Retten Schirme für Europa den M&A-Markt?

Ohne die bisherige Unterstützung wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der gesamte Währungsraum des Euro kollabiert. Durch die medial ausgeschlachteten Horrorszenarien wurden die Finanzmärkte derart verunsichert, dass auch der M&A-Markt in Deutschland 2009 auf ein Allzeittief fiel und sich seitdem noch nicht wieder richtig erholt hat. Jedoch zeigen die jüngsten Rettungsmaßnahmen allmählich ihre Wirkung: Nicht nur der Dax schnellt auf ungeahnte Höhen, auch die Marktlage für Unternehmenstransaktionen entwickelt sich analog.

Die Nachfrage nach Unternehmen aus dem „Wunderland Germany“ läuft sich warm. Viele global aufgestellte Unternehmen aus dem europäischen Ausland oder aus Asien, hier insbesondere aus Indien und China, suchen ihr Heil im stabilsten Land des Euroraums und das, obwohl die wirtschaftlichen Erfolge der jüngsten Vergangenheit hohe Kaufpreise für Unternehmen nach sich ziehen. Die erwachende Nachfrage hat wiederum einen belebenden Effekt auf das Angebot. Eine Vielzahl latent verkaufsbereiter Unternehmen, insbesondere des Mittelstands, wittert ihre Chance und begibt sich auf den Markt. Hinzu kommt, dass durch die Überflutung der Finanzmärkte mit „billigem Geld“, insbesondere für solide finanzierte Transaktionen, langfristiges Fremdkapital zu nie gekannten niedrigen Zinssätzen verfügbar ist. Dies gilt allerdings nicht für Mega-Deals, die finanziell zurzeit kaum realisierbar sind.

Der Mittelstand profitiert hingegen erheblich von der gegenwärtigen Sonderkonjunktur. So wurde nach den beiden herausragenden Jahren 2010 und 2011 in verstärktem Maße Eigenkapital gebildet. Dies hat nicht nur das Bilanzbild aufpoliert und die Unternehmen attraktiv für Übernahmen gemacht, sondern ermöglicht, selbst aktiv als Käufer von Unternehmen aufzutreten. Lang gehegte Strategien im Rahmen der Marktkonsolidierung oder des externen Wachstums in komplementäre Märkte und Regionen können somit umgesetzt werden. Chancen bieten sich hierbei vor allem auf den Auslandsmärkten, die zurzeit weniger von der Konjunktur begünstigt sind. Dort kann entsprechend der relativ schlechten Ergebnissituation zu Schnäppchenpreisen eingekauft werden.

Ohne die stimulierenden Mittel der EZB (www.ecb.int) sowie der konzertierten Aktionen der Mitgliedstaaten der Eurozone zur Rettung von angezählten Staaten hätte der Euroraum nicht überlebt. Jede Spekulation über Szenarien ohne die für die Finanzmärkte sedative Wirkung der Rettungsschirme führt deshalb zur Erkenntnis, dass die Auswirkungen auf den europäischen M&A-Markt zwangsläufig negativ ausgefallen wären. Unabhängig von der Lage in Griechenland haben sich die Märkte inzwischen beruhigt und an die in der Vergangenheit als unkalkulierbar eingeschätzten Situationen gewöhnt. Die eingeleiteten Maßnahmen dürften somit auch ihre Schutzschirmfunktion für den M&A-Markt bewiesen haben.

Zum Autor

Dr. Hans Bethge ist geschäftsführender Partner der Angermann M&A International GmbH (www.angermann.de). Das Unternehmen mit Standorten in Hamburg und Stuttgart berät Mandanten im gehobenen Mittelstand und ist deutscher Partner der weltweit größten Organisation unabhängiger Beratungsunternehmen M&A International Inc. Die Allianz beschäftigt weltweit über 600 Mitarbeiter und hat in den letzten fünf Jahren über 1.400 Transaktionen erfolgreich betreut.