„Wir werden Gespräche mit Private Equity-Häusern führen“

VC Magazin: Ihr Geschäftsgebiet sind Bildung und Gesundheit. Was sind für Sie die Herausforderungen in den nächsten Jahren?

Hekking: Die Bildungsausgaben in Deutschland liegen noch deutlich unter dem OECD-Durchschnitt. Wir rechnen mit einem Wachstum von etwa 15% bis 2012, getragen vor allem durch die Hochschulen. Die Zahl der Studierenden wird nach Schätzungen der Kultusministerkonferenz von derzeit 2,1 Millionen bis 2015 kräftig auf etwa 2,4 Millionen wachsen. Die Bundesregierung hat ja in ihrer Koalitionsvereinbarung die Förderung der Bildungsausgaben deutlich betont. Ein Problem dabei ist, dass in Deutschland die Bildung zum ganz überwiegenden Teil in staatlicher Hand liegt. Die Privaten haben einen Marktanteil von nur 4%, bei den Fachhochschulen sind es 10%. Hier gilt es zuzulegen, indem man sich von den öffentlichen Hochschulen bei der Exzellenz der Lehre differenziert.

VC Magazin: Und im Krankenhausbereich?

Hekking: 1998 hatten wir 16,8 Millionen Krankenhausfälle und liegen 2008 bei 17,4 Millionen Fällen. Das sind 3,6% Zuwachs. Dort rechne ich trotz sinkender Bevölkerungszahlen weiterhin mit moderatem Wachstum. Hatten wir 1998 noch etwa 2.300 Krankenhäuser, waren es 2008 weniger als 2.100 Krankenhäuser und auch weniger Betten. Also müssen weniger Krankenhäuser die Fälle bewältigen. Das hat zum Teil selektiv Wachstum bei einzelnen Krankenhausträgern ermöglicht. Es bleibt aber ein Verdrängungswettbewerb. Ich gehe nicht davon aus, dass es – wie noch in den 90er-Jahren – zu einer weiteren Privatisierungswelle kommt. Wir haben inzwischen im Krankenhausmarkt in etwa eine Ein-Drittel-Parität zwischen öffentlichen, gemeinnützigen und privaten Trägern. Und auch die öffentlichen Krankenhäuser sind durch Verbundbildung sowie andere Strategien effizienter geworden.

VC Magazin: Aber wird der Wettbewerb bei Krankenhäusern und die Erzielung von guten Renditen durch die Fallpauschalen und Gesundheitsreform nicht schwerer?

Hekking: Im Gegenteil. Die Fallpauschalen waren für die Krankenhäuser keine schlechte Entwicklung. Dadurch ist deutlich mehr Wettbewerb entstanden, und die Budget-Deckelungen sind entfallen. Es hat uns natürlich gezwungen zu rationalisieren und Kosten zu senken, weil ja Durchschnittswerte erreicht werden sollten. Aber das alles ist mittlerweile passiert. Und von der nächsten Gesundheitsreform erwarte ich keine gravierenden Veränderungen des Wettbewerbs.

VC Magazin: Welche Chancen stecken für Krankenhäuser in der ganzheitlichen Gesundheitsversorgung?

Hekking: Das ist die Kernfrage. Im Krankenhausmarkt belegen Rhön, Helios und Asklepios die ersten Stellen. Wir stehen nach Umsatz an siebter Stelle. Die großen Krankenhausketten haben viele Krankenhäuser gekauft und zu einem überregionalen Gebilde gebaut. Unsere Gegenstrategie zielt darauf ab, Versorgungsmodelle im Sinne eines ganzheitlichen Angebotes aufzubauen. Damit meine ich, in einer abgegrenzten Region den ambulanten Bereich, die Rehabilitation und die stationäre Behandlung zusammen anzubieten.

VC Magazin: Aber was macht SRH in Richtung Vorsorge?

Hekking: Ich bin skeptisch, ob die Prävention wirklich nun der große Kostensenker im Gesundheitswesen sein kann. Ganz entscheidend ist hier Gesundheitsbildung in punkto Ernährung, Bewegung und anderen Themen gegen Zivilisationskrankheiten. Wir bearbeiten das über unsere Gesundheitsfachschulen und -hochschulen. Wir sind auch Mitglied der neu gegründeten Stiftung für Prävention, die die Landesregierung von Baden-Württemberg ins Leben gerufen hat. Hier machen sich Krankenkassen, entsprechende Träger, Pharmaindustrie und Landesregierung in einem übergreifenden Konzept Gedanken darüber, welche Präventionsstrategien geeignet sind.

