Bildnachweis: TechMiners, VentureCapital Magazin, Pixabay, Techminers.
Tech Due Diligence ist mehr als technisches Pflichtprogramm – sie wird zum strategischen Tool für nachhaltiges Wachstum. Daniel Jung, Director bei Techminers, erklärt im Interview, wie datenbasierte Analysen Investoren und Start-ups Mehrwert bieten, Red Flags richtig einzuordnen sind und welche Herausforderungen KI & Co. künftig mit sich bringen.
VC Magazin: Tech Due Diligence (Tech DD) ist längst mehr als ein technischer Haken auf der To-do-Liste – wie definieren Sie bei TechMiners den strategischen Stellenwert dieses Instruments im VC-Kontext?
Jung: Wir verstehen Tech DD nicht als bloßes Abhaken auf einer Checkliste, sondern als strategische Notwendigkeit. Eine fundierte, datenbasierte Tech Due Diligence ermöglicht es uns, im VC-Kontext gleich drei zentrale Versprechen einzulösen: Erstens geben wir den LPs die Sicherheit, dass das Investment solide, skalierbar und wirklich „fit for purpose“ ist. Zweitens profitieren auch die zukünftigen Portfoliounternehmen: Durch unsere tiefgehende Analyse erhalten sie eine hochwertige, kostenlose Beratung, die echten Mehrwert stiftet. Drittens zeigen wir konkrete Wege auf, wie das Portfoliounternehmen technologisch auf das nächste Level gehoben werden kann. So wird Tech DD bei TechMiners zum entscheidenden Werkzeug, um Risiken zu minimieren, Wert zu schaffen und nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen.
VC Magazin: Was unterscheidet aus Ihrer Sicht eine gute von einer wirklich aussagekräftigen Tech Due Diligence – gerade bei Frühphasen-Start-ups, bei denen viele Faktoren noch volatil sind?
Jung: Eine wirklich aussagekräftige Tech Due Diligence geht weit über eine oberflächliche oder isolierte Bestandsaufnahme einzelner Aspekte hinaus. Im Mittelpunkt steht für uns die Frage, ob Tech und Product – auch in kleinen oder jungen Unternehmen – tatsächlich „fit for purpose“ sind, also den Anforderungen des Geschäftsmodells und der Wachstumsstrategie gerecht werden. Wir betrachten die Technologie als den „Fußabdruck“ des Products und der dahinterstehenden Organisation. Unsere Tech DD beantwortet diese zentrale Frage aus vielen verschiedenen Blickwinkeln: Wir analysieren rund 100 Aspekte in vier Kernbereichen – Product, Tech, Team, Scalability – und ziehen dabei die unterschiedlichen Informationssysteme heran, in die Tech- und Produktteams „einzahlen“ – von Source Code über Ticketing bis hin zu Dokumentation. Mithilfe unseres proprietären Analysetools tauchen wir tief in die Daten ein – und drehen dabei buchstäblich jeden Stein um. Am Ende priorisieren wir die Ergebnisse immer im Kontext des Business Case: Technologie muss das Business vorantreiben, nicht Selbstzweck sein. So schaffen wir eine belastbare Entscheidungsgrundlage und Entwicklungsperspektive – auch und
gerade bei frühphasigen Start-ups.

VC Magazin: Wie gehen Sie bei TechMiners vor, um auch unter Zeitdruck ein tiefes Verständnis für Architektur, Skalierbarkeit und technisches Team eines Start-ups zu gewinnen?
Jung: TechMiners versteht sich als eine Art „Rapid Response Force“ für Tech DD. Unsere hohe Reaktionsgeschwindigkeit und Fähigkeit, in vergleichbar kurzer Zeit Insights zu liefern, basiert auf den Erfahrungen aus Hunderten von Assessments und unserem proprietären Tooling, das uns routiniert und effizient agieren lässt. Mit unserem Datenanalyse- und Project Management-Tool verfügen wir darüber hinaus über bewährte, vorbereitete Werkzeuge und „Einsatzpläne“, die eine tiefe, strukturierte und zielgerichtete Analyse ohne Ablenkung auch unter Zeitdruck ermöglichen. Gerade dieser hohe Grad an grundlegender Struktur schafft die Voraussetzung für die Flexibilität, uns schnell auf unterschiedlichste Transaktionsszenarien – und auf die Menschen im Prozess – einzustellen. So gewinnen wir in kürzester Zeit ein tiefes Verständnis für Tech, Product, Skalierbarkeit und das Team eines Start-ups.
