige Anwendungen zu beschleunigen. Das ZIW bietet dabei die notwendige Infrastruktur und das geeignete Umfeld, um die Entwicklung von Wirkstoffen zu therapie- und marktfähigen Produkten voranzutreiben.

VC Magazin: Wie bewerten Sie die aktuelle Lage für Life Sciences-Start-ups in Deutschland und Europa – sowohl in Bezug auf Finanzierung als auch auf Kooperationen mit Forschung und Industrie?

Stachnik: Die Lage ist ambivalent: Einerseits sind die Innovationskraft und die wissenschaftliche Exzellenz hoch, andererseits bestehen weiterhin strukturelle Herausforderungen bei der Finanzierung. Das Ökosystem ist grundsätzlich innovativ und resilient, da Europa über eine exzellente Grundlagenforschung an Universitäten und Forschungsinstituten verfügt, aus denen die Start-ups meist als Spin-offs entstehen. Funktionierende Technologietransferökosysteme und die räumliche Konzentration der Akteure in regionalen Clustern sind hierbei ein großer Vorteil. Die zentrale Herausforderung bleibt jedoch die Finanzierungslücke, das sogenannte Valley of Death. In der Frühphase sehen sich Startups weiterhin großen Hürden bei der Suche nach initialem Risikokapital gegenüber, weshalb gezielte Förderprogramme sowie spezialisierte Frühphasen-VCs entscheidend sind. Im Wachstumsbereich fehlt es Europa im internationalen Vergleich an großen Wagniskapitalfonds, die den extrem hohen und langfristigen Kapitalbedarf für teure klinische Studien decken könnten. Dies führt dazu, dass erfolgreiche europäische Unternehmen in der Wachstumsphase häufig den Standort verlassen müssen. Die Hauptaufgabe der nächsten Jahre muss daher sein, diese Finanzierungslücken zu schließen und die Bedingungen in Europa zu verbessern, um das volle ökonomische Potenzial der Forschung in langfristige Unternehmenserfolge zu überführen.

VC Magazin: Welche Entwicklungen erwarten Sie in den kommenden Jahren im Bereich
Wirkstoffforschung, und welche Pläne hat das TechnologieZentrumDortmund (TZDO) mit dem neuen Laborgebäude, um zu einem führenden Standort in diesem Feld zu werden?

Stachnik: In den kommenden Jahren wird die Wirkstoffforschung vor allem von der Digitalisierung und Integration von Kompetenzen geprägt sein. Insbesondere Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen werden die Arzneimittelentwicklung revolutionieren. KI wird zum zentralen Beschleuniger, indem sie die Identifizierung und Optimierung von Wirkstoffkandidaten beschleunigt und somit die Ausfallraten und die Zeit bis zur klinischen Studie reduziert. Die Zukunft der Wirkstoffforschung erfordert eine stark interdisziplinär ausgerichtete Arbeitsweise, bei der die enge Vernetzung unterschiedlicher wissenschaftlicher Expertisen zum Schlüssel für schnelle Innovationserfolge wird. Unsere Strategie zielt darauf ab, die Unternehmen zu unterstützen, die Translationslücke in der Entwicklung innovativer Medikamente effektiv zu schließen. Die Anbindung des ZIW an das breite Ökosystem des TechnologieZentrumDortmund schafft hier einen entscheidenden Mehrwert. Das TZDO vereint unter seinem Dach zahlreiche weitere Kompetenzzentren mit spezifischem Branchenfokus. Dadurch profitieren die Life Sciences-Start-ups nicht nur von der Expertise des BMZ, sondern auch von Synergien aus Querschnitts-technologien, die im gesamten TZDO angesiedelt sind. Diese Vernetzung ermöglicht wechselseitige Stärkung aller Unternehmen am Standort. Durch diese strategische Investition, gefördert durch Bund, das Land NRW und die EU, soll Dortmund seine Vorreiterposition in den Life Sciences weiter ausbauen.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!

Über die Interviewpartnerin:

Dr. Joanna Stachnik leitet das Biomedizin Zentrum Dortmund und verantwortet den Aufbau des Zentrums für integrierte Wirkstoffforschung (ZIW). Mit langjähriger Erfahrung in Forschung und Technologietransfer setzt sie sich dafür ein, Start-ups, KMU und Forschungseinrichtungen bestmögliche Rahmenbedingungen für Innovation und Wachstum zu bieten.