„Was wir derzeit auf dem Kapitalmarkt sehen, ist von historischer Dimension“

VC-Magazin: Benjamin Franklin sagte: Wenn du den Wert des Geldes kennen lernen willst, versuche, dir etwas zu leihen. Brauchen wir deshalb Förderbanken?
Schneider: Da ist schon etwas dran. Wenn man zwar eine gute Geschäftsidee hat, aber keine banküblichen Sicherheiten, ist es nicht leicht, einen Kredit zu bekommen. Hier können Förderbanken ganz konkret helfen.

VC-Magazin: Wie steht es denn um die vielen kleinen Unternehmen, die jährlich einen Nachfolger suchen?
Schneider: Auch die brauchen Unterstützung, und auch hier sind wir aktiv: Fast 50% der jährlich rund 2.000 von uns geförderten Gründungen sind Betriebsübernahmen. Dabei werden mindestens 30.000 Euro über von uns ausgegebene Kredite investiert – im Schnitt sind es zwischen 110.000 und 130.000 Euro. Es handelt sich also um größere Investitionen, die auch einen positiven Arbeitsplatzeffekt haben.

VC-Magazin: Die Kapitalmarktkrise zieht immer größere Kreise. Wie lange kann der deutsche Mittelstand den Turbulenzen noch trotzen?
Schneider: Niemand ist Prophet, und das, was wir derzeit auf dem Kapitalmarkt erleben, ist schon von historischer Dimension. Es ist erfreulich, wie gut das bisher die Realwirtschaft und auch der Mittelstand weggesteckt haben. Da wir insbesondere in Bayern von einer guten Ausgangsposition kommen, bin ich vorsichtig optimistisch, dass die Turbulenzen nicht so hart durchschlagen. Als Förderbank werden wir versuchen, negative Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen abzufedern.

VC-Magazin: Die gefürchtete Kreditklemme sehen Sie also nicht?
Schneider: Bisher nein. Ich gehe aus zwei Gründen auch nicht davon aus, dass es zu einer Kreditklemme kommen wird: Zum einen, weil die Banken mittlerweile gesehen haben, dass ihr Eigenkapital besser genutzt wird, wenn sie echtes Kreditgeschäft und nicht Kreditersatzgeschäft betreiben; zum anderen können etwa die öffentlichen Förderbanken auf der Refinanzierungsseite doch ganz erheblich helfen.

VC-Magazin: Was ist dann die größte Herausforderung, die der Mittelstand in Bayern in den nächsten Jahren zu bewältigen hat?
Schneider: Ich denke, dass das die Nachfolgeregelung bei mittelständischen Unternehmen ist. Wir haben eine große Zahl gut eingeführter Mittelständler mit vielen Arbeitsplätzen, wo der Generationenübergang bevorsteht. Leider ist es in vielen Fällen so, dass nicht der geborene Nachfolger aus der Familie bereitsteht, sondern man hier suchen muss. Das kann man gar nicht früh genug angehen.

VC-Magazin: Ihre Förderangebote können ausschließlich über die Hausbanken in Anspruch genommen werden. Warum?
Schneider: Das hat eine Reihe von Gründen. Zunächst die Arbeitsteilung, die natürlich sehr ressourcenschonend ist. Wir haben rund 300 Mitarbeiter in der LfA. Sie können sich vorstellen, dass wir ein Vielfaches bräuchten, wenn wir nicht über die Hausbanken gehen würden. Ein weiterer Grund ist die Risikoprüfung durch die Hausbank. Da diese bereit sein muss, ein Risiko ganz oder teilweise zu übernehmen, findet eine direkte Prüfung vor Ort statt. Es kommt aber noch ein weiterer Punkt hinzu. Wenn wir als öffentliche Förderbank direkt Kredite ausreichen würden, kann man sich vorstellen, dass wir immer dann gefordert werden, wenn es bei privaten Banken nicht läuft. Das würde zu einer einseitig negativen Risikoselektion führen, mit der wir nicht mehr vernünftig wirtschaften könnten. 

