„Ich würde einer Beteiligungsgesellschaft immer den Vorzug geben“

VC Magazin: In welcher Situation hat Adcuram IMA 2005 übernommen?

Lange: Als wir IMA Klessmann 2005 übernommen haben, war das Unternehmen in einer deso­laten Verfassung. Hintergrund war das Kartellverfahren, das gegen die 1999 erfolgte Fusion mit einem Wettbewerber von IMA eingeleitet worden war. Im Mai 2002 hatte das Bundeskartellamt ein Verfahren eröffnet, um zu prüfen, ob die Fusion – entgegen der ursprünglichen Einschätzung – anmeldepflichtig war. Zwar kam die Behörde im Oktober 2003 zu dem Ergebnis, dass die Fusion rechtmäßig war. Allerdings hatte diese lange Phase der Verunsicherung tiefe Spuren hinterlassen – das Produktportfolio war nicht mehr wettbewerbsfähig, weil über Jahre nichts mehr investiert wurde, Kunden und Mitarbeiter waren tief verunsichert.

VC Magazin: Welche Meilensteine konnten Sie seitdem in der Unternehmensentwicklung erreichen?

Lange: Vor allem ist es uns gelungen, das Unternehmen in einem gemeinsamen Kraftakt mit den Mitarbeitern und dem Management neu aufzu­stellen. Hinzu kommt eine Fülle wichtiger Einzelerfolge: So haben wir etwa das Servicegeschäft seit der Übernahme durch Adcuram in Summe um 50% ausgebaut. Das Auslandsgeschäft hat sich seit 2005 nahezu verdreifacht – das sind die Früchte einer offen­siven Internationalisierungsstrategie. Und schließlich wurden die Investitionen in neue Produkte um einen deutlich zweistelligen Prozentsatz gesteigert. Die Folge: IMA ist in ihren Märkten heute technologisch wieder die Nummer eins.

 

VC Magazin: Wo lagen die größten Herausforderungen? Welchen Input haben Sie dabei von Adcuram erhalten?

Schliekmann: Herausforderungen gab es praktisch in allen operativen Bereichen. Hier haben uns die Experten von Adcuram vom ersten Tag an ganz pragmatisch unterstützt, etwa bei der Einführung mittelständischer Strukturen oder dem Aufbau eines internationalen Vertriebsnetzes. Die größte Leistung lag nach meiner Ansicht aber darin, verloren gegangenes Vertrauen von Kunden und Mitarbeitern zurückzugewinnen und ihnen eine neue Perspektive zu geben. Das ist Adcuram hervorragend gelungen, weil sich unser neuer Eigentümer als ein verlässlicher Partner erwiesen hat, der sich aktiv um die Weiterentwicklung des Unternehmens kümmert.

 

VC Magazin: Im deutschen Mittelstand gibt es nach wie vor Vorbehalte gegen die Zusammenarbeit mit einem Beteiligungsunternehmen. Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit Adcuram?

Schliekmann: Ich halte diese Vorbehalte für unbegründet, und ich spreche da aus Erfahrung. Persönlich würde ich der Zusammenarbeit mit einer Beteiligungsgesellschaft immer den Vorzug gegenüber einem Familienunternehmen geben. Denn bei inhabergeführten Unternehmen werden Entscheidungen nicht allein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen, hier spielt auch das Bauchgefühl eine wichtige Rolle. Das kann für Führungskräfte zuweilen sehr frustrierend sein. Das ist bei einem Beteiligungsunternehmen anders, hier zählen die ökonomischen Fakten. Das macht die Zusammenarbeit zwar manchmal sehr herausfordernd, aber gleichzeitig auch hoch professionell und effektiv. In Adcuram habe ich einen Sparringspartner, mit dem ich mich über alle wichtigen Entscheidungen austauschen kann und der unser Geschäft zu 100% als Kerngeschäft versteht.

 

VC Magazin: Wo bietet Ihnen Adcuram einen Mehrwert für die Weiterentwicklung Ihres Geschäfts?

