SAP Ventures (Ausgabe 11/2001)

Große Technologie-Unternehmen als Kapitalgeber
Für Technologie-Unternehmen liegt es nahe, das im operativen Geschäft erworbene Wissen auch für Investments in junge Unternehmen der eigenen Branchen zu nutzen. Dementsprechend verfügen die meisten großen Technologie-Unternehmen der USA über angeschlossene VC-Töchter, die ihnen in den 90er Jahren erhebliche Gewinne beschert haben – z.B. bei Microsoft oder Intel bestand zeitweise ein nicht unbedeutender Teil des Geschäftsergebnisses aus Finanzerträgen, die mit der Veräußerung von Beteiligungen generiert wurden. Im Laufe dieses Jahres wurde dann aber im Zuge der Börsenbaisse auch von kräftigen Abschreibungen auf das Beteiligungsportfolio berichtet.

Auch SAP sucht Chancen
Auch die deutsche SAP AG ist seit Jahren im Beteiligungsgeschäft aktiv, die am Neuen Markt notierten Unternehmen IDS Scheer und Ixos sind prominente Beispiele für SAP-Beteiligungen, die in den vergangenen Jahren an den Neuen Markt gebracht wurden. Im Jahr 1997 gründete das Walldorfer Unternehmen mit SAP Ventures in den Vereinigten Staaten dann einen unternehmenseigenen Venture Capital-Fonds, der zwei Jahre später auch in Europa aktiv wurde. SAP Ventures verfügt insgesamt über gut 200 Mio. US-$ für Investments in junge Technologie-Unternehmen, die bislang nur zum Teil investiert sind.

Auf die Rendite kommt es an
Die Anlagepolitik orientiert sich primär an der erzielbaren Rendite, strategische Überlegungen der Muttergesellschaft sind nicht ausschlaggebend für die Investitionsentscheidung. Einblicke in neue technologische Entwicklungen und Märkte sind aber erwünschte Nebeneffekte. Auch wenn SAP Ventures somit als eigenständiges Profit Center geführt wird, profitiert die Tochter doch in erheblichem Umfang von der Muttergesellschaft. Als Weltmarktführer für Unternehmenssoftware verfügt SAP über ein weitgefächertes Netzwerk, das bei der Generierung des Deal Flows, der Beurteilung der Investitionsmöglichkeiten und auch bei der laufenden Betreuung und Entwicklung der Beteiligungsunternehmen wertvolle Dienste leistet.

Beteiligung nur als Co-Investor
SAP Ventures engagiert sich typischerweise in einer späteren Finanzierungsrunde mit einem Betrag von bis zu 5 Mio. Euro. Dabei tritt man nur als Co-Investor auf und sucht die Partnerschaft der führenden VC-Gesellschaften. Den Partnern überläßt SAP Ventures bei Due Diligence und der laufenden operativen Betreuung der Beteiligungen die führende Rolle. Dementsprechend beansprucht SAP in der Regel auch kein Aufsichtsratmandat, das Ausmaß des operativen Engagements richtet sich nach den Bedürfnissen der jeweiligen Beteiligung. Allerdings eröffnet eine Beteiligung von SAP Ventures dem jungen Unternehmen den Zugang zum Netzwerk der Muttergesellschaft SAP, worin Paul Jozefak, Investmentmanager bei SAP Ventures den größten Zusatznutzen für eine Beteiligung sieht.

Elf Beteiligungen in Europa
Weltweit bestehen zur Zeit mehr als 40 Beteiligungen, elf davon in Europa. Weitere Investments sollen hauptsächlich in Software-Unternehmen erfolgen, gewünschte Investitionsschwerpunkte sind unter anderem Unternehmenssoftware allgemein, Software für e-Business-Infrastruktur und Supply Chain Management. Die Beteiligungen sollten generell über ein innovatives, wettbewerbsstarkes Produkt oder Dienstleistungsangebot verfügen, auf einen großen Absatzmarkt zielen, und das Management sollte technisch wie auch betriebswirtschaftlich kompetent sein. Über mehrere Jahre sollen diese Unternehmen dann aufgebaut und entwickelt werden, bis sie reif für einen Trade Sale oder Börsengang sind.

Bislang ein Börsengang am Neuen Markt
Bis heute hat SAP Ventures in Europa mit Heiler Software eine Beteiligung an die Börse gebracht. Heiler Software realisiert auf der Basis einer eigenentwickelten Softwareplattform B2B-Hochleistungsmarktplätze, Beschaffungsplattformen und Interaktionsportale für Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Auf der Kundenliste finden sich so illustre Namen wie RWE, DaimlerChrysler und die Deutsche Bundesbank. Die Notierung erfolgte im November vergangenen Jahres am Neuen Markt zu einem Emissionspreis von 9 Euro. Bedingt durch den generellen Markteinbruch und eine Reduzierung des Umsatzziels für das laufende Geschäftsjahr ist der Aktienkurs bis auf unter 1 Euro verfallen. Auch nach einer leichten Kurserholung liegt die Börsenbewertung deutlich unter der Nettoliquidität des Unternehmens. SAP Ventures und Co-Investor 3i scheinen aber zumindest an eine attraktive Perspektive für Heiler Software zu glauben und haben an ihrer ursprünglichen Beteiligung festgehalten.

Weitere Beteiligungen
Weitere Beispiele für europäische SAP Ventures-Beteiligungen sind die Software-Unternehmen Sequencia und Prosyst sowie das internetbasierte Branchenverzeichnis YellowMap. Die amerikanische Sequencia Corporation bietet Software zur Optimierung der Fertigungsprozesse der Chemie-, Pharma- und Nahrungsmittelbranche an, die Kölner Prosyst Software AG entwickelt Softwarelösungen für Netzwerke und e-Commerce-Anwendungen. Die YellowMap AG ist nach eigenen Angaben mit  4 Mio. Firmenadressen aus ca. 7.000 Branchen das umfangreichste Branchenverzeichnis im deutschen Internet. Nach dem Start in Deutschland weitet das Münchner Unternehmen sein Angebot zur Zeit auf verschiedene europäische Länder aus.

Die Perspektive ist intakt
Sollten am Aktienmarkt wieder normale Marktbedingungen einkehren, so dürften im Lauf der kommenden zwölf Monate zwei bis drei weitere Beteiligungen von SAP Ventures vor einem Going Public stehen. Gegenwärtig konzentriert man sich darauf, die bestehenden Beteiligungen zu unterstützen. Der Zeithorizont sei einfach länger geworden, so Paul Jozefak, das gelte sowohl für den Exit als auch für das Eingehen neuer Beteiligungen. Man prüfe ein neues Investment sorgfältiger und länger als in den Boomjahren. Grundsätzlich ändere sich aber nichts an der Tatsache, daß für junge innovative Technologie-Unternehmen potentiell große Erfolgschancen bestehen und daß es wie in der Vergangenheit möglich sei, erstklassige Unternehmen aufzubauen.

Entscheidungskriterien:
– Spätphasenfinanzierung
– Kompetente Co-Investoren
– Exzellentes Management
– Große Marktchancen
– Nachhaltige Wettbewerbsvorteile
– Vielversprechende Exit-Strategie