Interview Mit Sonya Pauls, SJ Berwin, zum Fundraising-Dauerlauf

VC Magazin: Der Fundraising-Markt lief seit Ausbruch der Finanz- und Eurokrise und bedingt durch zahlreiche regulatorische Neuerungen in den vergangenen Jahren sehr gedämpft. Einige erste Closings konnten im zweiten Halbjahr 2012 dennoch vermeldet werden. Sind Earlybird & Co. potenzielle Eisbrecher?

Pauls: Wir haben in der DACH-Region keinen wirklichen Einbruch des Fundraising-Marktes verzeichnen können. Viele General Partner aus Deutschland, aber auch der DACH-Region insgesamt waren in den letzten Monaten sehr erfolgreich und häufig überzeichnet. Das Interesse an Deutschland und deutschen GPs ist aus unserer Praxissicht global unvermindert hoch. Dies gilt für praktisch alle Sektoren, Venture Capital und Buyout, aber auch für Distressed- und Infrastrukturfonds. Viele Fundraising-Prozesse dauern jedoch länger als in der Vergangenheit.

VC Magazin: Wie haben sich Fundraising-Prozesse über die vergangenen Jahre verändert?

Pauls: Die Prozesse haben sich in der Tat sehr stark gewandelt und professionalisiert. Es gibt zunächst nach wie vor eine sehr starke Spaltung im Markt. GPs mit überdurchschnittlichem Track Record erreichen ihr gewünschtes Zeichnungskapital problemlos und innerhalb nur weniger Wochen, mit häufig GP-freundlicheren Beteiligungsbedingungen als in den starken Fundraising-Phasen vor rund fünf Jahren. Daran hat auch ILPA nichts geändert. Andere General Partner, die einen guten Track Record haben, brauchen durchschnittlich häufig länger, um die Kapitalhürde des ersten Zeichnungsschlusses zu erreichen.

VC Magazin: Aus welchen Gründen?

Pauls: Die internen Due Diligence-Prozesse der Investoren sind zunächst grundsätzlich viel intensiver geworden. Aus früher zwei oder drei Pre-Commitment Meetings mit Investoren sind heutzutage nicht selten vier oder mehr geworden. Investoren akzeptieren auch zunehmend nicht mehr die IRR-Angaben der GPs, sondern rechnen die Zahlen unter Zugrundelegung der Cashflows selber nach. Viele Investoren haben ihre Entscheidungsprozesse zudem restrukturiert und binden Senior-Projektleiter bereits in der Due Diligence-Phase mit ein. Es gibt aufgrund der Vielzahl der Fundraising-Projekte weltweit aber auch zunehmende Kapazitätsengpässe bei Investoren. Zurzeit sind ca. 1.900 Fonds weltweit offiziell im Fundraising.

VC Magazin: Wie können GPs überzeugen?

Pauls: Um Momentum aufrechtzuerhalten, muss die Story und Struktur klar und nachvollziehbar sein. Checklistenfragen der Investoren, bei denen es ein Fragezeichen gibt, zum Beispiel zu Exits, Style Drift oder Succession- bzw. Keymen-Themen führen häufig dazu, dass ein ansonsten gutes Produkt wieder unter den Stapel fällt und das Fundraising an Momentum verliert. Wir beobachten diesen Strömungsabriss nicht selten, und er ist häufig vermeidbar. Die Positionierung, auch das Herausstellen des Alleinstellungsmerkmals, wird zunehmend wichtig und führt auch zu einer global stärker zu beobachtenden Spezialisierung der General Partner. Das GP-Business ist heutzutage somit ganz klar nicht mehr nur ein Investment Business mit Fundraising-Phasen, sondern auch ein permanentes Fundraising Business. Dies kann man auch klar an der zentralen Bedeutung der Investor Relations-Rolle heutzutage erkennen. Es ist grundsätzlich viel zu spät, den Fundraising-Prozess – so wie noch vor ein paar Jahren üblich – kurz vor Ablauf der Investment Period zu initiieren.

VC Magazin: Wer sind aktuell die aktivsten Investoren in Private Equity-Fonds?

Pauls: Wie bereits erwähnt sehen wir nach wie vor ein starkes globales Interesse an Deutschland und deutschen GPs. Investoren aus dem europäischen Raum, insbesondere Skandinavien, sind sehr aktiv. Ansonsten sehen wir trotz Eurokrise anhaltend starkes Interesse aus dem nordatlantischen Raum und Australien. Ein ganz besonderes strategisches Interesse an Deutschland kommt sehr deutlich aus Asien, insbesondere aus China. Auch in der MENA-Region gibt es interessierte Investoren, allerdings sind dort sehr strikte Marketingrestriktionen zu beachten, die häufig erst nach erfolgreicher Zeichnung „beißen“!


