Neun Fragen an Robert Blessing von LocalGuiding

LocalGuiding
Robert Blessing (li.) und Toni Stork, zwei der drei LocalGuiding-Gründer

VC Magazin: Wie kam es zu der Idee für Ihr Start-up?

Blessing: Ich arbeitete selbst als Tourguide für eine Incoming-Agentur. Dabei stellte ich fest, dass aufgrund der zwischengeschalteten Reiseagenturen kein direkter Austausch zwischen Tourguide und Reisendem vor Reiseantritt möglich war. Auf unsere Website http://www.localguiding.com bieten lokale Tourguides aus der ganzen Welt ihre individuellen Touren und Führungen an. Das Besondere daran: Jeder Tourguide bekommt bei LocalGuiding für den Kunden ein Gesicht. Nicht nur erstellen die einzelnen Anbieter ein Profil, in dem sie ihre Expertise ausweisen, Details zu den angebotenen Touren einstellen und über sich erzählen – vielmehr kann der Kunde durch Bewertungen und Kommentare von anderen Nutzern sofort sehen, was ihn erwarten wird und welcher Tourguide am besten zu seinen Wünschen passt. Vorbei sind die Zeiten, in denen Du dich auf ein „Blind Date“ mit deinem Guide einlassen musst.

VC Magazin: Wie haben Sie erste Finanzierung Ihrer Gründungsidee gestemmt und wie verlief die weitere Suche nach Kapital(-gebern)?

Blessing: Am Anfang sind wir mit eigenem Kapital gestartet und danach haben wir über das Förderprogramm „Start-Up Chile“ 40.000 Dollar erhalten. Damit haben wir eine voll funktionale Webseite, eine API Schnittstelle und eine iPhone-App entwickelt und daneben schon tausende von Tourguides aus über 100 Länder akquiriert. Tourenverkäufe gehen Monat für Monat nach oben. Um schnell zu skalieren, sind wir aber momentan auf der Suche nach einem Investoren.

VC Magazin: Was sprach gegen die Karriere als Angestellter und wie hat sich das Gründerteam zusammengefunden?

Blessing: Ich habe nicht geplant ein Start-up zu gründen. Aber als mir die Idee von LocalGuiding gekommen ist, hat sie mich nicht mehr losgelassen – dennoch habe ich zuerst die Idee kritisch hinterfragt – eine genauerer Analyse des Marktes und Wettbewerbssituation haben mich dann aber nur bestärkt die Idee in die Realität umzusetzen. Mittlerweile kann ich mir einen Job als Angestellter aber nicht mehr vorstellen. Alvaro, Gründer und CTO, kannte ich schon seit längerem und er hatte mich davor schon immer wieder angesprochen ob ich nicht ein IT-Unternehmen mit ihm gründen will. Toni als Online Marketing Experte passte schließlich wie die Faust aufs Auge und war schnell begeistert von der Idee.

VC Magazin: Wenn Sie auf Ihre bisherigen unternehmerischen Erfahrungen zurückblicken: Welche Entscheidungen würden Sie erneut treffen?

Blessing: Die meisten grundlegenden Entscheidungen wie zum Beispiel der Zusammenstellung des Teams würde ich heute genauso treffen.

VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Aus welchen schmerzhafte Erfahrungen konnten Sie besonders viel lernen?

Blessing: Am Anfang hat man zu viele Ideen und will in Relation zu den verfügbaren Ressourcen zu viel – wir hätten früher testen sollen gemäß dem Gedanken der Lean Start-up-Theorie – „fail fast“. Manchmal bildet man zulange ein Feature, dass dann eventuell gar nicht von den Usern angenommen wird.

VC Magazin: Was sind aus Ihrer Sicht bei den Rahmenbedingungen in Deutschland der größte Pluspunkt und das größte Manko für junge Unternehmen?

Blessing: Größtes Manko hier in Deutschland ist die Angst der Leute Fehler zu machen. Dadurch trauen wir uns zu wenig bzw. gewisse Themen werden nicht angesprochen – Kreativität und Innovation wird gehemmt.

VC Magazin: Gibt es (Internet-)Unternehmer, die Sie als Vorbilder oder Idole sehen?

Blessing: Bekannte Idole habe ich nicht direkt. Aber als ich in Chile war, habe ich durch das Programm Start-Up Chile hunderte von Unternehmensgründern aus allen Teilen der Welt kennengelernt. Jeder dieser Teilnehmer ist in gewisser Weise mein Idol – alle waren verrückt genug, alles hinter sich zu lassen um in Chile ihr Start-up zu gründen. Und alle waren super offen und bereit, all ihre Erfahrungen und Probleme zu teilen und mit Kontakten weiterzuhelfen.

VC Magazin: Welche drei bis fünf Apps für Smartphones sind die wichtigsten Helferlein in Ihrem Alltag?

Blessing: Trello & GitHub – für Task-Management, LinkedIn zum networken und natürlich LocalGuiding, wenn man auf Reisen ist.

VC Magazin: Wie sehen die mittelfristigen Planungen für Ihr Start-up und Ihre unternehmerische Zukunft aus?

Blessing: LocalGuiding konzenriert sich bisher nur auf den US-Markt. Mittelfristig wollen wir als deutsches Start-up auch den deutschen Reisemarkt erobern und Lateinamerika, da Alvaro als Uruguayer den Markt gut kennt.

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview.

Die Fragen stellte Benjamin Heimlich

Zum Gesprächspartner
Robert Blessing hat gemeinsam mit Alvaro Olivencia und Toni Stork LocalGuiding (www.localguiding.com) gegründet. Robert ist ein begeisterter Backpacker, hat einige Jahre in Südamerika gelebt und dort anfangs selbst als Tourguide gearbeitet. Zuvor arbeitete er im Controlling sowie Projekt und Supply-Chain Management.