Bildnachweis: BAND Lyonel Stief, VentureCapital Magazin, Pixabay, BAND.
Seit Juni 2025 führt Alf Arnold als Geschäftsführer den Verband Business Angels
Deutschland (BAND). Im Gespräch erklärt er, warum Bürokratieabbau und Kapitalaktivierung für ihn oberste Priorität haben, wie er eigene Gründer- und Investorenerfahrungen einbringt und welche Impulse er für das Ökosystem setzen will.
VC Magazin: Sie sind seit Juni 2025 Geschäftsführer von BAND. Was hat Sie an dieser Aufgabe besonders gereizt, mit welcher Motivation treten Sie die neue Rolle an?
Arnold: Ich bin seit fast einem Jahrzehnt als Business Angel aktiv und habe in dieser Zeit
eine Vielzahl von Start-ups begleitet – mit allen Höhen und Tiefen, die dazugehören.
Als die Möglichkeit kam, Geschäftsführer von BAND zu werden, hat mich vor allem die
Chance überzeugt, ein fragmentiertes und noch unsortiertes Ökosystem stärker zusammenzuführen. Gemeinsam mit dem Vorstand wollen wir eine hörbare und kompetente Stimme für die Frühphase in Deutschland sein. Das hat mich persönlich gereizt, denn hier treffen extrem smarte, erfolgsorientierte und positiv denkende Menschen zusammen – Gründerinnen, Gründer und Investoren. Diese Energie ist inspirierend. In diesem Verband liegt eine Chance, die bislang auch die neue Regierung noch nicht erkannt hat, denn ohne Start-ups gäbe es keine Scale-ups mit Milliardenrunden. Wir müssen die richtigen Gründer im Ökosystem identifizieren und aufbauen – und dazu tragen Business Angels von Beginn an bei.

VC Magazin: Als Co-Founder und Business Angel kennen Sie die Bedürfnisse der Branche. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse aus dieser Zeit können Sie in Ihre jetzige Rolle einbringen?
Arnold: Ich habe über 20 Jahre eine Agentur für Marketing und Branding mit Fokus auf B2B und Tech aufgebaut und geführt und mich bereits während dieser Zeit intensiver dem Thema Business Angels gewidmet. Durch diese Erfahrung bringe ich ein tiefes Verständnis für Kommunikation mit – etwas, das in unserer Arbeit als Verband, auch in Richtung Politik, zentral ist. Als Angel habe ich in verschiedene Sektoren investiert: Hardware-Start-ups, impactorientierte Gründungen, klassische B2B-Softwarelösungen. Ich habe bewusst die Finger von Consumer-Start-ups und lifestyleorientierten Modellen gelassen, weil dort mein eigener Erfahrungshorizont zu klein ist. Aber gerade die Bandbreite meiner Investments hat mir gezeigt, wo die Probleme liegen – etwa wie kapitalintensiv Hardware sein kann oder wie stark Regulierungen Geschäftsmodelle prägen. Dieses Gespür hilft mir enorm.
VC Magazin: Welche Themen stehen für Sie ganz oben auf der Agenda, um Business Angels in Deutschland noch stärker zu positionieren?
Arnold: Allem voran zwei Dinge: Rahmenbedingungen verbessern und Bürokratie abbauen.
Wir arbeiten aktuell an einem Papier, das der Politik konkrete Vorschläge liefert. Wir wissen, dass es kurzfristig keine zusätzlichen Milliarden geben wird. Umso wichtiger ist es, vorhandene Strukturen effizienter zu gestalten. Ein Dauerärgernis ist etwa die notarielle Beurkundungspflicht bei Finanzierungsrunden – da hängen wir im 19. Jahrhundert. Auch das Transparenzregister ist ein gutes Beispiel: Jeder Beteiligte muss Dokumente erneut einreichen, obwohl alles längst erfasst ist. Solche Hürden schrecken nicht nur deutsche, sondern gerade auch internationale Investoren ab. Bürokratieabbau ist also kein Luxus, sondern Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit.
VC Magazin: Welche konkreten Ziele und Initiativen möchten Sie zeitnah anstoßen?
