It’s the economy, stupid!

Kommentar

Meike Lerner (Bank im Bistum Essen)
Meike Lerner (Bank im Bistum Essen)

Bildnachweis: Bank im Bistum Essen.

Klimawandel? Alles Lüge. ESG-Berichterstattung? Nichts als Bürokratie. Nachhaltige Transformation? Lässt die Wirtschaft schrumpfen. Echt jetzt? Wer diesen Narrativen glaubt, den besucht auch dieses Jahr wieder der echte Weihnachtsmann. Für alle anderen heißt es: klaren Kopf und Durchblick bewahren! Dumpfer Populismus und blinder Aktionismus vernebeln lediglich den Blick auf die Tatsache, dass Nachhaltigkeit notwendig ist für wirtschaftlichen Erfolg.

Die größte Angst der Deutschen 2025 ist laut Ergebnissen der gleichnamigen Studie des R+V Infocenters die vor steigenden Lebenshaltungskosten – zu Recht. Interessanterweise rangiert die Angst vor den Folgen des Klimawandels und der Umweltzerstörung der Befragten lediglich auf Rang 15 und 16 – zu Unrecht. Denn beides steigert wirtschaftliche Verluste, beispielsweise in Bezug auf landwirtschaftliche Erträge, Arbeitsproduktivität, Infrastruktur oder Ökosystemdienstleistungen, zum Beispiel Arzneiwirkstoffe aus der Natur. In der Folge werden die Lebenshaltungskosten weiter steigen, die Einkommen sinken.

Schlechte Klimaaussichten = Schlechte Konsumaussichten

Laut aktuellen Zahlen des PIK – Potsdam Institute for Climate Impact Research müsste die Weltwirtschaft bis 2050 Einkommensverluste von rund 17% (rund 32 Bio. USD) verkraften – vorausgesetzt, es würden bereits jetzt keine Treibhausgase mehr emittiert. Das ist bekanntlich nicht der Fall, und so dürften die tatsächlichen Einkommensverluste deutlich größer ausfallen. Weniger Einkommen bedeutet weniger Kaufkraft bedeutet weniger Konsum. Und auch wenn vor allem wirtschaftlich ohnehin schwächere Weltregionen von den Verlusten betroffen sein werden, dürften auch die heimische Wirtschaft und Kauflaune spürbar in Mitleidenschaft gezogen werden. Übrigens: Die Kosten der verursachten Schäden sind laut PIK fünfmal höher als die Vermeidungskosten.

Klimawandelfolgen mindern Produktivität erheblich

Unternehmen werden künftig aber nicht nur unter mangelnder Nachfrage, sondern auch unter mangelnder Produktivität als Folge des Klimawandels leiden. Das legt eine weitere Studie nahe, die das Weltwirtschaftsforum gemeinsam mit der Boston Consulting Group vor Kurzem veröffentlichte. Darin geht es um Kosten, die durch Produktivitätsverluste wegen gesundheitlicher Folgen des Klimawandels entstehen. Laut Veröffentlichung belaufen sich diese auf weltweit 1,275 Mrd. EUR bis 2050. Als Treiber nennen die Autoren zum Beispiel die vermehrten Fehlzeiten aufgrund hitzebedingter Erkrankungen. Außerdem, so eine Schlussfolgerung, könnte der Pool an Fachkräften schrumpfen, da mehr Menschen wegen chronischer Krankheiten (Long Covid!) aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Erhöhte Gesundheitsrisiken führen außerdem zu höheren Betriebskosten, beispielsweise durch steigende Versicherungsprämien, höhere medizinische Haftungsrisiken und höhere (Gewerbe-)Steuern, mit denen neue Gesundheitseinrichtungen gebaut und bestehende angepasst werden.

Nachhaltig handeln heißt unternehmerisch handeln

Angesichts dieser Zahlen und Fakten sollte jedem unternehmerisch denkenden Menschen klar sein, dass es beim Thema Nachhaltigkeit nicht um Gutmenschentum geht, sondern um wirtschaftlichen Erfolg. Um dies auch in die Köpfe derer zu bekommen, die jetzt voller Elan auf den Nachhaltigkeits-Verhinderungs-Zug aufspringen, sollte – in Anlehnung an Bill Clintons 1992er-Wahlkampfmotto – auf kostenlos verteilte T-Shirts gedruckt werden: It’s not the world, it’s the economy, stupid!

Über die Autorin:

Meike Lerner ist Senior Nachhaltigkeitsreferentin bei der Bank im Bistum Essen, ESG-Expertin und Autorin.