VC Magazin: Welche typischen „Red Flags“ begegnen Ihnen in Tech DDs wiederholt – und wie reagieren Investoren darauf? Gibt es Themen, die 2025 besonders in den Fokus rücken?
Jung: Echte Red Flags sind selten, denn bei der Tech DD mit TechMiners geht es nicht um einen Schönheitswettbewerb, sondern um die zentrale Frage, ob die Tech- und Product-Organisation „fit for purpose“ ist – und meist beginnt die Tech DD erst, wenn bereits eine starke Vorauswahl der Targets stattgefunden hat. Die Ergebnisse einer Tech Due Diligence sind keine Schwarz-Weiß-Diagnose; die entscheidenden Erkenntnisse liegen oft in den Grautönen. Auch schwerwiegende Findings lassen sich in der Regel mit entsprechendem Aufwand beheben – selbst ein nicht mehr wartbarer Code kann refaktoriert werden, sofern es wirtschaftlich sinnvoll ist. Wirklich kritische Red Flags entstehen meist erst durch das Zusammenspiel mehrerer Einzelfaktoren mit der Investmentthese des Investors, die in ihrer Gesamtschau problematisch werden. Deshalb analysieren wir eine Vielzahl von Merkmalen und Datenpunkten des Zielunternehmens – immer vor dem Hintergrund, was der Investor erreichen will oder was versprochen wurde. Letztlich muss der Investor entscheiden, ob ein bestimmtes Finding für ihn inakzeptabel ist. Gerade aktuell und in Zeiten von KI treten Red Flags häufig nicht nur in Form klassischer Themen wie sehr hoher technischer Schulden oder Lizenzverletzungen („Copyleft“) auf. Heute entstehen kritische Risiken oft durch unsicheren Umgang mit Daten im Zusammenhang mit KI, durch fehlendes Verständnis für die Auswirkungen von KI auf das eigene Geschäftsmodell oder durch die unkontrollierte Nutzung von KI durch Mitarbeitende im Alltag, selbst wenn KI gar nicht Teil der Product Proposition ist, sondern lediglich zur Effizienzsteigerung eingesetzt wird.
VC Magazin: Wie verändern sich die Anforderungen an Tech Due Diligence durch Trends wie KI, Deeptech und Cybersecurity – und wie entwickelt sich TechMiners entsprechend weiter?
Jung: Diese Trends und Anforderungen machen Tech DD deutlich komplexer und erfordern spezialisiertes Know-how. Besonders spannend ist daher diese Frage: wie sich die Anforderungen rund um KI verändern und wie TechMiners darauf reagiert. Der Einsatz von KI in der Due Diligence selbst ist bislang sehr begrenzt, da Targets verständlicherweise meist keine Analyse ihres Codes durch cloudbasierte KI-Modelle wünschen und geeignete Trainingsdaten ohnehin fehlen. Open Source als Quelle reicht nicht aus beziehungsweise ist wenig sinnvoll, und proprietäre Unternehmensdaten würden, sofern überhaupt verfügbar, ein hohes Risiko eines Survivorship Bias bergen. TechMiners setzt daher gezielt auf lokale, abgeschottete Lösungen, um einen sicheren und kontrollierten Einsatz zu gewährleisten, ohne auf Drittanbieter und deren Infrastruktur angewiesen zu sein.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Autor:
Daniel Jung ist Director Transaction Services bei TechMiners und hat dort über 200 technische Due Diligence-Projekte als Teamleiter begleitet. Vor TechMiners gründete und skalierte er mehrere Technologieunternehmen international und schloss erfolgreich Finanzierungsrunden in Millionenhöhe ab. Seine Karriere begann er in der Finanz- und Strategieberatung in Großbritannien und Afrika.