Arnold: Neben dem Bürokratieabbau ist das INVEST-Programm für uns ein zentrales Thema. Es ist ein wichtiges Instrument für viele Angels, aber die Umsetzung dauert zu lange, die Mittel sind gedeckelt, und wichtige Aspekte wie Folgeinvestitionen sind nicht berücksichtigt. Wir brauchen schnellere Prozesse, verlässliche Rahmenbedingungen und höhere Fördergrenzen für erfahrene Angels. Denkbar sind auch der Aufbau eines Secondary-Markts oder die Ergänzung durch Matching-Fonds, die private Investments spiegeln – das hat sich bewährt. Kurzfristig konzentrieren wir uns also auf zwei Punkte: strukturelle Erleichterungen und eine Verbesserung des INVEST-Programms. Parallel wollen wir unsere eigenen Verbandsstrukturen modernisieren und den Austausch zwischen Netzwerken und akkreditierten Angels deutlich intensivieren. Dafür steht auch der Wechsel des Verbandssitzes nach Berlin, den wir zeitnah umsetzen wollen.
VC Magazin: Wie beurteilen Sie die aktuellen Rahmenbedingungen für Business Angels in Deutschland – und welche Impulse braucht das Ökosystem?
Arnold: Die Lage ist angespannt. Wir sehen, dass die durchschnittlichen Ticketgrößen
seit 2018 um etwa 60 % gesunken sind, das Investitionsvolumen um rund 30 %. Gleichzeitig gibt es weniger erfolgreiche Exits, dafür doppelt so viele gescheiterte Beteiligungen. Das bremst den Kapitalfluss massiv. Für Start-ups heißt das: weniger Anschlussfinanzierungen, weniger Chancen auf Wachstum. Für Business Angels bedeutet es weniger Möglichkeiten und eine sinkende Motivation, neue Investments einzugehen. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, braucht es politische Impulse: steuerliche Anreize für die Wiederanlage von Exit-Erlösen, eine schnellere und verlässlichere Abwicklung des INVEST-Programms sowie rechtliche Rahmenbedingungen, die sich an internationalen Standards orientieren.

VC Magazin: Wenn man nach Europa oder in die USA blickt – wo steht Deutschland beim Angel Investing?
Arnold: Leider nicht da, wo wir sein sollten. Deutschland kommt beim Venture Capital-
Volumen auf rund 0,2 % des Bruttoinlandsprodukts, das Vereinigte Königreich oder die
USA auf das 2,5- bzw. 3,5-Fache. Auch die Unicorn-Quote spricht Bände: In den baltischen
Staaten ist die Wahrscheinlichkeit, ein Unicorn hervorzubringen, ein Vielfaches höher als bei uns. Natürlich spielen gesamtwirtschaftliche Faktoren eine Rolle – das Nullwachstum der letzten Jahre wirkt nach. Aber wir müssen akzeptieren, dass unsere Strukturen schlicht ineffizienter sind. Von anderen Ländern können wir lernen: steuerliche Rollover-Regelungen, die Wiederanlage erleichtern, höhere Geschwindigkeit bei Prozessen, eine stärkere Willkommenskultur für Investoren.
VC Magazin: Wo sehen Sie die deutsche Business Angels-Szene in fünf Jahren?
Arnold: Ich wünsche mir eine Szene, die noch professioneller und effizienter ist. Wir müssen weg vom Papierkrieg: weniger Notarzwang, weniger analoge Prozesse, mehr digitale Lösungen – dann können Ressourcen frei werden, die in neue Investments fließen. Vor allem aber wünsche ich mir eine echte Willkommenskultur für Gründer und Investoren. In den baltischen Staaten spürt man eine unglaubliche Energie und Neugier – diesen Spirit brauchen wir auch hier. Wenn Politik und Verwaltung innovativen Lösungen nicht länger misstrauisch begegnen, sondern sie ausprobieren und annehmen, kann Deutschland sein Ökosystem deutlich beschleunigen. Und dann werden sich auch wieder mehr Gründerinnen und Gründer entscheiden, ihr Unternehmen hier aufzubauen – mit Unterstützung erfahrener Angels, die Kapital, Know-how und Netzwerke einbringen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!
Über den Interviewpartner:
Alf Arnold ist seit Juni 2025 Geschäftsführer von Business Angels Deutschland (BAND). Zuvor gründete und führte er über 20 Jahre eine Agentur für Marketing und Branding, bevor er selbst als Business Angel aktiv wurde. Mit breiter Investmenterfahrung in B2B-Software, Hardware und Impact-Start-ups bringt er heute sein Know-how in die Weiterentwicklung des Ökosystems ein.