VC-Magazin: Glauben Sie, dass Ihre Produkte bei den bayrischen Unternehmern ausreichend bekannt sind?
Schneider: Unser Bekanntheitsgrad bei den Unternehmen stellt uns nicht ganz zufrieden. Hier wollen wir auf jeden Fall noch mehr Präsenz zeigen. Allerdings liegen wir im Verhältnis zur bundesweit tätigen KfW gar nicht so schlecht. Woran wir auch arbeiten, ist unsere Bekanntheit bei Mittlern wie den Kammern, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, insbesondere auf zahlreichen Veranstaltungen. Und um unsere Kontakte zu den Geschäftsbanken auszubauen, haben wir eine eigene Vertriebs- und Beratungsinitiative gestartet.

VC-Magazin: Zum Stichwort KfW: In mehreren Geschäftsbereichen arbeiten Sie intensiv mit der Förderbank des Bundes zusammen. Befürchten Sie angesichts der hohen Belastungen aus der Finanzkrise ein rückläufiges Engagement der KfW in der Mittelstandsförderung?
Schneider: Die Vorstände der KfW haben mehrfach erklärt, dass man sich gerade in der jetzigen Zeit auf die Kernaufgabe der Wirtschaftsförderung konzentrieren möchte und hier insbesondere die kleineren und mittleren Unternehmen im Brennpunkt stehen. Das ist genau die Klientel, die wir mit unseren Programmen auch ansprechen. Deshalb denke ich, dass der Mittelstand auch weiterhin gute Förderangebote erhalten wird.

VC-Magazin: Mit Bayern Kapital und der BayBG gehören ein rühriger Frühphasenfinanzierer und eine der größten mittelständischen Beteiligungsgesellschaften zur LfA Gruppe. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung der beiden Gesellschaften?
Schneider: Bayern Kapital finanziert seit zwölf Jahren technologiegetriebene junge Unternehmen. Diese Gesellschaft hat sich sehr gut etabliert. Wir haben den Technologiefonds Bayern und sind gerade dabei, aus der Clus­teroffensive heraus neue Clusterfonds aufzustellen, die dann den Anschluss an den auslaufenden Technologiefonds darstellen. Dennoch braucht die Bayern Kapital zumindest bei den größeren Finanzierungen einen privaten Lead-Investor – hier ist aber leider ein Engpass festzustellen. Bei der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft wird auf der ganzen Breite des Mittelstands ein gutes Geschäft gemacht. Im Zuge der Finanzmarktkrise spürt die BayBG ein deutliches Anziehen der ohnehin schon über das letzte Jahr gestiegenen Nachfrage, beispielsweise weil Genussrechtsprogramme wie Preps nicht mehr ausplatziert werden können.

VC-Magazin: Was halten Sie von privatwirtschaftlichen Private Equity-Gesellschaften?
Schneider: Sie haben eine sehr wichtige Funktion am Markt, aber in der Regel Schwerpunkte, die für die kleineren Mittelständler nicht so passen. Erstens geht es meis­tens um größere Einheiten; zweitens wollen sie oft Mehrheitsbeteiligungen einnehmen und Einfluss auf die Geschäftstätigkeit ausüben; drittens wird oft ein unverhältnismäßig kurzfristiger Exit angestrebt.

VC-Magazin: Was wünschen Sie sich für den Standort Deutschland?
Schneider: Das wichtigste sind aktuell eine Stabilisierung und die Vertrauensbildung im Finanzsektor. Für den Mittelstand wünsche ich mir, dass der – in Bayern stark ausgeprägte – Innovationsgeist anhält. Denn wir sind in einem globalen Wettbewerb, in dem man ständig besser werden muss, um an der Spitze zu bleiben.

VC-Magazin: Wobei können Sie am besten abschalten?
Schneider: Am besten gelingt mir das, wenn ich mit meiner Frau in den Bergen unterwegs bin. Aber das geht natürlich nicht immer. Sehr gern höre ich gute Opernmusik, Wagner oder Verdi, und genieße dazu vielleicht ein gutes Glas Rotwein.

VC-Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!

Zum Gesprächspartner
Michael Schneider ist Vorstandsvorsitzender der LfA Förderbank Bayern. In den ersten neun Monaten 2008 hat die LfA Förderbank Bayern 1,9 Mrd. Euro an zinsgünstigen Darlehen zugesagt, rund 18% mehr als im Vorjahreszeitraum. Neben Darlehen gehören auch Risikoentlastungen sowie – über Unternehmen der LfA Gruppe – Beteiligungskapital zu den Angeboten der Förderbank des Freistaates Bayern.