Droht Bürgerenergiegenossenschaften das Aus?

Panthermedia

KAGB auch für Genossenschaften relevant

Rechtlich erfolgt der Zusammenschluss im Rahmen einer Genossenschaft. Die Rechtsform der Genossenschaft bietet hierfür die hinreichende Flexibilität. Ein Vorteil besteht insbesondere darin, dass anders als bei anderen Rechtsformen eine Beteiligung an einer Genossenschaft den Bürgern auch ohne einen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geprüften Prospekt angeboten werden kann. Mit dem Kapitalanlagegesetzbuch wird die europäische Richtlinie zur Regulierung alternativer Fondsmanager in deutsches Recht umgesetzt. Derzeit liegt der Regierungsentwurf des Kapitalanlagegesetzbuchs vor. Das neue Gesetz soll am 22.7.2013 in Kraft treten. Die Richtlinie zielt eigentlich darauf ab, die wesentlichen Risiken für das Finanzsystem zu minimieren, die von alternativen Fonds (z.B. Hedgefonds) ausgehen. Obwohl von Bürgerenergiegenossenschaften keine Gefahr für die Finanzmärkte ausgeht, sind diese aber nun auch mit den neuen Vorgaben konfrontiert. Grund ist der weite Anwendungsbereich der Richtlinie und damit auch des Kapitalanlagegesetzbuchs.

BaFin-Zulassung und Risikomix gefordert

Cleantech NRW2Anlagevehikel, die unter das KAGB fallen, werden zukünftig streng reguliert. Die Anforderungen, die das Kapitalanlagegesetzbuch an kollektive Kapitalanlagen stellt, sind vergleichbar mit denen nach dem Investmentgesetz. Zunächst darf die Verwaltung des Anlagevehikels nur noch mit einer BaFin-Zulassung erfolgen. Die Anforderungen, die für solch eine Zulassung erfüllt werden müssen, werden Bürgerenergieprojekte in aller Regel überfordern. So müssen etwa ein bestimmtes Mindestkapital, Risikomanagement und Compliance vorhanden sein. Man bräuchte auch für Bürgerenergieprojekte eine Depotbank (Verwahrstelle). Weiterhin müssten zukünftig umfangreiche – und damit kostenträchtige – Vorgaben im Hinblick auf die Jahresabschlusserstellung und -prüfung beachtet werden. Außerdem wäre stets ein Prospekt bei der BaFin zur Prüfung einzureichen. Auch im Hinblick auf die Investitionen selbst gäbe es erhebliche Beschränkungen. Da das Kapitalanlagegesetzbuch bei kollektiven Kapitalanlagen für Privatanleger zukünftig eine Risikomischung verlangt, müssten Bürgerenergieprojekte mindestens in drei Anlagen investieren. Auf die Risikomischung könnte nur verzichtet werden, wenn die Mindestanlagesumme 20.000 EUR beträgt.

Warnschuss vom Bundesrat

Im laufenden Gesetzgebungsverfahren zum Kapitalanlagegesetzbuch hat nun dementsprechend der Bundesrat die Befürchtung geäußert, dass die Bürgerenergiegenossenschaften durch die Regulierung unter die Räder kommen könnten. In seiner Stellungnahme hat der Bundesrat darauf hingewiesen, dass das neue Gesetz die Realisierung von Bürgerenergieprojekten nicht übermäßig erschweren dürfe. Die Notwendigkeit, ein Zulassungsverfahren bei der BaFin durchzuführen oder ein Mindeststammkapital vorzuhalten, würde die Projekte gefährden, die oft ehrenamtlich oder zumindest mit geringen personellen und finanziellen Ressourcen durchgeführt werden. Die Bundesregierung hat dazu in ihrer Gegenäußerung erklärt, dass das Anliegen des Bundesrats bereits berücksichtigt sei. Bei einem verwalteten Vermögen von nicht mehr als 100 Mio. EUR sehe das Kapitalanlagegesetzbuch ja eine Ausnahmeregelung vor. Eine BaFin-Zulassung oder ein Mindestkapital seien dann gar nicht erforderlich.

Ausnahmeregelung reicht nicht aus

Auf den ersten Blick erweckt die Äußerung der Bundesregierung den Eindruck, dass Energiegenossenschaften von dem neuen Gesetz nicht besonders betroffen sein werden. Denn viele der Bürgerenergieprojekte fallen aufgrund ihres eher geringen Volumens in der Tat unter die erwähnte Ausnahmeregelung. Richtig an der Aussage der Bundesregierung ist aber zunächst nur, dass bei einem verwalteten Vermögen von unter 100 Mio. EUR das Kapitalanlagegesetzbuch nur eingeschränkt anwendbar ist. Die Regelungen, die aber gleichwohl anwendbar sind, reichen jedoch aus, um Bürgerenergiegenossenschaften vollkommen unwirtschaftlich zu machen. So benötigt man, auch wenn man unter die Ausnahmeregelung fällt, beispielsweise einen von der BaFin geprüften Prospekt und eine Verwahrstelle. Auch hinsichtlich der umfangreichen Pflichten bei der Jahresabschlusserstellung und -prüfung gibt es keine Erleichterungen. Und die Energiegenossenschaft muss in mindestens drei Anlagen investieren oder eine Mindestanlagesumme von 20.000 EUR haben.

Fazit:

Insgesamt haben Bürgerenergiegenossenschaften, so wie wir sie heute kennen, nur dann eine Zukunft, wenn für sie in dem Gesetzgebungsverfahren noch weitgehende Erleichterungen aufgenommen werden.

Gerhard Schmitt SW14-15 Thomas Böcker

Zu den Autoren:
Gerhard Schmitt ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner, Thomas Böcker Rechtsanwalt bei der RBS RoeverBroennerSusat GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft.