Bildnachweis: Resfutura.
Immer mehr Hochvermögende interessieren sich für Venture Capital – nicht nur aus Renditegründen, sondern auch als Beitrag zur nachhaltigen Transformation. Warum gerade junge Investoren aktiver werden, welche Rolle Impact spielt und an welchem Pilotprojekt ResFutura derzeit gemeinsam mit dem Bundesverband Beteiligungskapital arbeitet, erklärt Prof. Dr. Yvonne Brückner im Interview.
VC Magazin: Wie hat sich aus Ihrer Sicht das Interesse von Hochvermögenden an Venture Capital in den letzten Jahren verändert und welche Rolle spielt Venture Capital aktuell in ihren Portfolios?
Brückner: Lassen Sie mich die Dynamik, die wir sehen, einmal in Kontext setzen: Immer
mehr Vermögensinhaber erkennen die Notwendigkeit an, die Wirtschaft zugunsten
gesicherter künftiger Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit grundsätzlich zu transformieren.
Will man Deutschland und Europa zukunftsfest aufstellen, sind ressourceneffiziente,
zirkuläre Technologien und Geschäftsmodelle besonders beachtenswert. Für einen solchen Umbau braucht es Innovation, die gerade in jungen Unternehmen und damit im Feld des Wagniskapitals beheimatet ist. Vermögensinhaber interessieren sich nach unserer Beobachtung zunehmend dafür, an dieser transformatorischen Dynamik als Investoren zu partizipieren. Mit ihrer langfristigen Denkweise können Unternehmerfamilien dabei durchaus ein natürlicher Fit für Venture Capital-Gesellschaften sein. Zudem sehen wir, dass gerade jüngere Vermögensinhaber sich verstärkt für Venture-Investments starkmachen, aus durchaus unterschiedlichen Gründen. Sie sind als Investoren vielfach noch unerfahren, aber gewillt, zu lernen, und engagiert bei der Sache. Wir sehen also alles in allem eine deutliche Positivdynamik, auch wenn Venture Capital bei den meisten Hochvermögenden bislang in aller Regel ein Nischendasein gefristet hat.
VC Magazin: In Ihrer Studie zum Thema Sustainable Wealth aus dem Jahr 2023 haben Sie sich mit Nachhaltigkeit befasst. Inwiefern sehen Sie Venture Capital als Treiber für die nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft?
Brückner: Für uns ist der Link offensichtlich, doch das resultiert aus dem zugrunde liegenden Nachhaltigkeitsverständnis: Anders als institutionelle Akteure müssen Inhaber
großer Vermögen – und damit auch wir als Institut, das deren Perspektive einnimmt
– ihren Nachhaltigkeitsbegriff nicht an regulatorischen Vorgaben ausrichten. Das führt einerseits dazu, dass wir Unterschiede im individuellen Nachhaltigkeitsverständnis sehen; andererseits beobachten wir aber auch ein verbreitet übereinstimmendes begriffliches Fundament: Bei Nachhaltigkeit geht es Hochvermögenden allem voran darum, langfristig die Grundlage für weitere Erfolge zu sichern, Erfolgsgeschichten fortzuschreiben. Auch Kinder und Kindeskinder sollen noch Wohlstand generieren können. Lässt man sich auf diese Perspektive ein, ist unmittelbar klar, dass Nachhaltigkeit durch Technologien, Produkte und Dienstleistungenlebt, die wirtschaftliche Prosperität innerhalb planetarer Grenzen und in stabilen Gesellschaften ermöglichen. Genau hierzu tragen disruptive junge Unternehmen, die durch Venture Capital finanziert und gefördert werden, maßgeblich bei.
VC Magazin: Gemeinsam mit dem BVK arbeiten Sie an einem neuen Projekt. Wie kam es dazu und wie sieht der aktuelle Stand aus?
Brückner: Das stimmt, wir arbeiten gemeinsam an einem echten Pionierprojekt. Es liefert, erstmals überhaupt, ein Mapping der Venture Capital-Landschaft betreffend die Transformationsambition und -performance der Akteure und ihrer Fonds. Dabei nehmen wir eine rein ökonomische, also explizit keine regulatorische, Perspektive ein. Wir erfassen auch keine typischen ESG-Kenngrößen. Vielmehr interessieren wir uns für Daten, die eine Einordnung erlauben, inwieweit die Investmentgesellschaft und der jeweilige Fonds zu einem Wirtschaften beitragen, das weitgehend ohne negative Externalitäten auskommt oder gar positive erzielt. Am Beispiel des häufig fokussierten Themas Klima heißt das: Wird bei der Selektion von Opportunitäten sowie im Anschluss über den Investmentzyklus hinweg besonderes Augenmerk auf emissionsarme beziehungsweise emissionsreduzierende Technologien und Geschäftsmodelle gelegt und werden anreizbewährte Entwicklungsziele verfolgt, die mit der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens in Einklang stehen? In unserem Projekt beschränken wir uns dabei nicht rein auf Klimaaspekte.
VC Magazin: Wie kam es zu dieser Idee der Zusammenarbeit?
Brückner: Wie die meisten unserer Initiativen hat das Vorhaben seinen Ursprung im
Kreis hochvermögender Familien. Kurze Zeit nach Veröffentlichung unserer Studie
„Sustainable Wealth“ im Sommer 2023 kamen erste Vermögensinhaber auf uns zu und
sagten: „Auch in unserer Vermögensstrategie ist Nachhaltigkeit bisher nicht systematisch
reflektiert. Wir überlegen, das zu ändern. Aber dafür braucht es belastbare Daten.“
Als dann klar war, was konkret gebraucht wird, haben wir begonnen, dieses Pioniervorhaben, sein Titel lautet übrigens „Transforming Performance“, zu strukturieren. Der BVK war für seine Mitglieder wie auch die politische Arbeit von Anfang an an den Ergebnissen interessiert und unterstützt entsprechend tatkräftig. Jetzt stehen wir am Start der Feldphase – und ich möchte die Venture Capital-Gesellschaften unter Ihren Lesern herzlich einladen, Teil des Projekts zu sein und auf diesem Weg nicht nur Feedback zur eigenen Position im Vergleich zu Peers zu erhalten, sondern auch visibel zu werden bei Hochvermögenden, die die Ergebnisse nutzen.
VC Magazin: Wo sehen Sie die größten Hürden, aber auch Chancen für Hochvermögende
beim Einstieg in Venture Capital-Investments?
Brückner: Ich denke, die Hürden ähneln durchaus denen beim Einstieg in andere Assetklassen. Allem voran ist die anfänglich ausgeprägte Informationsasymmetrie zu überwinden: Es braucht einen belastbaren Marktüberblick und Zugänge zu den passenden Akteuren. Glücklicherweise stehen zur Überwindung dieser Herausforderungen aber ja professionelle Dienstleister zur Verfügung, die es allerdings klug zu incentivieren gilt. Was die Chancen angeht, sind das einmal natürlich die finanziellen Potenziale. Darüber hinaus spielt gerade bei Hochvermögenden aber auch Identifikation mit bestimmten Themen und der Beitrag zu ausgewählten Entwicklungen eine Rolle. Gerade dann, wenn das Familienunternehmen nicht mehr Teil des Assetmix ist, können Venture Capital-Investments einen Beitrag zur Identifikation mit dem Vermögen leisten.
VC Magazin: Wie interessant sind Impact Investings für Hochvermögende?
Brückner: Meiner Erfahrung nach sind hochvermögende Impact-Investoren bislang tatsächlich eine Randgruppe – zumindest wenn man Impact in der gängigen Weise definiert: Die Kombination aus Intentionalitätsanforderung, Investor Contribution und potenziell reduziertem Financial Return schreckt oft ab. Und die Schwierigkeit, erzielten Impact konsistent zu dokumentieren, tut ihr Übriges. Anschlussfähig hingegen ist der Aspekt, in Unternehmen zu investieren, die einen Beitrag zur Wirtschaft von morgen leisten, die nachhaltig sein soll, und damit risikogerechte Renditen erwirtschaften. Dazu passend beobachte ich, dass sich mehr hochvermögende Investoren überhaupt für Venture Capital als Baustein ihrer strategischen Asset Allocation öffnen und sich hier ein spannendes Window of Opportunity zeigt, für Venture Capital-Gesellschaften und Vermögensinhaber gleichermaßen. Um dieses zu nutzen, braucht es Möglichkeiten eines effizienten Matchings – ansonsten übersteigen Such- und Prüfkosten schnell den empfundenen Nutzen.
VC Magazin: Was raten Sie jungen Wagniskapitalfonds, die sich gezielt an impactorientierte Family Offices und vermögende Einzelpersonen wenden möchten?
Brückner: Ausgehend von dem geschilderten Eindruck, dass es sich bei dieser Investorengruppe aktuell um ein kleines Teilsegment handelt, würde ich unbedingt dazu raten, sich in entsprechende Netzwerke einzubringen, um die Suchkosten durch ein möglichst effizientes Matching von GPs und LPs möglichst zu minimieren. Und natürlich sollte man an unserem Projekt teilnehmen, um künftig auch auf diesem Weg von interessierten hochvermögenden Investoren gefunden zu werden.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Über die Interviewpartnerin:
Prof. Dr. Yvonne Brückner führt seit 2015 die Geschäfte von ResFutura, einem von Family Offices getragenen, anwendungsorientierten Forschungsinstitut, das auch als Netzwerkplattform fungiert. Sie ist Initiatorin des Verbands unabhängiger Family Offices und begleitet Vermögensinhaber und Family Offices in strategischen Projekten sowie als Beirätin.