Schliekmann: Zum einen haben wir in Adcuram einen kapitalstarken Partner an unserer Seite, der unser Geschäft auch aktiv weiterentwickelt. Zum anderen bietet uns Adcuram mit dem ausgeprägten operativen Ansatz auch eine umfassende Unterstützung bei der Umsetzung der Weiterentwicklungsmaßnahmen. So haben wir Zugriff auf ein großes Expertenteam, das uns als Management vor Ort aktiv begleitet, etwa wenn es um die Optimierung des Einkaufs oder auch um Prozess- und Organisationsverbesserungen geht. Dabei hilft es, dass Adcuram aufgrund des Beteiligungsportfolios einen viel breiteren Blick hat als wir selbst – als Management eines einzelnen Unternehmens.

 

VC Magazin: Herr Lange, was haben Sie aus der Arbeit mit IMA dazugelernt?

Lange: Auch wenn es ein wenig abgegriffen klingt – bei IMA haben wir besonders deutlich gesehen, wie wichtig die Menschen für den Erfolg eines Unternehmens sind. IMA ist im Hochtechnologiebereich unterwegs. Stärker als der Markt kann ein Unternehmen hier auf Dauer nur mithilfe überlegener Produkte wachsen. Doch für Innovationen braucht es Menschen, die für eine Idee brennen. Das können Sie über die Optimierung der Kostenseite nicht erreichen. Dazu müssen Sie Mitarbeitern und Kunden schon eine langfristige Perspektive geben.

 

VC Magazin: IMA hat in den vergangenen Jahren den Umsatz entgegen dem Branchentrend deutlich gesteigert. Wo sehen Sie weitere Entwicklungsperspektiven für IMA?

Schliekmann: Der Schlüssel zum Erfolg liegt zunächst einmal in der Technologie. Hier haben wir in den letzten Jahren massiv investiert und uns einen erheblichen Wettbewerbsvorsprung erarbeitet. Daneben spielt die Internationalisierung eine wichtige Rolle. Die europäische Möbelindustrie ist nach wie vor ein wichtiger Partner von IMA, die Schwellenländer werden aber als Absatzmärkte immer wichtiger für uns. Denn mit wachsendem Wohlstand steigt auch die Nachfrage nach heimischen Möbeln. Das treibt wiederum die Nachfrage nach unseren Fertigungsanlagen.

 

VC Magazin: Seit dem Einstieg Adcurams haben Sie u.a. Tochtergesellschaften in Russland und China aufgebaut. Welche Zukunftschancen sehen Sie für deutsche Mittelständler in diesen Märkten?

Schliekmann: Beide Märkte bieten für mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer aus Deutschland hervorragende Perspektiven, wenngleich sie nicht unterschiedlicher sein könnten. Wer sich entscheidet, dorthin zu gehen, braucht allerdings einen langen Atem und die Kraft, auch einmal eine längere Durststrecke zu überstehen. Wichtig sind lokale Partner vor Ort.

 

VC Magazin: Auch eine Beteiligungsholding wie Adcuram möchte irgendwann einmal einen Exit realisieren. Welche Käufer kämen für IMA infrage? Welchen Einfluss hat die Exit-Frage auf das tägliche Geschäft und auf die langfristige strategische Planung?

Lange: Ich will die Frage so beantworten: Solange wir ein signifikantes Wachstumspotenzial sehen und als Eigentümer auch der Auffassung sind, einen nachhaltigen Beitrag leisten zu können, dieses Potenzial zu erschließen, verschwenden wir keinen Gedanken an einen Exit. Wir sehen dank der überlegenen Technologie auf den Zukunftsmärkten Asiens und Lateinamerikas eine hervorragende Perspektive für IMA und fühlen uns deshalb mit unserer Beteiligung nach wie vor sehr wohl.

 

VC Magazin: Danke für das Interview!

 

Susanne Gläser

 

Zu den Gesprächspartnern:

Dr. Ulf Lange ist Gründer, Gesellschafter und Vorstand der Adcuram Group AG und verantwortlich für die aktive operative Entwicklung der Portfoliounternehmen. Rüdiger Schliekmann ist geschäftsführender Gesellschafter der IMA Klessmann GmbH, einem Hersteller von Maschinen und Fertigungsstraßen für die Möbel- und Bauelementeindustrie.