„Ich sehe Private Equity als einen positiven Wirtschaftssektor“

VC Magazin: Von den Medien und dem Süddeutschen Verlag hin zur BayWa und Düngemitteln ist ein ziemlicher inhaltlicher Sprung. Was reizt Sie an der Aufgabe?
Lutz
: Die BayWa ist eine Institution in Bayern, Süddeutschland und mit unseren Beteiligungen auch in Österreich und Osteuropa. Es ist eine Ehre, wenn man so ein Unternehmen weiterentwickeln darf. Das ist der emotionale Teil. Inhaltlich ist die Spreizung der Aufgaben geradezu unglaublich. Wir haben 121 Beteiligungsunternehmen und fast 17.000 Mitarbeiter bei 8,8 Mrd. Euro Umsatz im letzten Jahr.

VC Magazin: Was sind Ihre Visionen für den Ausbau der BayWa-Bereiche Agrar, Bau, Energie?
Lutz: Im Agrarbereich wollen wir in Osteuropa und in Deutschland wachsen, soweit das kartellrechtlich geht. Wir wollen unsere Getreideerfassungsstandorte optimieren und ihre Kapazitäten erhöhen. Logistisch betrifft das auch den Ausbau der Schiffsfrachten. Beim Thema Saatgut haben wir Marktanteile verloren und wollen das wieder aufholen. Zweiter Bereich Bau: Bei den Bau- und Gartenmärkten läuft das Geschäft erfreulich. Dennoch suchen wir Partner, weil wir da alleine zu klein sind. Im Baustoffhandel spüren wir zwar gegenwärtig die Krise, mittel- bis langfristig wollen wir aber dennoch in dem für uns strategisch wichtigen Baustoffhandel Marktführer in Deutschland werden. Aktuell haben wir ca. 6% Marktanteil und sind die Nummer 2 hinter Saint-Gobain, sprich Raab Karcher. Es wird im Baustoffhandel zur Konsolidierung kommen, Mittelständler werden wegen Finanzproblemen aufgeben. Da steht die BayWa gerne als Partner zur Verfügung.

VC Magazin: Womit wir beim Thema Expansion wären. Spielt Osteuropa dabei eine starke Rolle?
Lutz: Insgesamt beobachten wir momentan 25 Targets – mit dem großen Schwerpunkt Green Energy und Agrar. Was nun Osteuropa betrifft, sind wir sehr, sehr vorsichtig. Wir sind in elf osteuropäischen Ländern tätig. Wir haben uns etliche Targets angeschaut, besonders im Segment Landtechnik. Aber da ist nichts ganz Großes dabei. Entweder ist der Preis zu hoch oder die Qualität des Unternehmens hat uns nicht gefallen. Aber wir glauben an die Perspektiven in Osteuropa. Das geht nur über Beteiligungen, Akquisitionen und nur mit lokalem Management und Mitarbeitern, auf die wir uns vor Ort verlassen können.

VC Magazin: Wie sieht es im Energiebereich aus?
Lutz: Im Energiebereich haben wir im ersten Halbjahr 2009 ein sensationelles Ergebnis erzielt. Beim Heizöl wird es zu einer Konsolidierung kommen. Wenn sich Gelegenheiten ergeben, werden wir national zukaufen. In Süddeutschland kaufen wir gerade drei Mineralölhändler. Und wir werden BayWa Green Energy ausbauen.

VC Magazin: Bei Green Energy geht es hauptsächlich um Photovoltaik und Biogas …
Lutz: Genau. Wir sehen uns dabei primär nicht als Betreiber von Anlagen, sondern vor allem im Engineering, Projektmanagement. Hier haben wir eine ganze Fülle von Akquisitionstargets. Wir werden geradezu zugeschüttet mit Akquisitions- und Hilfsanfragen von Unternehmen vor allem aus dem Solarbereich, die durchaus profitabel, aber aufgrund der Bankensituation nicht liquide sind.

VC Magazin: Bezogen auf das Geschäftsfeld Agrar: Wie geht die BayWa mit der Gentechnik um?
Lutz: Wir liefern als Handels- und Dienstleistungsunternehmen im Rahmen der Gesetze unseren Kunden das, was wir liefern dürfen und was die Kunden wollen. Unsere Futtermittelproduktion entspricht den Vorschriften. Momentan ist die praktische Relevanz des Themas nicht sehr hoch, weil es eben kaum entsprechende Produkte gibt, abgesehen von den Diskussionen zum Thema Genkartoffel oder Genmais.

