Mehr als nur eine Adresse: Standortentscheidungen strategisch treffen

Der richtige Standort für dein Start-up und fünf Themen, auf die es ankommt

Arno Eggers, Munich Startup
Arno Eggers, Munich Startup

Bildnachweis: Munich Startup.

Die Wahl des Standorts zählt zu den wichtigsten Entscheidungen in der frühen Phase eines Startups. Sie beeinflusst nicht nur Kosten und Erreichbarkeit, sondern auch Recruiting, Kundenzugang und Investoreninteresse. Dabei geht es längst nicht mehr nur um „zentral oder günstig“, sondern um ein komplexes Zusammenspiel aus Infrastruktur, Netzwerk, Lebensqualität und Branchenfokus.

Ein durchdachter Standort kann Wachstum beschleunigen und ein unpassender es bremsen. Gründer sollten deshalb früh klären, welche Faktoren für ihr Geschäftsmodell
entscheidend sind. Für ein Hardware-Start-up kann die Nähe zu Produktionspartnern oder Logistikdrehscheiben entscheidend sein, während Softwareunternehmen von einem Umfeld mit starker IT-Community und Hochschulanbindung profitieren. Auch das Thema Kapital spielt eine Rolle: Venture Capital-Investoren bevorzugen häufig Regionen mit etablierten Start-up-Ökosystemen, in denen sie mehrere Portfoliounternehmen betreuen können. Wer dort gründet, hat oft leichteren Zugang zu Finanzierungsgesprächen, Mentoren und Pilotkunden.

Kostenstruktur und Förderlandschaft prüfen

Büromieten, Lebenshaltungskosten und lokale Abgaben unterscheiden sich teils drastisch zwischen Städten und Regionen. Ein Standort mit niedrigen Fixkosten kann in der Frühphase Freiraum schaffen, um Produkt und Markt zu entwickeln. Gleichzeitig lohnt der Blick auf die Förderlandschaft: Viele Kommunen, Länder und Institutionen unterstützen Gründer mit Zuschüssen, Bürgschaften oder Beratung. Programme wie die Gründungsförderung der IHK, Angebote von BayStartUP oder regionale Digital Hubs wie das Münchner Technologiezentrum sind Beispiele dafür, wie lokale Netzwerke Start-ups den Markteintritt erleichtern können. Entscheidend ist, diese Angebote frühzeitig zu recherchieren und in die Standortentscheidung einzubeziehen.

Fachkräfte und Netzwerke

Ein Start-up lebt von seinem Team. Deshalb ist die Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte ein zentrales Kriterium. Hochschulstandorte bieten hier klare Vorteile: Sie ermöglichen Recruiting aus einem großen Talentpool und fördern den Austausch mit Forschungseinrichtungen. Ebenso wichtig ist das Netzwerk vor Ort. Co-Working-Spaces, Acceleratoren und Branchenevents schaffen Kontaktpunkte, über die Gründer voneinander lernen und Kooperationen anstoßen können. Ob Werk1, UnternehmerTUM oder die zahlreichen Branchencluster in Bayern – der Zugang zu einem aktiven Ökosystem kann die Lernkurve eines Startups deutlich verkürzen.

Erreichbarkeit und Lebensqualität nicht unterschätzen

Für viele Start-ups spielt auch der Standortfaktor Lebensqualität eine wachsende Rolle – und das insbesondere bei der Mitarbeitergewinnung. Eine gute Verkehrsanbindung, kulturelle Angebote und eine hohe Lebensqualität machen Regionen attraktiver, gerade im Wettbewerb um Fachkräfte. Gleichzeitig sollten Gründer auf Skalierbarkeit achten: Ist der Standort auch für ein wachsendes Team geeignet? Gibt es ausreichend Büroflächen, flexible Arbeitsräume oder Alternativen im Umland? Diese Fragen verhindern, dass eine erfolgreiche Expansion später durch Platzmangel oder hohe Umzugskosten gebremst wird.

Nähe zu Forschungseinrichtungen

Ein oft unterschätzter Standortfaktor ist die Anbindung an wissenschaftliche Einrichtungen. Universitäten, Fraunhofer- oder Helmholtz-Institute bieten nicht nur Zugang zu aktueller Forschung, sondern auch zu Laboren, Testumgebungen und Förderprojekten im Bereich Technologietransfer. Gerade technologieorientierte Start-ups profitieren von Kooperationen in Forschung und Entwicklung. Sie können etwa gemeinsame Projekte starten, wissenschaftliche Ergebnisse in marktfähige Produkte überführen oder über Patentpools innovative Lösungen lizenzieren. Zudem erleichtert der Kontakt zu Lehrstühlen den Zugang zu wissenschaftlichem Nachwuchs und Experten, die als Mitgründer, Berater oder Mentoren wertvolles Know-how einbringen. Regionen mit einer dichten Forschungslandschaft – wie München, Karlsruhe oder Aachen – zeigen, wie stark der Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft Innovationsdynamik fördern kann.

Datenbasiert entscheiden, lokal vernetzen

Am Ende steht die Standortwahl nicht auf Basis von Bauchgefühl, sondern auf einer fundierten Analyse. Gründer sollten relevante Daten zu Mieten, Fachkräfteverfügbarkeit, Verkehrsanbindung und Förderprogrammen zusammentragen und diese mit ihren individuellen Prioritäten abgleichen. Eine Standortmatrix kann helfen, verschiedene Optionen objektiv zu vergleichen. Nach der Entscheidung gilt auf jeden Fall: vernetzen, sichtbar werden, teilnehmen. Wer sich aktiv in lokale Communitys einbringt, profitiert schneller von Kontakten, Wissen und Vertrauen. All das sind Faktoren, die für Start-ups oft genauso wertvoll sind wie Kapital.

Fazit

Der richtige Standort ist kein Selbstzweck, sondern Teil der Strategie. Ob Großstadt, Hochschulregion oder ländlicher Innovationshub – entscheidend ist, dass die Umgebung zu den Zielen und der Kultur des Start-ups passt. München etwa punktet mit exzellentem Netzwerk, Kapitalzugang und Lebensqualität. Natürlich bieten auch andere Regionen attraktive Bedingungen, wenn Gründer ihre Prioritäten kennen. Wer also die Standortentscheidung bewusst trifft, legt den Grundstein für nachhaltiges Wachstum.

Über den Autor:

Arno Eggers ist Leiter von Munich Startup, dem offiziellen Start-up-Portal für München und
die Region. Seit Jahren vernetzt er Akteure im Münchner Gründungsökosystem und setzt
sich für Sichtbarkeit, Austausch und Internationalisierung des Standorts ein.