VC Magazin: Viele GPs berichten von gestiegenen Ansprüchen der LPs. Was sind derzeit die wichtigsten Verhandlungspunkte?

Pauls: Ein deutliches Phänomen dieser Zeit ist der sehr individuelle Ansatz, den viele LPs im Rahmen des Due Diligence-Prozesses und der Verhandlungen verfolgen. Der Aufwand für GPs während der Due Diligence- und Verhandlungsphase ist sehr hoch, da die Gewichtung einzelner Themen bei Investoren unterschiedlich, häufig auch widersprüchlich ist. Es gibt ganz klar nicht einmal ansatzweise einen Trend zur Standardisierung der Vertragsinhalte. Jede Verhandlungssituation ist anders, jeder GP und jeder institutionelle LP setzt unterschiedliche Schwerpunkte, jedes Fundraising hat eine unterschiedliche Dynamik, und die Vertragsinhalte reflektieren dies. So ist die am stärksten verhandelte Klausel bei manchen GPs die sogenannte Key Man Clause, bei anderen die Kündigungsmodalitäten und bei wieder anderen die Reinvestitionsrechte. Eine vertiefte Due Diligence und Analyse hat natürlich auch Einfluss auf die Vertragsdokumentation und führt zu maßgeschneiderten Vertragsergebnissen.


VC Magazin: Wie finden beide Parteien letztlich doch zusammen?

Pauls: Es gibt natürlich einen Marktrahmen und Trends, aber letztendlich geht es darum, zwischen dem jeweiligen GP und dessen Investoren ein optimiertes Alignment der wirtschaftlichen Interessen herzustellen. Es ist häufig unsinnig, bei einem First Time Venture-Fonds dieselben ökonomischen Parameter zu fordern wie bei einem Multimilliarden-Buyout-Fonds. Es ist auch eine ökonomische Realität, dass überzeichnete GPs managementfreundlichere Beteiligungsbedingungen haben als GPs, die sich schwerer tun. Ein neues Phänomen ist sicherlich der starke Fokus der Investoren auf ESG und UNPRI Compliance. Viele institutionelle Investoren bringen auch ihre eigenen Compliance-Listen in die Verhandlungen mit ein, die in der Vertragsdokumentation berücksichtigt werden müssen. Fundraising-Prozesse sind umfangreicher, globaler und facettenreicher als je zuvor.


VC Magazin: Welche Gesellschaftsformen werden für neue Beteiligungsfonds derzeit am häufigsten gewählt?

Pauls: Hier gibt es keine besonderen neuen Trends. Strukturierungsfragen werden natürlich nie abstrakt beantwortet. Man muss stets den Sitz der Geschäftsführung sowie sonstige Zielsetzungen bestimmter Investoren und des Managements berücksichtigen. Die deutsche KG funktioniert im Fundraising nach wie vor gut, trotz der offensichtlichen Unzulänglichkeiten der hiesigen Rahmenbedingungen. Bei nicht deutschen Strukturen wie den Kanalinseln, aber auch insbesondere Luxemburg ist natürlich die zusätzliche Kostenbelastung durch die lokalen Serviceprovider zu berücksichtigen. Global sehen wir insbesondere von der Seite der institutionellen Investoren keinen Druck, Offshore-Fonds onshore zu verlegen oder umgekehrt. Onshore-Trends haben aus unserer Erfahrung eher einen politischen PR-Hintergrund, wie er kürzlich in Skandinavien zu verzeichnen war. Viele große Investoren teilen uns insbesondere regelmäßig mit, dass sie keine AIFMD „Opt-in“ Compliance fordern, sondern aufgrund der befürchteten hohen Compliance-Kosten von einer solchen sogar abraten würden. Es besteht insgesamt eine große und klare Zurückhaltung der Investoren bei relativ neuen Jurisdiktionen – Strukturen sollten insbesondere zum gegenwärtigen Zeitpunkt eher konservativ und sicherlich getestet sein.

 

VC Magazin: Danke für das Interview, Frau Pauls!

 

Das Interview führte Susanne Gläser.

 

Zur Gesprächspartnerin

Sonya Pauls ist Partnerin im Münchener und Londoner Büro der Sozietät SJ Berwin LLP. Sie ist spezialisiert auf die Beratung von nationalen und globalen Private Equity- und anderen Fonds, Alternative Assets, Incentivierungsstrukturen sowie auf die Beratung von institutionellen Investoren.