VC Magazin: Spielt das Thema Gentechnik auch für Düngemittel keine Rolle?
Lutz: Durch diese Diskussionen werden unsere Kunden geschädigt, zum Beispiel die Milchbauern. Alle reden von grün, Umweltfreundlichkeit und keinen genveränderten Nahrungsmitteln. Das ist eine einseitige Diskussion. Dass Sie andererseits in Deutschland bei einem Pizzabäcker Pizzas mit Analogkäse aus genveränderten Sojagrundrohstoffen oder mit Pressschinken bzw. Schinkenimitaten bekommen können, da wird mir schlecht. In der Schweiz gibt es ein anderes Bewusstsein für die Qualität von Lebensmitteln. Deshalb sollte man auf solche Produkte verzichten und viel mehr auf das zurückgreifen, was Bauern und Natur hier produzieren.

VC Magazin: Wie bewerten Sie die Aktivitäten von Private Equity-Firmen in den Geschäftsfeldern der BayWa?
Lutz: Wir haben kein Problem mit Private Equity. Ich würde eher sagen, die BayWa agiert zum Teil wie ein Private Equity-Unternehmen, wobei unsere Investments alle sehr langfristig ausgerichtet sind. Ich war ja selbst für das Private Equity-Unternehmen Industrikapital Stockholm tätig und sehe Private Equity als einen positiven Wirtschaftssektor. Natürlich gibt es auch Private Equity-Unternehmen, die aus Renditegier mit der Existenz von Unternehmen spielen. Viele Fonds sind nun unter Druck geraten, weil sie zu hoch geleveraged haben. Nicht nur Fonds, auch Privatpersonen haben für einen Euro Eigenkapital teilweise bis zu acht Euro an Fremdkapital aufgenommen. Da geht man irgendwann in die Knie.

VC Magazin: Hat die BayWa Verbindungen zu Venture Capital-Investoren?
Lutz: Wir werden oft mit Geschäftsideen konfrontiert, bei denen wir quasi als Venture Capitalist tätig werden müssten. Das haben wir bisher abgelehnt, weil es uns zu spekulativ, zu risikoreich ist.

VC Magazin: Abschlussfrage: Auf Ihren Kunden, den Bauern, lastet ein hoher Preisdruck. Werden die Forderungen der Bauern nach staatlicher Kostenentlastung zu wenig erfüllt?
Lutz: Wir liegen bei dem Thema absolut deckungsgleich mit der Position von Herrn Sonnleitner, dem Präsidenten des Bauernverbandes: Die Bauern müssen mehr und mehr Unternehmer werden. Auf EU-Ebene werden die Subventionen über Jahre stärker zurückgeführt, und irgendwann gibt es keine Subventionen mehr. Die Frage ist nur, ob das für die Milchbauern sozialverträglich ist. Da muss man Übergangszeiten und auch Hilfen anbieten. Ich habe kürzlich in München eine Bäuerin kennengelernt, die sich sehr breit aufgestellt hat, obwohl alle gesagt haben: „Mei, Madel, was machst du für einen Schmarrn.“ Sie besitzt Milchkühe, Hühner, sie hat eine eigene durchgängige Wertschöpfungskette und verschiedene Standbeine. Ihr geht es richtig gut. Sie hat gesagt, Milch läuft im Moment schlecht, aber dafür Geflügel besser. Mit ihrer breiten Aufstellung weist sie einen möglichen Weg, wenn es um Nischenlösungen geht. Der Bauernbetrieb wird sich aber generell stark verändern. Vor allem werden sich die Betriebsstrukturen vergrößern wie z. B. im Bereich der Vertriebseinheiten – schon allein aus Rentabilitätsgründen.

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview!

Georg von Stein

Zum Gesprächspartner
Klaus Josef Lutz begann seine berufliche Laufbahn als Rechtsanwalt, wechselte später in die Wirtschaft. Er war Vorstandsvorsitzender der Ditec Informationstechnologie AG, Geschäftsführer der Burda Druck GmbH und Vorstandsvorsitzender der i-center Beteiligungen AG. Vor seinem Wechsel zur BayWa, die er als Vorstandsvorsitzender leitet, zeichnete Lutz als Geschäftsführer für den Süddeutschen Verlag verantwortlich.