Microsoft gründet Accelerator in Berlin

Rahul Sood, Microsoft Ventures

Microsoft kommt mit seinem bereits in fünf Ländern gestarteten Accelerator-Programm nun auch in die deutsche Hauptstadt. „Berlin ist eine der stärksten Locations für Innovationen und Start-ups mit Bezug auf Musik, Unterhaltung, Crowd, Spiele und Video“, sagt Rahul Sood, Leiter von Microsoft Ventures. Mit dieser Venture-Einheit will der Software-Konzern aussichtsreiche Gründer und junge Unternehmen unterstützen, Innovationen fördern und letztlich auch selbst neue Entwicklungen beobachten und – wenn das Konzept besonders stimmig ist – sich an dem einen oder anderen Start-up beteiligen. „Wir wollen Unternehmen begleiten, entwickeln, kreativ unterstützen. Am Ende können wir, müssen aber nicht selbst investieren“, erklärt Sood.

Bündelung bisheriger Programme

Micosoft Ventures war ins Leben gerufen worden, um mehrere bereits bestehende Programme des Konzerns und die Aktivitäten eines eigenen Venture Capital-Fonds zu bündeln. „Wir wollten ein klares Statement abgeben, diese verschiedenen Aktivitäten zu bündeln.“ Der Microsoft-Manager nutzt die Gelegenheit zur Ankündigung des Accelerators auf dem BizSpark European Summit vergangene Woche in Berlin, auf der sich mehr als 200 Teilnehmer – Start-ups, Venture Capital-Gesellschaften und andere Investoren sowie Netzwerkpartner – trafen, um neue Geschäftsideen vorzustellen, zu diskutieren und Kontakte zu knüpfen.

Die finanzielle Seite sei aber nicht das Wichtigste, so Sood. Wenn ein Gründer als Allererstes frage, wie viel Geld Microsoft Ventures in sein Unternehmen investieren wolle, könne er gleich wieder nach Hause gehen. Der Accelerator sei in erster Linie dazu da, gute Geschäftsideen weiterzuentwickeln sowie Gründern Kontakte zu erleichtern – nicht nur zu potenziellen Investoren, sondern insbesondere auch zu potenziellen Kunden. Sood verweist hier auf die vielen Kunden und Geschäftspartner von Microsoft.

Räume und technisches Equipment

Der Accelerator soll die Entwicklung der Jungunternehmen beschleunigen. Dazu werden sie auch von Mentoren und Entrepreneuren – erfahrenen Unternehmern und Managern – betreut. Microsoft stellt in seiner neuen Hauptstadtrepräsentanz in Berlin nicht nur die Räumlichkeiten, sondern auch technisches Equipment (insbesondere Hard- und Software) zur Verfügung. Dort können Gründer und solche, die es werden wollen, rund um die Uhr an ihren Ideen arbeiten und netzwerken. Bewerben kann man sich mit seiner Geschäftsidee oder mit seiner bereits existierenden Firma ab sofort. Im September sollen zehn bis 15 Gründer ausgewählt werden, die dann ab November dieses Jahres für drei bis vier Monate bei Microsoft in der Repräsentanz „Unter den Linden“ einziehen und dort arbeiten können.

Coachen und Türen öffnen

Dieses Prozedere soll zweimal pro Jahr stattfinden, so dass jährlich etwa 20 bis 30 Unternehmen in Berlin gefördert werden. Das geschäftliche und technische Coaching durch Microsoft-interne und externe Experten – von Business Angels und VC-Gesellschaften bis zu erfolgreichen Gründern und Entrepreneuren – könne extrem wertvoll für einen Gründer sein, betont Stephan Jacquemot, der bei Microsoft Deutschland für Start-ups und Unternehmensentwicklung verantwortlich ist. Über den Microsoft Accelerator sollen den Jungunternehmern Ratschläge gegeben und insbesondere Türen geöffnet werden, die sonst sehr wahrscheinlich verschlossen blieben, zum Beispiel auch zu Großkunden wie Daimler oder die Deutsche Bank. Oder auch, wie Sood erwähnt, ins ferne Ausland, beispielsweise in die USA oder nach China. „Wir stellen Kontakte zu CEOs und CTOs von großen Konzernen her. Diese Unterstützung sei ein „einzigartiges“ Angebot für Gründer. „Wir wollen den Firmen helfen, richtig groß zu werden.“ Schließlich habe Microsoft auch einmal klein angefangen.

85% erhielten eine Finanzierung

Außer in Berlin installiert der Software-Konzern demnächst auch in Moskau und Rio de Janeiro solche „Unternehmens-Beschleuniger“. Sood rechnet mit einem großen Bewerbungsandrang; dies hätten die bereits existierenden Accelerators zum Beispiel im indischen Bangalore und in Tel Aviv gezeigt. In der größten israelischen Stadt hätten sich vor einigen Monaten rund 300 Gründer für die 15 zu vergebenden Plätze beworben. Aus den fünf bereits existierenden Accelerator-Standorten berichtet er von insgesamt 120 Firmen, die das Programm bislang durchlaufen haben. „85% davon haben am Ende eine Finanzierung durch einen Investor bekommen; etwa 20% von diesen inzwischen sogar schon eine Folgefinanzierung“, berichtet Sood.

HTGF als Partner mit dabei

Am Berliner Projekt nimmt auch der High-Tech Gründerfonds (HTGF) als Partner teil. „Wir sind nur Begleiter, wir wählen mit aus, wir coachen, öffnen Türen, stellen Kontakte her“, sagt Jan Sessenhausen, Senior Investment Manager des HTFG. „Profiteure sind die Gründer und die Stadt Berlin.“ Sood und Jacquemot sprechen von einem außerordentlichen „talent pool“ in Deutschland. „Das Reservoir an Talenten und guten Ideen in Berlin ist unglaublich“, schwärmt Sood. Die Start-up-Szene der Stadt sei stark international geprägt.

Bezug zur Informationstechnologie

Für die erste Bewerbergruppe in Berlin beginnt der Screening- und Auswahl-Prozess im September. „Wir schauen dabei auf das Unternehmerteam und auf die Lösung, die das Unternehmen anbietet“, erklärt Sood. Für Microsoft stehe nicht im Vordergrund, Unternehmen zu fördern, die dem Konzern in seiner Produktpalette helfen. Sie könnten generell in den Bereichen Business to Business (b2b), Business to Consumer (b2c) oder Services angesiedelt sein – einen Bezug zur Informationstechnologie sollten sie aber schon haben. Microsoft wolle auch keine Positionen in der Geschäftsführung solcher Firmen übernehmen – den anderen Coaches wie z. B. Entrepreneure und Investoren stehe dies aber offen. Sollte aber am Ende der viermonatigen Accelerator-Phase ein Konzept bzw. ein Start-up besonders gut gefallen, könne man auch selbst investieren, ob mit 50.000 oder 300.000 USD oder einem anderen Betrag, so Sood. Wie viel Geld Microsoft insgesamt in das Accelerator-Projekt stecken will, verrät er indes nicht.