VC Magazin: Nun zum Thema Bildung: Was ist Ihnen da ein großes Anliegen an den Gesetzgeber?

Hekking: Wir haben insgesamt in Deutschland knapp 400 Hochschulen, der Großteil in staatlicher Hand. Sie werden über den Wissenschaftsrat oder die Kultusministerkonferenz homogen gesteuert. Amerikaner, Japaner, Australier und andere liegen im weltweiten Hochschulwettbewerb deutlich vor uns, weil sie mehr Raum geben für unterschiedliche Konzepte und Wettbewerb zwischen privaten und öffentlichen Hochschulen. Außerdem ist Hochschulbildung als deutsche Exportmarke relativ unterentwickelt.

VC Magazin: Welche ganz konkreten Dinge sollten also getan werden?

Hekking: Das sogenannte Akkreditierungsverfahren muss überprüft werden wie auch die Vertretung privater Hochschulen in den gesamten Hochschulgremien. Es müsste die Frage gestellt werden, ob der Staat nicht nach dem Motto investieren sollte: „Ich als Staat gebe dir Studierender Geld, damit du dir ein ordentliches Studium finanzieren kannst, und du suchst dir deinen besten Anbieter aus!“ Und der Gesetzgeber sollte sich dem Thema widmen: Wie entwickelt man den Bereich Fernstudium in Deutschland weiter?

VC Magazin: Sehen Sie das auch als ein Investitionsthema für Private Equity?

Hekking: Im Bereich des Fernstudiums können für Private Equity interessante Returns on Investment erzielt werden. Unsere Fernhochschule liegt mit einer Umsatzrendite von 18% ja deutlich über unserem operativen Ergebnis von 6,5%. Sie können Fernuniversitäten schlank, flexibel und rentabel organisieren. Wir selbst werden eine Reihe von Gesprächen mit Private Equity-Häusern führen. Man kann das auch angehen wie der Klett-Verlag, der sich vor Kurzem über eine Schuldverschreibung etwa 50 Mio. EUR zur Wachstumsfinanzierung ins Unternehmen geholt hat.

VC Magazin: Börsengang, Trade Sale, Secondaries. Wie sähe dann die Exit-Strategie aus?

Hekking: Going Public wäre mir als eine vernünftige Exit-Strategie am liebsten. Wir haben es in Deutschland geschafft, dass zwei gute Krankenhauskonzerne an der Börse platziert sind. Als Herr Münch vom Rhön Klinikum vor mehreren Jahrzehnten an die Börse gegangen ist, haben ihn manche Krankenhausexperten für verrückt gehalten. Und ein börsennotiertes Bildungsunternehmen gibt es noch nicht. Das wäre auch im internationalen Geflecht wichtig, dass so ein Thema bei uns börsenfähig ist.

VC Magazin: Was wären außerhalb von SRH Bereiche, in die Sie investieren würden?

Hekking: Internationales Marketing. Man müsste schauen, wie Deutschland sich international besser verkaufen könnte. Dann sollte man für große Produktinnovationen das Kapital hier bereitstellen, damit die Innovationen nicht ins Ausland abwandern. Interessant sind auch die Bereiche der regenerativen Energien und Logistik. Wie findet die Versorgung in Deutschland noch statt, wenn die Spritpreise bei 5 EUR liegen und es in allen Städten Umweltzonen gibt? Für solche Logistikherausforderungen braucht es stimmige Ideen. Es gibt da ja z.B. Überlegungen, Autobatterien im Kongo auf Solarfeldern aufzuladen und dann nach Deutschland zu schaffen.

Georg von Stein
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Zum Gesprächspartner
Prof. Klaus Hekking ist Vorstandsvorsitzender der SRH Holding und engagiert sich u.a. im Vorstand der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, im Beirat der Dresdner Bank und in mehreren Aufsichtsräten. Die SRH Holding ist eine unabhängige Stiftung für Bildung und Gesundheit und betreibt private Hochschulen, Berufsfach- und allgemeinbildende Schulen, Bildungszentren sowie Krankenhäuser. 2008 gehörten zum Konzern 34 Unternehmen mit 7.675 Mitarbeitern, der Umsatz lag bei 514,3 Mio. EUR.